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Das Hotel New Hampshire

Das Hotel New Hampshire

Titel: Das Hotel New Hampshire Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Irving
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Jolanta kam beim Neunerin nie mit den Regeln zurecht. In diesem Bild scheint Jolanta im Begriff, das Spiel abzubrechen. Ich kann mich erinnern, daß auch die Japaner Angst vor ihr hatten - vielleicht weil sie so viel größer und kräftiger war als jeder einzelne von ihnen.
    Und was alle diese Aufnahmen - die einzigen unserer Wiener Zeit, 1957-64 - kennzeichnet, ist, daß diese ganzen uns so vertrauten Leute die Fotografien mit ein, zwei Japanern, mit ein, zwei Wildfremden teilen müssen. Das gilt sogar für die Aufnahme von Ernst dem Pornographen, der draußen am Wagen lehnt. Arbeiter lehnt neben ihm am Kotflügel - und die Beine, die unter dem Kühlergrill des alten Mercedes vorgucken, die gehören zu dem Radikalen namens Schraubenschlüssel; er brachte nie mehr als seine Beine auf ein Bild. Und um den Wagen herum stehen Japaner - Fremde, die keiner von uns je wieder sehen würde.
    Hätten wir damals erkennen können - wenn wir das Bild genau angeschaut hätten -, daß dies kein gewöhnliches Auto war? Wer hätte je von einem Mercedes - selbst einem alten Mercedes - gehört, der pausenlos einen Mechaniker beschäftigt? Herr Wrench lag ständig unter dem Wagen oder kroch darin herum. Und warum brauchte das eine Auto, das dem Symposion über Ost-West-Beziehungen gehörte, so viel Pflege, wenn es so selten gefahren wurde? Natürlich, wenn ich es heute ansehe ... also, das Bild verrät alles. Es ist schwer, das Bild anzusehen und in dem alten Mercedes nicht das zu sehen, was er wirklich war.
    Eine Bombe. Eine ständig verkabelte und wiederverkabelte, allzeit bereite Bombe. Der ganze Wagen war eine Bombe. Und diese ununterscheidbaren Japaner, die alle unsere einzigen Fotos bevölkern ... nun, heute ist es leicht, in diesen fremden Herren aus fernen Landen Symbole der unbekannten Todesengel zu sehen, die einmal diesen Wagen begleiten sollten. Wenn ich dran denke, daß wir Kinder jahrelang unsere Witze darüber machten, was für ein schlechter Mechaniker Schraubenschlüssel sein müsse, da er ewig an diesem Mercedes herumfummelte! Dabei war er ein Fachmann! Mr. Wrench, der Bombenfachmann; fast sieben Jahre lang war diese Bombe einsatzbereit - Tag für Tag.
    Wir erfuhren nie, worauf sie eigentlich warteten - oder welcher Augenblick reif dafür gewesen wäre, wenn wir sie nicht unter Druck gesetzt hätten. Wir können uns nur an die japanischen Bilder halten, und die erzählen eine verschwommene Geschichte.
    »Was ist dir von Wien in Erinnerung geblieben, Frank?« fragte ich ihn - ich frage ihn die ganze Zeit. Frank ging in ein Zimmer, um mit sich allein zu sein, und als er wiederkam, gab er mir eine kurze Liste:
    1. Franny mit Susie dem Bären.
    2. Der Tag, an dem wir deine verdammten Hanteln kauften.
    3. Wie wir Fehlgeburt immer nach Hause begleiteten.
    4. Die Gegenwart des Mäusekönigs.
    Frank gab mir die Liste und sagte: »Natürlich ist da noch mehr, aber ich mag mich jetzt nicht damit beschäftigen.«
    Das kann ich verstehen, und natürlich erinnere auch ich mich an den Tag, an dem ich meine Hanteln kaufen ging. Alle gingen mit. Vater, Freud, Susie und wir Kinder. Freud kam mit, weil er wußte, wo das Sportgeschäft war. Susie kam mit, weil Freud sie durch Zurufe in der Straßenbahn dazu bringen konnte, sich wieder zu erinnern, wo das Sportgeschäft war. »Sind wir schon an diesem Fachgeschäft für Klinikbedarf in der Mariahilfer vorbei?« schrie Freud. »Danach müssen wir nach links, die zweite Querstraße, oder die dritte.«
    »Earl!« sagte Susie und blickte aus dem Fenster. Der Straßenbahnschaffner warnte Freud: »Ich hoffe, er ist nicht gefährlich - er ist nicht angeleint, Ihr Bär. Wir lassen sie gewöhnlich nicht mitfahren, wenn sie nicht an der Leine geführt werden.«
    »Earl!« sagte Susie.
    »Es ist ein schlauer Bär«, erklärte Frank dem Schaffner.
    In dem Sportgeschäft kaufte ich Hantelscheiben, die zusammen 150 Kilo wogen, eine lange Hantel und zwei Kurzhanteln für die einarmigen Übungen.
    »Die Lieferung geht an das Hotel New Hampshire«, sagte Vater.
    »Die machen keine Lieferungen«, sagte Frank.
    »Keine Lieferungen?« sagte Franny. »Also tragen können wir das Zeug nicht!«
    »Earl!« sagte Susie.
    »Sei artig, Susie!« rief Freud. »Nicht so ungezogen!«
    »Der Bär würde es sehr begrüßen, wenn Sie uns die Dinge liefern würden«, sagte Frank zu dem Mann im Sportgeschäft. Aber es nützte nichts. Wir hätten eigentlich sehen müssen, daß die Macht eines Bären, die Dinge in unserem

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