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Das Hohelied des Todes

Das Hohelied des Todes

Titel: Das Hohelied des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faye Kellerman
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spitz.
    Decker lachte. »Entschuldige. In der letzten Zeit führe ich mich wie der letzte Mensch auf, aber ich kann es gerade nicht ändern. Mein Leben ist der reinste Trümmerhaufen.«
    »Ich will mich ja nicht einmischen, aber …«
    »Dann laß es bitte bleiben.«
    »Meine Herrn«, sagte Marge. »Dir hat es ja wirklich ganz schön die Petersilie verhagelt, Pete.«
    Schmunzelnd konzentrierte er sich auf die Unterlagen, die er vor sich hatte.
    »Na, schon was gefunden?« fragte Marge.
    »Bis jetzt noch nicht.« Decker las weiter. Als er fertig war, ging er die ganze Akte noch einmal durch. »Bettnässer war er jedenfalls nicht«, verkündete er schließlich.
    »Na, ja«, sagte Marge. »In der Theorie sieht immer alles ganz einfach aus.«
    »Von Bettnässen keine Spur, aber wißt ihr, was ich gefunden habe?«
    »Was?« fragte Hollander.
    »Jede Menge Schnitt- und Schürfwunden an den merkwürdigsten Stellen. Und zahlreiche Knochenbrüche.«
    »Kindesmißhandlung«, sagte Marge.
    »Genau«, sagte Decker. »Nur hat leider vor zwanzig Jahren kein Mensch darüber geredet, und angezeigt wurde es sowieso nicht. Der arme Dustin ist jahrelang mißhandelt worden, aber der alte Doc hat darüber nicht eine einzige Eintragung gemacht.« Er blätterte eine Seite um. »Hört euch das mal an. Brandwunden am Gesäß. Mutter behauptet, er hätte sich auf die heiße Herdplatte gesetzt.«
    »Wann habe ich den Spruch zum letzten Mal gehört?« meinte Marge und sah auf ihre Uhr. »Muß bestimmt schon zwei Stunden her sein.«
    »Und hier«, sagte Decker. »Rißverletzungen am harten Gaumen, als der Junge drei war. Die Mutter behauptet, er wäre mit einem Löffel im Mund hingefallen. Der Arzt diagnostiziert nicht einen, nicht zwei, nein, drei halbrunde Schnitte in dem Bereich. Sieht so aus, als hätte Dustin drei Löffel im Mund gehabt.«
    »Mein Gott, was für eine Teufelin!« sagte Hollander.
    »Ja«, sagte Decker und klappte die Akte zu. »Irre fallen nicht vom Himmel, sie werden erst dazu gemacht.«
     
    Der Freitag ging nahtlos in den Samstag über. Der Schabbat war nur ein ganz gewöhnlicher Wochentag.
    Als Mary Hollander die Tür aufmachte, sah sie Decker verdattert an.
    »Pete! Dich hab’ ich ja seit Ewigkeiten nicht mehr gesehen. Ich dachte schon, dich gibt’s nicht mehr.«
    Decker lächelte.
    »So kann man sich irren. Wie geht’s dir, Mary?«
    »Gut. Die ganze Bande ist hinten im Fernsehzimmer. Hört sich nach einem guten Spiel an.«
    Decker trat ins Haus.
    »Möchtest du ein Bier?«
    »Gern.«
    Er ging durch das tadellos aufgeräumte Wohnzimmer mit den in dreißig Ehejahren zusammengetragenen Nippessachen in die Fernsehhöhle. Der Raum war gerammelt voll. Hollander saß auf der Kante eines Hockers, stopfte Popcorn in sich hinein und brüllte den Fernseher an. Marge hatte es sich neben einem Koloß, den Decker nicht kannte, auf dem roten Zweisitzer gemütlich gemacht. Fordebrand und MacPherson füllten das dazu passende Dreisitzersofa aus, und Marriot fläzte sich im Fernsehsessel. Als Decker durch die Tür kam, wurde es schlagartig still.
    »Wie steht’s?« fragte Decker.
    »Was willst du denn hier?« fragte Fordebrand verdutzt.
    »Ach, du lieber Himmel«, seufzte Marge.
    MacPherson fing an zu trällern: »Es ging eine Träne auf Reisen …« Der Schwarze mit dem stattlichen Bauch arbeitete beim Raubdezernat, liebte Shakespeare und konnte überhaupt nicht singen.
    »Laß mich in Frieden«, sagte Decker mürrisch.
    »Möchtest du einen Hot …?« Hollander brach mitten im Satz ab. »Ich meine, möchtest du was essen?«
    »Ein Hot Dog ist nie verkehrt«, antwortete Decker.
    »Die sind aber nicht koscher …«
    »Ein Hot Dog ist nie verkehrt«, wiederholte Decker.
    Knurrend erhob sich Hollander von seinem Hocker und ging in die Küche.
    »Hast gerade ein Wahnsinnsspiel verpaßt, Rabbi, äh – Deck«, sagte Fordebrand.
    »Interessiert er sich überhaupt noch für Football?« sinnierte MacPherson laut. »Wenn das Kleid der Leidenschaft zerrissen ist …«
    »Laß gut sein, Paul«, sagte Marge. »Pete, ich möchte dir Carroll vorstellen.«
    Decker begrüßte den Koloß, in dessen Pranke seine Hand zweimal hineingepaßt hätte. Zwar wußte er bereits von Marge, daß ihr neuer Freund nicht gerade ein Fliegengewicht war, aber trotzdem war er nicht darauf gefaßt gewesen, einem Kleiderschrank vorgestellt zu werden.
    Hollander brachte Decker einen Hot Dog und ein kaltes Bier und setzte sich wieder auf den Hocker.
    »Hab’ ich was

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