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Das Hohelied des Todes

Das Hohelied des Todes

Titel: Das Hohelied des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faye Kellerman
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seinen Schuldgefühlen noch bestärkt hat. Der Junge hatte keine Vorstrafen – das hatte Decker überprüft, als er Chris noch verdächtigt hatte. Niemand war bei der Explosion verletzt worden. Selbst mit einem mittelprächtigen Anwalt mußte er mit einer Bewährungsstrafe davonkommen.
    Decker rieb sich den Arm. Ihm fiel wieder ein, wie er Chris in seinem Schmerz gehalten und getröstet hatte. Ein bedauernswerter, gebrochener Junge, zerfressen von Schuldgefühlen. Er nahm sich vor, Chris’ Verteidiger anzurufen. Der junge Mann brauchte psychiatrische Hilfe, und sein Anwalt konnte verlangen, daß er in Behandlung kam. Decker blieb nur die Hoffnung, daß das Gericht diesem Gesuch auch entsprach. Er wollte nicht noch einen Toten auf seinem Gewissen.
    26
    »Meinst du, Cammy Boy läßt sich blicken?« erkundigte sich Decker über Sprechfunk bei Marge.
    »Wer weiß?« antwortete sie. »Aber wir haben sowieso nichts zu verlieren. Daddy weiß nicht, wo er ist; Mommy weiß nicht, wo er ist; Pode weiß nicht, wo er ist und ansonsten hat er keine Freunde.«
    »Wenn er nicht auftaucht, finden wir vielleicht in den Papieren, die wir letzte Nacht mitgenommen haben, doch noch eine Spur«, sagte Decker.
    »Man soll die Hoffnung nie aufgeben.«
    Die Bank war seit fünfzehn Minuten geöffnet. Decker trat von einem Fuß auf den anderen und ließ den Blick über das zwanzigstöckige Gebäude gleiten. Hinter einer Säule versteckt, behielt er den Hinterausgang im Auge. Marge beobachtete die Vorderseite. Hinter ihm, auf der anderen Seite eines großen, gepflasterten Platzes, lag das Century City Shopping Center. In den Einkaufsstraßen wechselten sich Kaufhäuser, schicke Boutiquen und Sandwich-Bars ab. Um die Mittagszeit herum verkauften Händler auf den Gehsteigen Popcorn, Kekse, Süßigkeiten und Blumen, und an einigen fahrbaren Ständen konnte man sogar einen Espresso bekommen. Deckers Exfrau ging hier oft mit Cindy einkaufen. Für Deckers Geschmack war der ganze Komplex viel zu sehr auf malerisch getrimmt.
    Immer wieder blickte er sich nach allen Seiten um. Es wimmelte nur so von Menschen, angelockt wie die Motten vom Licht. Aber was war er selbst? Ein Falke? Welcher Sinn steckte dahinter? Er sah zum Himmel hoch. Verdammt, fluchte er. Wenn es Dich da oben gibt, warum zeigst Du Dich nicht? Dann wäre alles viel einfacher.
    Er war immer noch wütend auf Rina. Da hatte sie sich ihm endlich ganz hingegeben, nur um sich anschließend buchstäblich davonzustehlen. Innerlich und äußerlich tat ihm alles weh, und er hatte das Gefühl, daß es ihre Schuld war.
    Ach, scheiß drauf! Vielleicht lag es gar nicht an Rina. Er hatte nur zu lange nicht mehr richtig geschlafen oder anständig gegessen. Vielleicht war es das Alter.
    Plötzlich sah er Cameron, und seine trübe Stimmung war wie weggeblasen.
    »Schnapp ihn dir, Pete«, hörte er eine Stimme im Funksprechgerät sagen.
    Als Decker sich nah genug herangepirscht hatte, rief er Smithson an. Der drehte sich um.
    »Er hat eine Knarre!« quäkte es aus dem Walkie-talkie.
    Decker hatte sich schon auf die Erde geworfen, als Cameron zweimal abdrückte und Richtung Einkaufszentrum davonrannte. Schreiende Einkaufsbummler umkurvend, setzte Decker mit einem halben Dutzend Cops hinter ihm her.
    Smithson blieb stehen, zielte, schoß erneut und flüchtete in den Broadway, wobei er Schaufensterpuppen und Kleiderständer mit der neuesten Frühjahrsmode umriß. Bunte Stoffe fielen wie Farbkleckse von einer Künstlerpalette zu Boden. Decker stolperte über eine magersüchtige Schaufensterpuppe, die einen knappen Bikini und eine rote Sonnenbrille trug. Die Leere in ihrem aufgeplatzten Kopf paßte zu ihrem leeren Gesichtsausdruck. Als Decker aufstehen wollte, krachte ein Schuß. Er hörte die Kugel an sich vorbeizischen und ließ sich wieder fallen. Sobald er den anderen weiterlaufen sah, sprang er auf und folgte ihm. Smithson raste, Frauen zur Seite stoßend, die Rolltreppe hoch.
    Schrille Schreie untermalt von klirrendem Glas verrieten, daß Smithson die Porzellanabteilung im zweiten Stock erreicht hatte. Splittern und Scherben ausweichend, kreisten die Beamten ihn vorsichtig ein. Eine unheimliche Stille hing in der Luft, ein leises, flaches Atmen.
    Plötzlich kam eine schwere Bleikristallkaraffe wie aus dem Nichts geflogen und traf einen Polizisten voll am Kopf. Blut spritzte ihm aus der Nase, und tiefe Schnitte zogen sich über sein Gesicht. Er tastete verzweifelt nach seinen Augen.
    »Einen

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