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Das Höllenschiff: Historischer Kriminalroman

Das Höllenschiff: Historischer Kriminalroman

Titel: Das Höllenschiff: Historischer Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James McGee
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größer zu machen, hatte Wellington zwei seiner besten Generäle verloren: Mackinnon von der dritten Division und Bob Crawford von der Leichten Brigade, unter dem Hawkwood bei einer Reihe von Einsätzen gedient hatte.
    »Schweinehunde«, murmelte Millet. »Verdammte Arschlöcher!«
    Die Männer am Tisch verfielen in düsteres Schweigen.
    Charbonneau unterbrach die Stille. »Und Sie?«, fragte er Lasseur.
    Lasseur begann mit einer humorvollen Schilderung seiner Gefangennahme und Haft. Es dauerte nicht lange, bis seine Zuhörer wieder lachten, und damit war die Essenszeit auch fast um. Die Gruppen lösten sich auf, und die Gefangenen holten sich ihre Hängematten vom Vordeck, um sie nach unten zu ihren Schlafplätzen zu bringen.
    Der Junge hatte den Kopf auf die verschränkten Arme gelegt und war am Tisch eingeschlafen.
    »Und was ist mit ihm?«, fragte Fouchet, als Millet und Charbonneau gegangen waren, um ihr Bettzeug zu holen.
    Lasseur schüttelte den Kopf. »Bisher hat er nicht viel gesagt. Ich vermute, er ist vom Rest seiner Mannschaft getrennt worden. Ich weiß nur seinen Namen.«
    Fouchet nickte verständnisvoll. »Ich denke, er wird schon auftauen, wenn er mit Jungens in seinem Alter zusammen ist. Ich werde mit den anderen sprechen, vielleicht findet er da Anschluss. Inzwischen wäre es gut, wenn Sie ihn im Auge behalten würden.«
    Im Ton des Lehrers hatte eine deutliche Warnung gelegen. Lasseur, der sich gerade vom Tisch erheben wollte, blieb auf halbem Weg stehen. »Das klingt nicht gut. Gibt es da etwas, was wir wissen sollten?«
    »Der Junge ist klein für sein Alter, und meiner Ansicht nach sehr unschuldig und naiv. Er ist in der Fremde und deshalb doppelt gefährdet. Es dürfte Sie nicht überraschen, wenn ich Ihnen sage, dass es hier an Bord Männer gibt, die das ausnützen könnten.«
    Lasseur setzte sich wieder. »Für wie wahrscheinlich halten Sie das?«
    Fouchet lächelte traurig. »Mein Freund, auf diesem Schiff befinden sich mehr als neunhundert Männer. Und mehr als achthundert davon fühlen sich durch ihre Untätigkeit genauso eingesperrt wie durch diese Holzwände. Ich nehme an, Sie wissen die Antwort selbst.« Der Lehrer nahm seine Bücher und erhob sich schwerfällig.
    Hawkwood sah Lasseur an und wusste, dass dieser jetzt wieder an den Mann mit dem schütteren Haar dachte, mit dem er auf dem Geschützdeck gesprochen hatte. Lasseur sah den schlafenden Jungen an. Sein Gesicht war wie versteinert. »Ich werde daran denken«, sagte er.
     
    Es war nicht das erste Mal, dass Hawkwood die Enge einer Hängematte erlebte. Es war eine regelrechte Kunst, in diese Schlinge zu klettern, aber es war wie mit vielen Künsten, wenn man sie erst beherrschte, verlernte man sie nie wieder. Als Soldat war er unbequeme Nachtlager gewohnt, sei es in der Scheune, im Gebüsch oder gar auf dem Schlachtfeld. Auf dem Marsch nahm man sich Schlaf und Nahrung, wann und wo es möglich war, denn man wusste nie, wann sich die nächste Gelegenheit dazu bieten würde. Verglichen mit vielen anderen Orten, wo er sein müdes Haupt schon hingelegt hatte, war eine Hängematte der Gipfel der Bequemlichkeit.
    Er lag da und horchte auf die Schlafgeräusche der vierhundert Menschen, mit denen er das Deck teilte. Die Töne waren sehr verschieden, je nach Ursprung und Lautstärke, von den langgezogenen Klagen der Verzweifelten, dem Keuchen der Schwindsüchtigen und dem Stöhnen derer, die die Ruhr hatten, bis zum leisen Weinen der Einsamen und Heimwehkranken. Zusammen mit dem Durcheinander aus Flüchen, Räuspern, Spucken, dem Furzen, Husten und den sonstigen Geräuschen, die Männer so von sich geben, bildete es eine disharmonische Geräusch – kulisse für die körperlichen Qualen der Männer, die gegen ihren Willen in diesem engen Massenquartier eingepfercht waren.
    Langsam senkte sich der Schlaf über die Insassen des Hulks, und die menschlichen Geräusche wurden leiser. Doch in der Dunkelheit drückte auch das Schiff selbst seine Unzufriedenheit aus. Der Schiffsrumpf hallte wider von einer ununterbrochenen Kakophonie, die vom Ächzen und Stöhnen der alten Schiffsbalken kam. Es schien, als wolle die Rapacious ihren Unmut über die Gefangenen kundtun, die man in ihrem Rumpf eingesperrt hatte. Der Gezeitenwechsel mit dem Geräusch der Wellen, die an ihre Seiten schwappten, schien tausendmal verstärkt, genau wie das hypnotische Klopfen der Taue und Leinen, die gegen ihre gekürzten Masten und Rahen schlugen.
    Zum Glück hatte man die

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