Das Hotel (German Edition)
darum kümmert.» Mit zerknirschter Miene sprang er auf. «Ich hole schnell die Flasche von oben.»
Während sie auf ihn wartete, räkelte Veronika sich zufrieden wie eine satte Katze auf dem roten Satinlaken. Auf ihrer erhitzten Haut fühlte es sich kühl und seidig an, und sie genoss es, ihre Glieder langsam darübergleiten zu lassen. Ihr Blick schweifte über die Wände. Vorhin war sie nicht in der Stimmung gewesen, die liebevolle Dekoration zu würdigen, aber jetzt holte sie es nach. Derjenige, der diesen Raum eingerichtet hatte, hatte viel Mühe darauf verwandt, das war ihr klar. Sonst hätten die künstlichen Steinwände nicht so glaubwürdig massiv gewirkt, die Folterwerkzeuge nicht so sorgsam zusammengestellt. Selbst an Blutspritzer hatte der Dekorateur gedacht. Veronikas Mundwinkel hoben sich zu einem amüsierten Lächeln, als sie das bemerkte. Dunkle Flecken und Spritzer zierten an den passenden Stellen die rußgeschwärzten Wände. Es fehlten bloß noch bleiche Knochen in einem dunklen Winkel, und das Gruselkabinett wäre perfekt gewesen.
Ja, Lou hatte richtig entschieden. Als widerspenstige Contessa hatte die Maske der Rolle es ermöglicht, Dinge zu genießen, die sie als Veronika nicht zugelassen hätte. Unbewusst spannte sie die immer noch prickelnden Pobacken an. Ja, es war ungeheuer erregend gewesen, einem Mann so ausgeliefert zu sein, und sie gestand es sich selbst ein, dass die Schläge sie mehr erregt hatten, als sie es je für möglich gehalten hätte.
Doch sie würde es nicht zur Gewohnheit werden lassen. Sie runzelte die Stirn, als ihr bewusst wurde, dass sie keinerlei Einfluss mehr auf das Geschehen gehabt hatte. Lou hatte das Spiel bestimmt und die Regeln. Er hatte ihre Lust unglaublich angestachelt, und ihr Orgasmus war großartig gewesen. Aber sie konnte den vagen Verdacht nicht loswerden, dass er damit etwas ganz Bestimmtes bezweckt hatte. Der Mann, der so überzeugend den Bösewicht gespielt hatte, tat nichts ohne Grund. Schon gar nicht eine so aufwendige Inszenierung wie ihre Verführung hier …
«Da bin ich wieder», riss seine heitere Stimme sie aus ihren Überlegungen. «Ich hatte vergessen, ihn in den Kühlschrank zurückzustellen. Deshalb habe ich lieber eine neue Flasche mitgebracht.» Er schwenkte sie in der einen Hand, während er in der anderen zwei Sektgläser und ein weißes Handtuch trug. Achtlos ließ er den überquellenden Schaum auf den Boden tropfen. «Hier, bitte.» Er reichte ihr das vor Kälte beschlagene Glas und hob dann das seine: «Auf die Contessa!»
Zufrieden aufseufzend, ließ er sich neben ihr in die Kissen sinken. «Möchtest du auch den Rest sehen?», fragte er, nachdem er sein Glas mit ein paar kräftigen Schlucken geleert hatte. «Die Gelegenheit ist günstig. Wir haben noch etwas Zeit, ehe jemand kommt.»
Veronika beeilte sich auszutrinken. An jeder Art von Inneneinrichtung interessiert, war sie gespannt, zu sehen, wie ein solcher Club die unterschiedlichen Erwartungen der Kundschaft befriedigte.
Das «Polizeirevier» hinter der entsprechend beschrifteten Tür wirkte auf sie eher abschreckend. Nüchtern und kahl, minimalistisch eingerichtet. Mit ihrer neu erworbenen Erfahrung registrierte sie die diversen, modernen Fesselungsmöglichkeiten: Handschellen, Kabelbinder – sogar eine Zwangsjacke war vorhanden. In einem offen stehenden Wandschrank sah sie eine Kollektion Schlagstöcke. Eine stabile, an der Wand verankerte Garderobe aus Metallstreben erfüllte hier offenbar den Zweck der Eisenringe im Kerker.
Besser gefiel ihr das deutlich weitläufigere «Dschungelcamp», in dem eine recht realistisch nachempfundene Südseekulisse samt künstlichem Wasserfall und Pool einem verschiedene Spielmöglichkeiten eröffnete.
«Besonders beliebt sind die «Schiffbrüchigen-Wochenenden», erläuterte Lou ihr fachmännisch. «Dann wird eine Gruppe zufällig zusammengewürfelter Gäste hier eingesperrt und muss sich zusammenraufen. Da geht es manchmal ganz schön zur Sache.»
«Ist das nicht gefährlich? Ich könnte mir vorstellen, dass manche Leute dann so richtig die Kontrolle verlieren?», fragte Veronika.
«Natürlich ist immer ein Spielleiter mit dabei. Und außerdem wird natürlich alles videoüberwacht.» Lou grinste vielsagend. «Die Filme gehen später weg wie warme Semmeln.»
Er führte sie eine Tür weiter, zum «Krankenzimmer», und staunend stand Veronika in einer anscheinend gut ausgerüsteten Gynäkologenpraxis. «Doktorspiele finden immer
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