Das Hohelied des Todes
ansah, wurde er mit einem Lächeln, bei dem die Porzellankronen blitzten, bedacht. Ein Prachtgebiß. Aber in letzter Zeit fielen ihm anscheinend nur noch Zähne auf.
»Was wollen Sie von mir?« fragte Clementine.
»Kennen Sie diesen Mann?« Decker zeigte ihm ein Bild von dem angemalten Mann aus dem Film.
Clementine nahm seine Brille ab, betrachtete die Aufnahme mit zusammengekniffenen Augen und setzte die Brille wieder auf.
»Wie soll ich den denn erkennen? Der kleine Scheißer ist ja in voller Kriegsbemalung.«
Er war wieder in seine Zuhälterrolle geschlüpft.
»Sehen Sie ihn sich genau an«, drängte Decker. »Achten Sie auf den Körperbau, auf irgendwelche besonderen Merkmale, die Ihnen vielleicht bekannt vorkommen.«
Der Zuhälter zuckte mit den Schultern.
»Clementine, ist das Blade?« fragte Decker.
»Keine Ahnung, Bulle. Kann ich nicht sagen, bei dem ganzen Kleister im Gesicht.«
»Sehen Sie sich auch die anderen Bilder an. Könnte es vielleicht Blade sein?«
Clementine ging rasch die restlichen Fotos durch.
»Ich kann Ihnen nicht weiterhelfen, Decker.«
Er gab ihm die Bilder zurück.
»Wie hat dieser Blade ausgesehen?« hakte Decker nach. »Na, los, Sie haben den Typen doch gekannt. War er klein, war er groß …«
»Für mich sieht jeder groß aus.«
»Wie war er gebaut? Was für Klamotten hatte er an?«
»Dünn war er. Aber das wissen Sie schon. Das habe ich Ihnen doch längst gesagt. Mann, ich bin schließlich kein Modeberater. Ich bin ein freier Mensch. Und jetzt muß ich endlich los, also, entschuldigen Sie mich.«
Decker hielt seinen knochigen Arm fest.
»Ich möchte, daß Sie mit mir aufs Revier kommen und unserem Zeichner bei einem Phantombild helfen.«
Der Zuhälter stemmte eine Hand in die Hüfte und musterte Decker spöttisch.
»Wie käme ich denn dazu, Bulle?«
»Betrachten Sie es als Nachbarschaftshilfe. Und wenn Sie nicht mitkommen, mache ich Jagd auf Sie, Clementine. Dann stehen Ihre Nutten auf der Abschußliste. Ihr bewegliches Kapital landet im Knast, und Ihre letzten Kröten gehen für Kautionen drauf. Falls Sie mir nicht glauben, hören Sie sich ruhig mal im Kollegenkreis um, wie hartnäckig ich sein kann.«
Der Zuhälter knurrte und spuckte einen braunen Klumpen Speichel auf den Boden. Der Junglehrer wollte sein Gesicht nicht verlieren.
»Vielleicht könnte ich Sie doch noch irgendwo dazwischen schieben.«
»Vielleicht ginge es gleich, sofort?«
»Hast du in dem Krempel, den wir in Podes Studio eingesammelt haben, irgendwas Brauchbares gefunden?« fragte Marge.
Decker sah vom Schreibtisch hoch, trank einen Schluck lauwarmen Kaffee und schüttelte den Kopf.
»Schön wär’s gewesen. Die Filme, die da noch rumlagen, waren sauber, und auf den Zetteln standen nur irgendwelche Zahlen oder sinnloses Gekritzel. Nichts Erhellendes, nichts Belastendes.«
Er lehnte sich auf seinem Stuhl zurück.
»Wie sind deine Befragungen heute morgen gelaufen, Marge?«
»Ich glaub’, ich war in jedem Erotikshop und jedem Pornostudio in Hollywood. In dem einen oder anderen hatten sie von Pode gehört, aber angeblich hat keiner mit ihm Geschäfte gemacht.«
»Wer’s glaubt, wird selig.«
»Ganz meine Meinung«, sagte sie. »Aber man kann sie einfach nicht wirklich hart angehen, sonst hat man gleich die Bürgerrechtsbewegung am Hals.«
»Und was ist mit Dustin Pode? Gibt es da irgendwelche Neuigkeiten?«
»Es scheint ganz so, als hätte unser guter Makler eine blütenweiße Weste«, antwortete sie. »Wann hat denn der unvergleichliche Jack Cohen seinen großen Auftritt bei ihm und Cameron?«
»Um drei. Wir treffen uns auf einen Drink im Century Plaza.« Decker rieb sich die Augen. »Hast du über Blade was in Erfahrung gebracht?«
»Der Name kam dem einen oder anderen bekannt vor. Das war’s aber auch schon. Und was ist mit Clementine?«
»Der bastelt gerade mit Henderson an dem Phantombild. Mit ein bißchen Glück bekommt der Name schon bald ein Gesicht.«
»Gut«, nickte sie. »Übrigens wollte ich dich gestern anrufen. Nachdem du ja jetzt wieder wie ein normaler Mensch ißt, wollte ich dich zu einer Grillparty bei Carroll einladen, aber du warst nicht da.«
»Was habe ich denn gestern gemacht?« Er runzelte die Stirn. »Ach, ja, ich bin mit Rinas Jungen ausgeritten.«
Sie sah ihn merkwürdig an.
»Ihr seid wieder zusammen?«
»Nein. Ich glaube, wir haben kaum ein Dutzend Worte miteinander gewechselt. Sie hat allerdings schon zweimal hier angerufen, nur kann ich
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