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Das Hohelied des Todes

Das Hohelied des Todes

Titel: Das Hohelied des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faye Kellerman
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zuzuhören.«
    »Ich bin heute abend nicht sehr gesprächig«, sagte er.
    »Wie wahr. Nicht gerade einfach, mit Ihnen eine angeregte Unterhaltung zu führen.« Sie kicherte. »Die meisten Männer, mit denen ich ausgehe, sind überhaupt nicht mehr zu bremsen, wenn sie erst mal angefangen haben. Die reden einem pausenlos die Ohren voll über irgendwelche Geschäfte, die sie gerade eingefädelt haben. Müssen wohl irgendwie versuchen, ihr doch ziemlich langweiliges Leben in den buntesten Farben zu schildern. Jetzt habe ich endlich mal einen Bullen an der Angel, der die Stadt bis in ihre Eingeweide kennt, der also etwas Wichtiges zu erzählen hätte, und dann redet er nicht gern.«
    Er zuckte mit den Schultern.
    Sie zuckte mit den Schultern.
    »Wie wär’s mit einer schnellen Nummer?« fragte sie.
    Decker mußte lachen.
    »Nein, danke. Kein Bedarf.«
    »Hoffentlich halten Sie mich jetzt nicht für ein loses Frauenzimmer«, witzelte sie, sich bekreuzigend. »Herrgott, es war doch bloß so eine Idee. Man wird ja noch fragen dürfen. In welcher Eremitenklause haben Sie eigentlich die letzten fünfzehn Jahre gehaust?«
    »Ich mag Sie.« Decker schmunzelte. »Sie bringen mich zum Lachen.«
    »Ich mag Sie auch«, antwortete sie. »Sie machen mich an.«
    »Danke.«
    »Danke?«
    »Ja, danke. Oder wäre es Ihnen lieber gewesen, ich hätte Ihnen im Rausch der Leidenschaft die Kleider vom Leib gerissen?«
    »Klingt gar nicht mal so übel.«
    »Da versucht man einmal, ein Gentleman zu sein …« Er lachte. »Erst hat man des Guten zu wenig, dann hat man des Guten zu viel.«
    »Wie bitte?«
    »Nichts.«
    »Ihnen spukt Ihre Exfreundin im Kopf rum, stimmt’s?«
    »Sie hat ihre Spuren hinterlassen.«
    »Dann war also alles für die Katz.« Sie sah gekränkt aus.
    »Es war nicht umsonst. Ich hatte einen schönen Abend mit Ihnen. Sie sind eine gute Gesellschafterin und eine hinreißende Frau.«
    »Aber klar doch. Und irgendwann gehen wir mal zusammen einen heben«, sagte sie sarkastisch.
    »Aber nicht in einer von meinen Stammkneipen. Wenn Sie da durch die Tür kämen, hätten Sie sofort zehn Kerle am Hals.«
    Sie lächelte.
    »Wollen Sie mich trösten, Pete?«
    »Wie schlage ich mich denn?«
    »Nicht schlecht. Nur weiter so.«
    Er rieb sich die Augen. »Ganz im Ernst, morgen ärgere ich mich bestimmt zu Tode, weil ich mich heute abend so angestellt habe. Ich muß verrückt sein, Ihnen einen Korb zu geben.«
    »Also unternehmen Sie was. Wagen Sie den Sprung ins kalte Wasser.«
    »Ich kann nicht. Ich weiß nicht, was ich will. Geben Sie mir noch ein paar Wochen Zeit.«
    Sie verschränkte die Arme und musterte ihn von oben bis unten.
    »Ich lasse es mir durch den Kopf gehen.«
    »Danke, daß Sie so rücksichtsvoll waren«, sagte er. Hoffentlich war das entwaffnend genug. Zum Glück löste sich die peinliche Situation schließlich von selbst. Sein Piepser meldete sich.
    »Das Telefon steht in der Küche«, sagte sie.
    Marge meldete sich.
    »Was gibt’s?« fragte er.
    »Ich hab’ Clementine gefunden.«
    »Bin schon unterwegs«, sagte er rasch.
    »Keine Panik, Kollege. Der haut uns nicht ab. Der sitzt im County-Knast.«

21
    Am Montag morgen stand Decker dabei, als Clementine vor dem vergitterten Ausgabeschalter im County-Gefängnis seine persönliche Habe in Empfang nahm. Er hatte einen hellbraunen, glattrasierten Brillenträger mit blauen Augen, einer kahlen Stelle auf dem Kopf, einem fliehenden Kinn und kurzer Afrofrisur vor sich. So dünn, klein und schmächtig, wie er war, hätte man ihn eher für einen Junglehrer als für einen Zuhälter halten können. Kein Wunder, daß er seine Geschäfte am liebsten im Dunkeln abwickelte.
    Zusammen verließen die beiden Männer schließlich den Aufnahmeraum und gingen in den begrünten Hof hinaus. Der Zuhälter beäugte Decker und warf einen Blick auf die Ausbuchtung in dessen Jacke.
    »Tag, Sergeant«, sagte er. Er hatte Decker wiedererkannt.
    »Noch mal Glück gehabt, was?«
    »Die Lady hat ihre Anzeige zurückgezogen.«
    »Sie hat zwei Tage im Koma gelegen.«
    Clementine lächelte.
    »Die Meinungsverschiedenheit zwischen der Lady und mir war rein geschäftlicher Natur, Sergeant. Nichts Persönliches.«
    »Man muß die Pferdchen immer schön fest an die Kandare nehmen, richtig?« Decker hielt dem Zuhälter eine angezündete Zigarette hin.
    »Der Lady macht das nichts aus«, sagte Clementine. Er griff zu. »Von meinem Wohlwollen hängt ihr Lebensunterhalt ab.«
    Als Decker ihn unbeeindruckt

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