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Das Hotel New Hampshire

Das Hotel New Hampshire

Titel: Das Hotel New Hampshire Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Irving
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daß Sie wieder mal darauf aus sind, Franny«, sagte Lilly zu ihrer Patientin. Franny rollte sich auf der Couch zusammen und kehrte uns allen den Rücken zu.
    »Sie sind ihre Pflegerin und nicht ihre Mutter«, fuhr ich Lilly an.
    »Es ist nicht gut für sie - es ist einfach irrsinnig, jedermann zu vergewaltigen, vergewaltigen, vergewaltigen!« schrie Lilly mich an. »Jedesmal wenn diese verdammte Bärin läufig ist, zerrt ihr einfach jeden, den ihr wollt, hier rein und vergewaltigt ihn - und ich sage euch, das ist nicht gut für sie.«
    »Aber es ist das einzige, was Franny mag«, sagte Frank mürrisch.
    »Es ist nicht recht, daß sie es mag«, erklärte Lilly, ganz die dickköpfige, aber gute Pflegerin, die sie ja auch war.
    »Ach, kommen Sie«, sagte ich. »Der hier ist etwas Besonderes. Der hier hat sie vergewaltigt!« sagte ich zu Lilly.
    »Mich hat er gezwungen, eine Schlammpfütze zu ficken«, jammerte Frank.
    »Wenn wir nur noch den hier vergewaltigen können«, flehte ich Lilly an, »dann tun wir es ganz bestimmt nie mehr.«
    »Versprechungen, Versprechungen«, sagte Lilly und verschränkte ihre kleinen Arme über ihren kleinen Brüsten.
    »Wir versprechen es!« schrie Frank. »Nur noch einen. Nur noch diesen hier.«
    »Earl!« schnaubte Susie, und ich dachte schon, Dove werde gleich in Ohnmacht fallen. Susie schnaubte ungestüm in Doves Schamteile. Susie der Bär schien sagen zu wollen, auch sie sei besonders an diesem hier interessiert.
    »Bitte, bitte!« fing Dove an zu schreien. Susie schlug ihm die Beine weg und legte sich mit ihrem ganzen Gewicht über seine Brust. Sie legte eine große Tatze - eine echte Tatze - direkt auf seine Schamteile. »Bitte!« sagte Dove. »Bitte nicht! Bitte!«
    Und das war alles, was Lilly geschrieben hatte. Das war die Stelle, an der wir aufhören sollten. Alle hatten ihren Text aufgesagt, bis auf Lilly.
    Lilly sollte nur noch sagen: »Es gibt keine Vergewaltigungen mehr, keine einzige mehr - und das ist endgültig.« Und ich sollte Dove auflesen und in den Gang hinauswerfen.
    Doch Franny stand von der Couch auf und schob alle beiseite; sie ging zu Dove hinüber. »Das reicht, Susie«, sagte Franny, und Susie ließ von Dove ab. »Zieh deine Hosen wieder an, Chipper«, sagte Franny zu ihm. Er stand auf, fiel aber gleich wieder hin; er rappelte sich erneut auf und zog seine Hosen hoch. »Und wenn du das nächstemal deine Hosen ausziehst, ganz gleich für wen«, sagte Franny zu Chipper Dove, »dann denk mal an mich.«
    »Denk an uns alle«, sagte Frank, der nun aus dem Schlafzimmer kam.
    »Vergiß uns nicht«, sagte ich zu Chipper Dove.
    »Wenn du uns mal begegnest«, sagte die mächtige Ruthie, »dann geh lieber in die andere Richtung. Jeder von uns könnte dich glatt umbringen, Mann«, sagte sie trocken.
    Susie der Bär nahm den Bärenkopf ab; sie würde ihn nie mehr nötig haben. Künftig trug sie das Bärenkostüm nur noch zum Spaß. Sie blickte Chipper Dove direkt in die Augen. Die erstklassige unübertreffliche Hysterikerin namens Scurvy erhob sich vom Teppich und kam auch herüber, um sich Chipper Dove genau anzusehen. Sie musterte ihn, als wolle sie ihn ihrem Gedächtnis einprägen; dann zuckte sie mit den Achseln, zündete sich eine Zigarette an und wandte sich ab.
    »Bleib nicht weg von offenen Fenstern!« rief Frank hinter
    Dove her, als er uns verließ; er ging den Gang entlang und stützte sich dabei immer wieder an der Wand ab. Es entging keinem von uns, daß er nasse Hosen hatte.
    Chipper Dove bewegte sich wie ein Mann, der in einer Krankenstation für Geistesgestörte die Toilette sucht. Er bewegte sich mit der ganzen Unsicherheit eines Mannes, der nicht recht wußte, was in der Toilette auf ihn wartete - ja, als sei er nicht einmal sicher, was er dort zu tun habe.
    Doch in uns allen war jenes ernste Gefühl einer Ernüchterung, das in jeder ehrlichen Untersuchung über Rache festgehalten werden sollte. Was immer wir getan haben mochten, es würde nie so schrecklich sein wie das, was er Franny angetan hatte - und wenn es so schrecklich gewesen wäre, dann wäre es zuviel gewesen.
    Mein ganzes Leben lang blieb mir das Gefühl, als hätte ich immer noch Chipper Dove in der Mangel und stemmte ihn hoch - so daß seine Füße ein paar Handbreit über der Seventh Avenue baumelten. Es war mit ihm wirklich nichts anderes anzufangen, als ihn wieder abzusetzen; und es würde mit ihm auch nie etwas anderes anzufangen sein - so ist das nun mal mit unseren Chipper Doves: wir

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