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Das Hohelied des Todes

Das Hohelied des Todes

Titel: Das Hohelied des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faye Kellerman
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angeschnitten, Peter, aber du bist nie darauf eingegangen.«
    Decker steckte sich eine Zigarette an und inhalierte tief. Er war ihr tatsächlich ausgewichen. Es machte ihm Sorgen, daß Rina trotz der Kinder eine Schußwaffe im Haus haben wollte. Er hatte Angst, das Ding könnte aus Versehen losgehen und jemanden verletzen. Aber vielleicht war es auch nur sein Männerstolz und er wollte bloß, daß sie sich von ihm beschützen ließ. Jan konnte Schußwaffen nicht ausstehen. Aber Jan war ein Kind der sechziger Jahre. Rina gehörte einer anderen Generation an. An die Stelle von Love und Peace waren Terrorismus und Gewaltverherrlichung getreten.
    »Wenn es dir ernst ist und du wirklich schießen lernen willst, dann schau ich mal, was ich wegen der Lizenz ausrichten kann.«
    »Danke.«
    »Aber es könnte Monate dauern, Rina.«
    »Das macht nichts.«
    »Bis dahin darfst du den Colt nicht in der Handtasche mit dir führen.«
    »Mach ich nicht.«
    »Auch nicht unter dem Autositz …«
    »Ich bewahre ihn zu Hause auf. Beruhige dich doch, Schatz. Du hörst dich schrecklich wütend an.«
    Er war wütend.
    »Da ist noch ein Anruf in der Leitung«, sagte er. »Augenblick.«
    Er hieb auf die blinkende weiße Taste.
    »Decker«, raunzte er.
    »Immer mit der Ruhe, Pete. Es ist erst elf in der Früh.«
    Decker erkannte die Stimme.
    »Hallo, Annie.«
    »Wir haben Glück gehabt, Sergeant. Können Sie um zwölf Uhr bei mir vorbeikommen?«
    »Ich bin da. Und ich bringe sogar mein eigenes Mittagessen mit.«
    »Was für ein Mann!« Sie legte auf.
    Er schaltete sich wieder in Rinas Leitung.
    »Paß auf, ich muß los, nach Beverly Hills. Ich komme heute abend vorbei. Dann reden wir weiter.«
    »Ich müßte so gegen zehn mit der Mikwe fertig sein.«
    »Also dann, bis um zehn.«
    »Was machst du denn in Beverly Hills, Peter?«
    »Könnte sein, daß die zahnmedizinische Untersuchung eine Identifizierung der Leichen ergeben hat.«
    »Du gehst zum Zahnarzt? Wie heißt er? Ich könnte einen guten neuen Zahnarzt gebrauchen. Meiner praktiziert nicht mehr, und mit seinem Nachfolger komme ich überhaupt nicht zurecht.«
    »Er ist eine Sie. Sie heißt Annie.«
    »Hat diese Annie auch einen Nachnamen?«
    Decker schmunzelte.
    »Hennon«, sagte er.
    »Hoffentlich ist diese Annie ein richtiges Flintenweib, wie die aus ›Annie, Get Your Gun‹.«
    »Kann man eigentlich nicht behaupten. Sie sieht sogar ziemlich gut aus. Natürlich nicht mit dir zu vergleichen, Rina, aber durchaus nicht zu verachten. Sie hat schöne Augen.«
    »Was du nicht sagst.«
    »Doch. Schöne grüne Augen.«
    »Dir ist die Farbe aufgefallen?«
    »Ich bin und bleibe nun mal ein Bulle, Rina. Ich habe eben ein Auge für so was.«
    »Soll mir recht sein, solange du mir nur nicht etwa ein Auge auf sie wirfst.«
     
    Decker kam fünf Minuten zu früh und wurde von der Sekretärin, die einen kaum über den Hintern reichenden weißen Kittel trug, in Hennons Büro geführt. Sie machte eine Kaugummiblase, die sie gleich wieder zerplatzen ließ, und bot Decker ebenfalls einen Streifen an. Er lehnte dankend ab. Im nächsten Augenblick hörte er Hennon nach dem Mädchen rufen.
    Die Sekretärin verdrehte die Augen im Kopf. »Diese Frau ist eine richtige Hexe«, sagte sie. Sie machte einen Schmollmund. »Dr. MacGrady ist viel, viel netter.«
    Das glaub ich dir gern, dachte Decker.
    »Dann gehen Sie lieber schnell zu ihr«, sagte er.
    Sie ließ ihn mit seinem Mortadellabrot, den Möhrenstäbchen, Kartoffelchips und dem Schokoladentörtchen allein. Er war gestern abend bei Rina gewesen, als sie den Jungen ihre Schulbrote gemacht hatte, und sie hatte ihm angeboten, ihm auch ein Lunchpaket zu machen. Er hatte nur unter der Bedingung angenommen, daß er keine Extrawurst bekam und sie ihm genau das gleiche einpackte wie den Kindern.
    Ist das auch dein Ernst, Peter?
    Aber sicher.
    Er wickelte das Sandwich aus. Immerhin Roggenbrot. Er hatte gerade hineingebissen, als Hennon erschien.
    »Bleiben Sie ruhig sitzen«, sagte sie, als er aufstehen wollte. »Kauen Sie erst zu Ende.«
    Er schluckte den Bissen hinunter und legte das Brot weg.
    »Kaffee?« fragte sie.
    »Gern.«
    »Kelly«, rief sie. »Zweimal Kaffee, einmal mit Zucker.«
    Die Sekretärin kam schmollend ins Büro geschlurft. »Ich habe jetzt Mittagspause, Dr. Hennon.«
    Hennon starrte sie so lange an, bis sie aufgab und ihnen in zwei Styroporbechern Kaffee brachte.
    »Schöne Mittagspause auch«, sagte Hennon.
    Das Mädchen knallte grummelnd die

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