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Das Höllenschiff: Historischer Kriminalroman

Das Höllenschiff: Historischer Kriminalroman

Titel: Das Höllenschiff: Historischer Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James McGee
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Kleidungsstück über den Kopf. Es war so ähnlich, wie in den Leichensack zu kriechen, nur von der anderen Seite. Er stülpte sich den Hut auf den Kopf und ergriff den Stock.
    Isaac nickte anerkennend. Hawkwood kam sich vor, als habe er sich gerade in einen Dorfidioten verwandelt.
    Lasseur zog ebenfalls Kittel und Hut an und brachte ein etwas schiefes Lächeln zustande.
    Das machte alles noch schlimmer. Hawkwood fragte sich, ob es wohl vorkam, dass ein Dorf gleich zwei Trottel hatte. Er hob das Baumwollsäckchen auf und schwang es über die Schulter.
    Isaac ließ eine Reihe kurzer, durchdringender Pfiffe hören. Gehorsam rasten die Hunde los und trieben die Schafe von beiden Seiten auf ein Tor am Ende des Feldes zu. Isaac deutete auf den bewaldeten Hügel, der ihnen am nächsten war. »Wir gehen mit ihnen um Gorse Hill herum und dann in die East Church Road.«
    Lasseur folgte dem Stock, dann sah er zurück zur Küste. Hawkwood wusste, der Privateer überschlug die Zeit.
    »Wenn sie die Kanone abgeschossen haben, bedeutet es, dass sie das Schiff durchsucht haben und uns vermissen«, sagte Hawkwood. »Als Nächstes werden sie also einen Trupp losschicken, um das Massengrab zu untersuchen. Das dürfte eine Weile dauern.«
    Es war klug gewesen, die Leichensäcke mitzunehmen und die Lücken im Grab wieder aufzufüllen. Wenn es keine sichtbaren Anzeichen dafür gab, dass Hawkwood und Lasseur aus dem Grab geflohen waren, konnte man ihre Flucht mit dem Leichentransport nur beweisen, indem man das Massengrab öffnete, in alle Leichensäcke schaute und die Toten zählte, was hoffentlich alles zu noch größeren Verzögerungen beitragen würde. Hawkwood beneidete die Männer nicht, die diese Aufgabe zu erledigen hatten.
    Die Hunde genossen die Wanderung und sausten unter Isaacs wachsamen Augen im Zickzack hin und her. Die Schafe waren die strenge Behandlung offenbar gewohnt, manchmal sah es sogar aus, als gehorchten sie Isaacs kurzen, schrillen Pfiffen noch vor den Hunden. Als sie am Tor angekommen waren, warteten die Tiere geduldig, bis die Männer angekommen waren. Isaac zeigte auf eine kleine Holzbrücke auf der anderen Seite. »Dort drüben ist die Straße.«
    Die Straße war nichts weiter als ein schmaler, etwa fünfzehn Fuß breiter Reitweg; eng und holprig und zerfurcht von Hufen und Wagenrädern. Auf der anderen Seite stieg das Land sanft an.
    »Das hier ist die Minster Road«, sagte Isaac. »Wir wollen zu der Straße hinterm Berg, die geht über die ganze Insel. Wir gehen dann nicht direkt auf ihr, wir bleiben daneben, aber so kommen wir auch dorthin, wo wir hin wollen. Wir müssen nur die Augen offen halten, alles andere besorgen die Hunde schon. Wenn ihr jemanden seht, sagt Bescheid. Nicht vergessen: die sehen nur drei Einheimische, die mit’ner Schafherde unterwegs sind, also gibt’s keinen Grund, wegzurennen. Behaltet die Hüte auf und haltet die Köpfe gesenkt, und was immer ihr tut, macht euren verdammten Mund nicht auf. Ihr könnt ihnen auf die Stiefel spucken, wenn ihr wollt. Das ist die Miliz gewohnt. Die haben hier das Sagen, aber die Leute von Sheppey halten nicht viel von Autorität – die lassen sich nicht gern vorschreiben, was sie tun sollen, das geht ihnen gegen den Strich.« Isaac grinste. »Verstehen Sie, Monsör?«
    Lasseur nickte. »Ich glaube schon.«
    »Also los, meine Herrn«, sagte Isaac. »Dann machen wir uns mal auf die Wanderschaft.«
     
    Die Schafe gingen nicht sehr schnell, besonders wenn es bergauf ging, und als Tarnung und Fluchthilfe war ihr gemächliches Trödeln nicht gerade vertrauenerweckend. Doch zugleich musste Hawkwood sich eingestehen, dass diese Art des Wanderns äußerst angenehm sein konnte, wenn man keine Sorgen hatte und einem auch nicht gerade die Miliz auf den Fersen war.
    Doch selbst bei dem Gedanken, dass die Verfolger vielleicht immer näher kamen, war die einfache Tatsache, dass man nicht mehr auf diesem Schiff war, schon ein wunderbares Gefühl. Keine Holzwände mehr, keine Männer, die in Gestank und Dunkelheit aufeinanderhockten. Nur der weite, blaue Himmel und das Gras unter den Füßen. Auch der Geruch der Marsch schien hier auf den Wiesen und Feldern längst nicht so allgegenwärtig. Und natürlich hatten sie die Begleitung der Singvögel. Nicht das raue, ununterbrochene Kreischen der Möwen, sondern das melodiöse Zwitschern der Singdrosseln, der Amseln und der Heckenbraunellen. Hawkwood war der Kriegstrommel nach Spanien, Portugal, Südamerika und vielen

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