Das Höllenschiff: Historischer Kriminalroman
kein Englisch können. Es macht die Sache einfacher für uns alle.«
Morgans Französisch war sehr gut; Hawkwood nahm an, er hatte es durch seine jahrelangen Geschäftsbeziehungen auf der anderen Seite des Kanals gelernt. Pepper, dessen Blick ebenfalls im Raum umherschweifte, wirkte äußerst ruhig. Hawkwood nahm an, dass sein Französisch ebenfalls perfekt war.
»Danke, Captain.« Morgan überflog die Gesichter der Männer am Tisch. »Also, meine Herren, zur Sache. Ich weiß, dass es nicht leicht ist, von Ihren Lieben getrennt zu sein, und obwohl Sie alle viel Geduld hatten, haben Sie sich bestimmt gefragt, was es mit dieser Verzögerung auf sich hat. Dafür möchte ich mich entschuldigen. Ich denke, es ist Zeit, dass ich Ihnen eine Erklärung liefere, nicht wahr?«
Morgan wandte sich an Pepper und streckte die Hand aus. Pepper griff in seine Jacke und zog einen kleinen Beutel heraus. Er gab ihn Morgan.
»Danke, Cephus.«
Morgan wog den Beutel in der Hand. Sie hörten das unverwechselbare Klingen von Münzen. Morgan löste die Schnur, drehte den Beutel um und ließ den Inhalt herausfallen.
Ein kleiner Goldregen ergoss sich über die Tischplatte.
Morgan warf den Beutel zur Seite. Die überraschten Männer reckten die Hälse.
Die Münzen waren klein, etwas weniger als einen Zoll im Durchmesser. Diejenigen, die das Gesicht nach oben hatten, trugen ein Porträt, das einen römischen Kaiser darzustellen schien, mit wallendem Haar und Lorbeerkranz. Das Mondgesicht und die schweren Wangen jedoch waren nicht die eines Römers. Die Inschrift um den Kopf lautete – GEORGIVS III DEI GRATIA – und der spatenförmige Schild auf der anderen Seite bestätigten die Identität. Hawkwood wusste sofort, was er hier vor sich hatte. Er sagte aber nichts, denn er nahm an, dass die anderen am Tisch es auch wussten.
»Meine Herren«, sagte Morgan, »ich möchte Ihnen von den Guinea Boats erzählen.«
Lasseur hob abrupt den Kopf.
Morgan hatte es bemerkt. »Sie kennen den Ausdruck, Captain Lasseur?«
Lasseur nickte. »Ich habe mal eins gesehen.« Er nahm eine der Münzen in die Hand und sah sie aufmerksam an. »Es war vor Grand Fort-Philippe. Eine Galeere, sie lag tief im Wasser und fuhr sehr schnell.«
»Warum erzählen Sie Ihren Landsleuten und Captain Hooper nicht, wofür sie gebraucht werden«, sagte Morgan.
Lasseur drehte die Münze in der Hand. »Sie haben diesen Namen, weil Schmuggler damit englische Guineen über den Ärmelkanal nach Frankreich bringen.«
Masson zog die Brauen zusammen. »Wozu brauchen wir Franzosen englische Guineen?«
»Es sind nicht die Guineen«, sagte Lasseur und legte die Münze wieder auf den Tisch. »Es geht um das Gold.«
Massons Stirn blieb finster.
»Der Kaiser braucht es, um unsere Truppen zu bezahlen«, sagte Lasseur.
Im Raum war es totenstill.
Schließlich sagte Denard: » Unsere Truppen?«
Lasseur nickte.
Hawkwood sagte: »Wollen Sie damit sagen, dass die Briten englische Guineen über den Kanal schmuggeln, damit Bonaparte seine Armee bezahlen kann?«
»Ich sagte Ihnen ja, es geht hier allein um das Gold. Nur dass es eben zufällig in der Form von Guineen ist.«
»Und sie bezahlen die Leute mit Guineen ?«
»Manchmal schon, glaube ich. Sonst werden sie auch eingeschmolzen, und es werden neue Münzen geprägt.«
Beaudouin sah Leberte an. »Bist du schon mal mit Guineen bezahlt worden, Pierre?«
»Ich kann mich nicht mal mehr daran erinnern, wann ich das letzte Mal bezahlt worden bin«, sagte Leberte. Sehnsüchtig starrte er die Münzen an.
»Und Sie, Captain Hooper?«
Hawkwood schüttelte den Kopf.
Denard starrte Morgan an. Auf seinem Gesicht spiegelten sich die Fragen wider, die offenbar durch seinen Kopf rasten.
Morgan nickte. »Es ist die volle Wahrheit, meine Herren, ich versichere es Ihnen. Und es passiert schon jahrelang. Es gehört alles zum Geschäft.«
»Es macht doch keinen Sinn«, sagte Souville, der ebenfalls verwirrt aussah. »Warum sollten die Engländer so was machen? Sie müssten doch wissen, dass sie damit nur den Krieg verlängern, wodurch noch mehr von ihren Leuten umkommen.« Er starrte Morgan an. »Hassen Sie Ihr Land wirklich so sehr?«
Morgan zuckte wegwerfend die Schultern. »Ich bewerte es nicht nach diesen Kriterien, Leutnant. Es ist nichts Persönliches, sondern eine reine Geschäftssache.«
Souville schüttelte verwundert den Kopf. »Dann ist das ein sehr merkwürdiges Geschäft.«
Die erste Geschäftsregel , dachte Hawkwood. War es denn
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