Das Höllenschiff: Historischer Kriminalroman
Streich die Hierarchie der Gefangenen an Bord respektiert, sondern er war auch – wenigstens zum Teil – entlastet von der Alleinschuld an dieser drakonischen Bestrafung fremder Staatsangehöriger.
Es war schwer vorstellbar, dass die Admiralität die Mitwirkung von Gefangenen gutgeheißen hätte, möglicherweise hätte sie sogar die Hinrichtungen gar nicht genehmigt, besonders an Bord eines Schiffes – jedenfalls nicht offiziell. Darüber, was inoffiziell geschehen wäre, konnte man nur spekulieren. Hawkwood hatte den Verdacht, dass auch die Admiralität, genau wie das Militär, die Politiker und die Justiz, sich ziemlich drastischer Methoden bedienen konnte, wenn es ihren Zwecken diente. Die Einbindung des Gefangenentribunals hatte der Verurteilung und Exekution einen Anstrich von Legitimation verliehen. Und wenn es Konsequenzen geben sollte, konnte die Admiralität die Sache immer noch voll und ganz auf Hellards ohnehin schon besudeltes Konto schieben und behaupten, er habe eigenmächtig gehandelt.
Was Hellard anbetraf, so konnte man es so auslegen, dass er seine Autorität ausgeübt hatte, sowohl den Gefangenen als auch seinen Vorgesetzten gegenüber wie auch im eigenen Haus, insbesondere was Leutnant Thynne und die restliche Schiffsbesatzung betraf. Durch die Hinrichtung hatte Hellard sich den Ruf eines Mannes erworben, mit dem nicht zu spaßen ist. Vielleicht hatte er es auf irgendeine bizarre Art sogar für einen Weg gehalten, um seinen angeknacksten Ruf bei der Admiralität wieder zu reparieren.
Lasseur brummelte etwas und Hawkwood sah hoch. Eine bekannte Gestalt kam auf sie zugehinkt und hielt zwei Rucksäcke hoch.
»Ich habe die Erlaubnis, Ihnen die zu bringen. Ich dachte, Sie können sie vielleicht brauchen«, sagte Fouchet. »Und hungern sollen Sie auch nicht.« Er gab ihnen die Rucksäcke und fing an, in seinen Taschen zu wühlen.
»Bitte, sagen Sie nicht, dass es wieder Schweinefleisch ist«, bat Lasseur.
»Frühstück – das Übliche. Aber essen Sie nicht alles auf einmal.«
Hawkwood sah den trockenen Brotkanten an, den Fouchet ihm in die Hand gedrückt hatte. Damit konnte man den Hunger eine Weile überbrücken.
»Sie hätten eine großartige Frau für jemanden abgegeben, Sébastien«, witzelte Lasseur.
Fouchet lachte leise. »Irgendjemand muss sich ja um Sie kümmern.« Plötzlich war das Lächeln wie weggeblasen. »Denken Sie daran, was ich gesagt habe; vielleicht heben Sie es besser für später auf.«
Lasseur erstarrte, gerade als er das Brot in den Mund stecken wollte.
»Haben Sie gehört, wann wir verlegt werden?« Hawkwood langte in den Rucksack und holte sein einziges Ersatzhemd heraus. Es war nicht viel sauberer als das, welches der Arzt ihm vom Leib geschnitten hatte. Er zog es an, wobei er darauf achten musste, dass seine Verbände nicht verrutschten.
Der Lehrer drehte sich um und spähte nach achtern in den Raum, wo die Krankenwärter die Leichen der erhängten Männer in Säcke aus Segeltuch einnähten und wo Millet und die anderen auf weitere Anweisungen warteten, wobei die Milizionäre sie gelangweilt beobachteten.
Während Hawkwood und Lasseur dem Blick des Lehrers folgten, erschienen zwei weitere Männer am unteren Ende der Treppe. Einer trug die Uniform der Miliz; beim Anblick des anderen verfinsterte sich Lasseurs Gesicht. Es war Murat, der Dolmetscher.
Die Wache deutete mit dem Kopf auf die Krankenwärter. »Sag diesen Scheißkerlen, dass das Leichenboot hier ist und dass Leutnant Hellard die Toten so schnell wie möglich vom Schiff haben will. Dieser verdammte Pott stinkt auch so schon schlimm genug.« Er verzog das Gesicht bei dem Geruch im Krankenrevier, und mit einem mitleidigen Blick auf seine beiden Kollegen verschwand er die Treppe hinauf.
Murat gab die Information auf Französisch an die Krankenwärter und die wartenden Männer weiter. »Ihr könnt anfangen, sie hochzutragen.«
Hawkwood, Lasseur und Fouchet sahen, wie der erste Leichensack am Kopf- und Fußende aufgehoben und zur Treppe getragen wurde. Es war ein schwieriges Unterfangen. Die beiden Träger gingen tief gebeugt, teils wegen des Gewichts und teils weil der Raum so niedrig war und sie zudem kaum Platz hatten, sich zu bewegen. Von Pietät war nicht viel zu merken. Die Männer fluchten genau so lautstark wie vorhin, als sie die Toten zum Einnähen heruntergebracht hatten.
Während die ersten Leichen unter Aufsicht von Murat und dem Arzt die Treppe hochgetragen wurden, fuhren die Krankenwärter
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