Das Horror-Restaurant
Positionsleuchten auf den Wellen oder lag noch am anderen Ufer. Über dem Wasser schwebte zudem ein seichter Dunst, der mir einen Teil der Sicht nahm.
Ich für meinen Teil hätte auch noch die Backbordseite des Schiffes umgebaut oder zumindest renoviert, aber das war nicht mein Problem. Vielleicht war auch aus bestimmten Gründen darauf verzichtet worden. Bis dicht an die Reling trat ich heran und schaute darüber hinweg. Da die Fenster des Restaurants zur anderen Seite hinwiesen, sah ich nur das graue, gurgelnde Wasser und den Schatten eines angetäuten Bootes, das sich im Rhythmus der anrollenden Wellen bewegte. Ich fröstelte ohne Jacke. Langsam schritt ich dem Heck des Schiffes entgegen. Meine Schritte klangen dumpf auf den Planken. Ich dämpfte sie etwas.
Im Schatten der Aufbauten blieb ich stehen, holte die Lampe hervor und knipste sie dreimal an und aus. Das Zeichen, das von Suko, wenn er durch sein Glas des Schiff beobachtete, gesehen werden mußte. Sekunden verstrichen. Ich hatte mich schon damit abgefunden, keine Antwort zu bekommen, als es am anderen Ufer ebenfalls dreimal hintereinander aufblitzte.
Dort lag also das Boot vertäut.
Suko wußte Bescheid. Ich holte mein Sprechfunkgerät hervor und nahm Kontakt auf.
»Alles klar«, meldete Suko. »Wir sind vor wenigen Minuten angekommen und warten noch ab. Und bei euch?«
»Mir ist der Appetit vergangen.«
»Oh — war es schlimm?«
Ich zitierte einige Gerichte aus der Speisekarte und vergaß auch nicht, den Höllen-Cocktail zu erwähnen. »Der schmeckte schon nach Blut und gleichzeitig scharf.«
»Vielleicht ist es Blut.«
»Das wäre ein Ding.«
»Sonst hast du nichts Verdächtiges entdeckt?«
»Nein! Mal abgesehen von den äußeren Umständen.« Ich räusperte mich. »Wann kommt ihr näher?«
»Mal sehen. Wir sichern mit Gläsern die Wasserfläche ab. Vielleicht steigt wieder ein Monster aus der Tiefe.«
»Dann gib Bescheid«, sprach ich in die Rillen und machte Schluß, denn ich hatte Schritte gehört.
Noch tiefer drückte ich mich gegen die Wand der Aufbauten. Die Schritte waren links von mir erklungen, direkt am halbrunden Heck des Schiffes.
Eine Gestalt erschien. Sie kam mir vor, als wäre sie aus der Unterwelt aufgetaucht. Wahrscheinlich traf es irgendwo zu, weil sie den Bauch des Schiffes verlassen hatte.
Gesehen worden war ich noch nicht. Aber der andere kam auf mich zu. Er sprach mit sich selbst, murmelte Worte, von denen ich nicht eines Verstand.
Bevor er mich erreichen konnte, löste ich mich aus der Deckung und trat dem anderen in den Weg.
»Haaa…« Er schrie auf, so sehr hatte er sich erschreckt. Zu den Gästen gehörte der Mann nicht, der jetzt einen Schritt zurücktrat. Er servierte auch nicht, denn er trug einen dunklen Overall und einen Pullover darunter.
Von seinem Gesicht sah ich nicht viel. Dafür interessierte mich das, was er in den Händen hielt. Es waren zwei Gegenstände, aus denen es tropfte. Ich nahm die Lampe, strahlte sie an und sah aus den Wunden die Blutstropfen zu Boden klatschen.
Was der Kerl vor mir festhielt, waren frisch geschlachtete Hühner!
***
Für einen Moment war ich sprachlos, obwohl mir zahlreiche Gedanken durch den Kopf wirbelten, die man nicht eben als positiv bezeichnen konnte. »Licht aus!«
Ich leuchtete noch dem Sprecher ins Gesicht. Kurz nur, aber die teigige, gelblich schimmernde Haut blieb mir nicht verborgen. Auch der wütende Ausdruck in den Augen, bei denen die Brauen völlig fehlten. Wer war das?
Ich löschte das Licht, um den Kerl nicht noch mehr zu reizen, stellte aber gleichzeitig eine Frage: »Sie laufen hier mit geschlachteten Hühnern herum?«
»Ja.«
»Weshalb?«
»Was geht Sie das an?«
»Steht Hühnerfleisch auf der Karte?«
»Nein.«
»Weshalb haben Sie die Tiere dann geschlachtet?«
Er ging einfach vor. Wollte ich nicht mit ihm kollidieren, mußte ich zur Seite treten. Im Vorbeigehen sagte er: »Die Hühner brauchen wir nicht, aber ihr Blut.«
»Weswegen?«
»Raten Sie mal.« Glucksend lachend ging er weiter, eine Tropfspur aus frischem Hühnerblut hinter sich lassend.
Mußte ich da wirklich noch lange raten? Eine direkte Antwort hatte er mir nicht gegeben, aber ich konnte mir vorstellen, daß die rote Färbung des Höllen-Cocktails aus Hühnerblut bestand. Im nachhinein wurde mir noch leicht übel.
Er ging durch die Tür, die auch ich genommen hatte, um das freie Deck zu betreten.
Aber wo war er hergekommen?
Das wollte ich wissen. Ich suchte das Heck
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