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Das Höllenschiff: Historischer Kriminalroman

Das Höllenschiff: Historischer Kriminalroman

Titel: Das Höllenschiff: Historischer Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James McGee
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Murat hing wie ein Fisch am Angelhaken. Seine Eitelkeit war herausgefordert worden, und er hatte nicht widerstehen können. Jetzt konnte er die Rolle des Allwissenden spielen. Wieder schüttelte er den Kopf. »Das ist auch schon versucht worden. Ich sagte Ihnen ja, die Arschlöcher kontrollieren alles. Auf diese Art kommen Sie nie weg.«
    Murats Blick schweifte umher, abgelenkt von der allgemeinen Geschäftigkeit hier unten. Die drei Männer saßen an einer der Geschützöffnungen auf Backbord. Hawkwood vermutete, dass es Murats Schlafplatz war, denn der Dolmetscher hatte ihn und Lasseur hier empfangen, als gewährte er ihnen Zutritt zu seinem persönlichen Hoheitsgebiet. Überall auf dem Deck gingen die fleißigeren unter den Häftlingen ihren verschiedenen Beschäftigungen nach. Korbflechter, Briefschreiber und Stricker hockten neben Knochenschnitzern und Barbieren. Manche arbeiteten, ohne zu sprechen. Andere unterhielten sich leise. In den Pausen, die dazwischen immer wieder entstanden, konnte man das Kratzen der Federn, das Klappern der Scheren und das Schaben der Klingen auf den Knochen hören. Hawkwood fragte sich, ob es wohl Zeiten gab, wo es auf dem Schiff vollkommen ruhig war. Aber er bezweifelte es.
    »Wir könnten die Dunkelheit ausnutzen«, sagte Lasseur. »Dann könnte man ein Boot stehlen.«
    Wieder schüttelte Murat den Kopf. »Die Boote werden Abends hochgewinscht. Die hängen mindestens zehn Fuß überm Wasser. Eines bleibt unten, aber das ist mit einer Kette am Floß festgemacht und immer bewacht.«
    »Verdammt.« Lasseur biss sich auf die Lippe.
    Hawkwood wandte sich an Murat. »Wie sind die anderen fortgekommen?«
    »Die anderen?« Es klang argwöhnisch.
    »Es hat doch andere gegeben, oder?« Lasseur ließ nicht locker.
    Man sah deutlich, dass Murat zögerte. Das Gesicht des Dolmetschers nahm einen listigen Ausdruck an. »Wie ich schon sagte, Captain, Sie sind erst eine kurze Zeit hier. Sie erwarten doch nicht, dass Sie so schnell hinter unsere kleinen Geheimnisse kommen.«
    Also gibt es Geheimnisse , dachte Hawkwood.
    Lasseurs Augenbrauen schossen in die Höhe. »Aber Leutnant, man könnte ja fast denken, Sie vertrauen uns nicht.«
    Der Dolmetscher spreizte die Hände. »Also, zunächst ist da mal die Sache mit dem Topf. Da haben Sie noch nichts hineingetan.«
    »Topf?« Lasseur sah Hawkwood an, als erwartete er die Erklärung von ihm. »Was für ein Topf? Wovon zum Teufel redet er?«
    »Hat Ihr Freund Fouchet Ihnen das nicht erzählt?«, sagte Murat mit einem angedeuteten Lächeln.
    »Was soll er uns erzählt haben?« Hawkwood lehnte sich zurück.
    »Von unseren Essensrationen wird ein Beitrag einbehalten. Das ist für die Gefangenen, die im Strafvollzug sind. Wenn jemand gegen die Regeln verstößt oder am Schiff etwas beschädigt, wird ihre Ration auf zwei Drittel gekürzt. Das Essen, das wir uns absparen, hilft denen dann.«
    »Sehr großzügig«, sage Lasseur. »Und vielleicht wird ein wenig davon auch für Flüchtende auf die Seite geschafft? Hab ich Recht?«
    Wieder zögerte Murat.
    »Aber, aber, Leutnant, Sie sind ja ein ganz Gerissener!« Lasseur grinste.
    Der Dolmetscher wurde rot.
    »Also gut«, sagte Hawkwood. »Jetzt hören wir mal auf, um den heißen Brei herumzureden. Was würde es kosten?«
    Murat zwinkerte nervös. »Wie meinen Sie das?«
    »Versuchen Sie nicht, uns für dumm zu verkaufen, Leutnant.«
    »Denken Sie lieber an Ihre Kommission.« Lasseur zog suggestiv eine Augenbraue hoch.
    »Und daran, wie großzügig wir vielleicht sein könnten«, fügte Hawkwood hinzu.
    Die Augen des Dolmetschers fingen an zu leuchten.
    »Nun?«, sagte Hawkwood ermunternd, als er den gierigen Blick bemerkt hatte.
    Murat sah sie lange an. Endlich seufzte er. »Wenn man das organisieren könnte – und damit sage ich noch nicht, dass man es könnte -, dann wäre es nicht billig. Es entstehen Kosten, wie Sie sich vorstellen können.«
    Lasseur tätschelte das Knie des Dolmetschers. »Guter Junge.« Er wandte sich an Hawkwood und kniff ein Auge zu. »Hab ich’s nicht gesagt, dass Leutnant Murat unser Mann ist?«
    Murat schien unter der Berührung zusammenzuzucken, fing sich jedoch schnell wieder.
    Hawkwood beugte sich vor. »In Ordnung, also wie viel?«
    Der Dolmetscher zögerte abermals. Hawkwood war überzeugt, er tat es nur, um einen besseren Effekt zu erzielen.
    »Nur so als Beispiel«, sagte Hawkwood.
    »Als Beispiel?«
    »Na ja, wir drei unterhalten uns ja nur, mehr ist es doch

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