Das Hochzeitsversprechen: Roman (German Edition)
sieht nicht gerade freundlich aus, jedoch auch nicht mehr ganz so verächtlich. Mein Handtuch rutscht, und ich nutze die Gelegenheit, mich wieder darin einzuwickeln. »Also«, sagt sie und mustert mich. »Bist du wirklich in Unterwäsche baden gegangen?«
Im Stillen stoße ich einen kleinen Freudenschrei aus. Am liebsten möchte ich sie umarmen. In unserer Geheimsprache heißt das: Sie verzeiht mir. Ich weiß, dass ich damit noch nicht aus dem Schneider bin … aber zumindest besteht Hoffnung.
»Bikinis sind so was von out.« Ich passe mich ihrem unbeteiligten Tonfall an. »Wusstest du das noch nicht?«
»Schickes Höschen.« Widerwillig zuckt sie mit den Achseln.
»Danke!«
»Unterhose!«, ruft Noah. »Unterhose! Hey, Tante Lottie, ich habe eine Frage«, fügt er hinzu. »Ist die Wurst denn jetzt im Brötchen?«
»Wie bitte?«, fragt sie konsterniert. »Soll das heißen …?« Fassungslos starrt sie mich an.
»Hast du die Wurst ins Brötchen gesteckt?«
»Noah! Das … das geht dich nichts an! Ich kann doch wohl machen, was ich will, oder? Wieso fragst du überhaupt?« Sie ist so empört, dass ich plötzlich aufmerksam werde. Sie benimmt sich fast so, als … fast so, als …
»Lotts?«, frage ich und ziehe beide Augenbrauen hoch.
»Halt den Mund!«, sagt sie verzweifelt.
Oh mein Gott. Damit hat sie sich endgültig verraten.
»Habt ihr nicht ?« Mein Hirn läuft heiß. Die beiden haben noch keinen Sex gehabt? Wieso nicht? Wieso denn nicht?
»Hör auf davon!« Sie ist den Tränen nah. »Halt dich raus aus meiner Ehe! Halt dich raus aus meinen Flitterwochen! Halt dich einfach aus allem raus!«
»Lottie?« Ich sehe sie mir genauer an. Ihre Augen sind feucht, und ihre Lippen beben. »Alles okay?«
»Selbstverständlich ist alles okay!« Plötzlich flippt sie aus. »Warum sollte nicht alles okay sein? Ich führe die glücklichste Ehe der Welt! Ich bin die glücklichste Frau der Welt, und ich bin absolut, total verzückt vor lauter …« Sie stutzt und reibt sich die Augen, als könnte sie nicht glauben, was sie sieht.
Ich spähe an ihr vorbei, versuche, irgendwas zu erkennen, da sehe ich plötzlich, was sie meint. Da kommt jemand. Ein Mann. Er stapft über den Strand auf uns zu, mit unverkennbar schweren, festen Schritten. Lottie ist so blass, dass ich fürchte, sie wird mir noch umfallen … was kein Wunder ist. Ungläubig starre ich den Mann an, und unendliche Möglichkeiten schwirren mir im Kopf herum. Er hat fest versprochen, sich fernzuhalten. Was um alles in der Welt macht er also hier?
32
Lottie
Ich glaube, ich krieg gleich eine Herzattacke. Oder eine Panikattacke. Oder sonst irgendeine Attacke. Das Blut rauscht von meinem Kopf in die Füße und wieder in den Kopf zurück, als wüsste es nicht, wohin. Ich kriege keine Luft. Ich kann mich nicht bewegen. Ich kann … überhaupt nichts mehr .
Es ist Richard. Er ist hier.
Nicht Millionen Meilen weit weg in seinem neuen Leben, in dem er mich längst vergessen hat. Sondern hier auf Ikonos. Läuft über den Strand auf mich zu. Hektisch blinzle ich in seine Richtung, verkrampfe mir fast die Augenlider. Ich kriege kein Wort heraus. Das kann nicht sein. Er ist in San Francisco. Er müsste doch eigentlich in San Francisco sein.
Jetzt bahnt er sich einen Weg durchs Publikum. Ich zittere am ganzen Leib. Zuletzt habe ich ihn in diesem Restaurant gesehen, als ich ihm erklärt habe, dass ich seinen nicht vorhandenen Heiratsantrag verschmähe. Es scheint mir eine Ewigkeit her zu sein. Woher weiß er überhaupt, wo ich bin?
Ich werfe einen scharfen Blick auf Fliss, die genauso perplex zu sein scheint wie ich.
Und dann steht er vor der Bühne, und er blickt zu mir auf, mit diesen dunklen Augen, die ich so liebe, und ich glaub, ich brech zusammen. Bis eben hatte ich mich gerade noch so im Griff, da taucht er plötzlich auf …
»Lottie«, sagt er, und seine Stimme ist so tief und warm wie eh und je. »Ich weiß, du bist … ver…«, offensichtlich kommt ihm das Wort schwer über die Lippen, »… verheiratet . Ich weiß, dass du verheiratet bist. Und ich wünsch dir alles Gute.« Er steht da, ist ganz außer Atem. Das Geplauder um ihn herum ist verstummt. Gebannt hören uns die Leute zu. »Meinen Glückwunsch.« Sein Blick zuckt zu Ben, dann schnell wieder weg, als wäre Ben eine derart abscheuliche Kreatur, dass er den Anblick nicht ertragen kann.
»Danke«, bringe ich schließlich hervor.
»Ich will dich nicht aufhalten. Ich dachte nur, du
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