Das Horror-Restaurant
»Na, was sagst du?«
»Nicht viel. Die Leute hier verstehen es wirklich. Weißt du eigentlich, wem der Laden gehört?«
»Einer Frau.«
»Oh. Kennst du den Namen?«
»Vanity Raise.«
Ich war beeindruckt. »Hört sich stark an.«
»Klar. Die werden wir sicherlich noch zu Gesicht bekommen.« Bill drückte mich vor. »So, jetzt habe ich aber Durst. Ein Stündchen können wir ja noch warten.«
Wir näherten uns der Bar. Der Glatzkopf führte ein älteres Ehepaar an einen Tisch. Die Frau hatte sich bei ihrem Mann eingehängt. Sie klammerte sich förmlich an ihn. Ihr war anzusehen, daß sie sich fürchtete.
Die Kellner fielen in ihrer dunklen Kleidung kaum auf. Nur ihre Gesichter waren graubleich geschminkt. Manchmal sah es aus, als würden allein die Köpfe über dem Boden schweben.
Zwei Serviermädchen hatte ich gesehen. Beide trugen kurze, schwarze Röcke und hellrote Strümpfe. Dazu blasse Leinenblusen, und die Haare waren stark gegelt. Sie lächelten ständig, wobei ihre Augen seltsam starr blieben, als stünden sie unter Drogen.
An der noch freien Bar nahmen wir so Platz, daß wir einen guten Blick in das Lokal besaßen. Auch die Bar hätte besser in eine Feichenhalle gepaßt. Düster und bleich zugleich, denn die über der Theke hängenden Lampen warfen das graue Licht fächerförmig auf das dunkle Holz. Hinter der Theke bediente ein Farbiger. Er trug seltsamerweise einen weißen Anzug und wirkte trotzdem düster. Überhaupt sah alles in diesem Restaurant dunkel aus.
»Ich komme sofort«, sagte er und räumte noch Gläser in die Spülmaschine.
»Das eilt nicht!« rief Bill zurück. »Wir wollten erst in die Karte schauen.«
Speise-und Getränkekarten lagen zusammen. Ich erwischte die mit den Speisen.
Sehr umfangreich war die Karte nicht. Ein Vorteil, der darauf schließen ließ, daß man frisch kochte. Ich zuckte unwillkürlich zusammen, als ich die aufgeführten Gerichte las.
»Was hast du, John?«
»Ich lese mal vor. Du kannst dich entscheiden für einen FrankensteinEintopf, ein Steak ›Dracula‹, das besonders blutig ist, für Werwolfschinken oder eine Hexensuppe. Und als Gourmet-Empfehlung gibt es unter anderem das Teufels-Menü, in der Hölle gekocht und gewürzt. Ansonsten lieben die hier Steaks oder Spieße, zu der sie ihre berühmte Teufelssoße reichen.«
»Wieso berühmte?«
»Das steht hier.«
Ich ließ die Karte sinken, gab sie Bill und kümmerte mich um die Getränke.
Beide Karten waren eingeschwärzt. Die Gerichte waren in silberner Schrift aufgeführt, bis auf das Teufels-Menü. Das hatte man in roter Zitterschrift geschrieben.
Auch die Getränkekarte zeigte die entsprechende Auswahl. Als Spezialität des Hauses wurde der Höllen-Cocktail angeboten, vom Satan persönlich gemixt.
»Sind Sie der Satan?« fragte ich den Keeper.
»Wieso, Sir?«
»Weil Sie mir den Höllendrink mixen sollen.«
Er lachte. »Der ist schon fertig. Wir bereiten ihn schon früh vor. Er wird gern getrunken.«
»Zwei«, sagte Bill, »und das Rezept.«
»Das ist leider top secret, Sir, tut mir leid. Die Chefin persönlich kümmert sich um den Drink. Nur ihr sind die einzelnen Zutaten bekannt.«
»Kocht sie den auch in einem Kessel?« fragte Bill.
»Ich habe keine Ahnung. Wenn sie erscheint, können Sie Vanity ja fragen.«
»Das werden wir auch.«
Der Keeper hatte sich gebückt und aus dem Kühlfach eine große Karaffe geholt. In ihr schimmerte der Höllen-Cocktail. Als er die Karaffe anhob und Licht dagegen fiel, erkannten wir die Farbe besser. Blutrot natürlich, aber innerhalb dieser Flüssigkeit verteilten sich dunkle Schlieren, die wie Nebelfetzen aussahen. Ich schluckte jetzt schon.
Bill grinste schief und schwieg.
In zwei hohe Gläser goß der Keeper die Drinks, stellte sie auf zwei Silbertellerchen und servierte. »Cheers«, sagte er.
»Danke.« Bill nickte.
Ich roch zunächst mal. Was mir aus dem Glas entgegenströmte, war ein ziemlich scharfer Geruch, aber kein Blutgestank. Tabasco oder Pfeffer, Tomatensaft möglicherweise, wir würden sehen.
»Sieht ja ziemlich echt aus«, meinte Bill.
»Wie kommst du darauf?«
»Ich denke an Blut.«
»Verdirb mir nicht den Appetit.«
Mein Freund lachte. »Seit wann bist du so sensibel? Dann wollen wir mal.«
Leise Musik wehte aus Lautsprechern durch das Lokal. Ich kannte die Melodien. Sie stammten durch die Bank aus bekannten Gruselfilmen. Gleichzeitig nippten wir.
Der Keeper beobachtete uns. Sein Lächeln war geblieben. Es wirkte aber so wie
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