Das Hotel New Hampshire
zweiunddreißig. Er kam dahin auf der Suche nach einer geeigneten Schule für seinen kleinen Jungen und bot dafür als Gegenwert sich selbst an. Er verkaufte seine sportpädagogischen Fähigkeiten an die beste Privatschule, die versprach, seinen Sohn aufzunehmen, wenn sein Sohn in das entsprechende Alter kam. Die Dairy School war nicht gerade eine Bastion der höheren Schulbildung.
Sie mochte sich einst einen Status wie Exeter oder Andover gewünscht haben, aber sie hatte sich dann kurz nach der Jahrhundertwende für eine Zukunft der Kompromisse entschieden. Nicht weit von Boston gelegen, nahm sie ein paar Hundert Jungen auf, die von Exeter und Andover abgewiesen worden waren, und dazu weitere hundert, die man nirgends hätte aufnehmen dürfen, und sie gab ihnen einen vernünftigen Lehrplan, der nicht aus dem Rahmen fiel - und der strenger war als die meisten Lehrkräfte, die man einstellte; auch von diesen waren die meisten anderswo abgewiesen worden. Doch wenn die Dairy School unter den Privatschulen Neuenglands auch nur zweitklassig war, so war sie doch weit besser als die öffentlichen Schulen in der Gegend und insbesondere besser als die einzige High School in Dairy.
Die Dairy School war genau die richtige Schule für einen Handel wie den mit Coach Bob Berry: ein mickriges Gehalt und das Versprechen, daß sein Sohn Win die Schule (kostenfrei) besuchen konnte, wenn er erst alt genug war. Weder Coach Bob noch die Dairy School ahnten, daß mein Vater, Win Berry, einmal ein so guter Schüler werden würde. Er war in der ersten Gruppe der Bewerber, die von Harvard zugelassen wurden, aber er wurde nicht so hoch eingestuft, daß es für ein Stipendium gereicht hätte. Wäre er von einer besseren Schule als der Dairy School zu ihnen gekommen, hätte er wahrscheinlich irgendein Latein- oder Griechisch-Stipendium bekommen; er hielt sich für sprachbegabt und wollte ursprünglich Russisch studieren.
Meine Mutter, die (als Mädchen) nie die Dairy School besuchen konnte, ging auf die höhere Schule für Mädchen, eine weitere Privatschule am Ort und ebenfalls zweitklassig, aber dennoch besser als die öffentliche High School und außerdem die einzige Möglichkeit für die Eltern im Ort, die ihre Töchter ohne die Gegenwart von Jungen erzogen haben wollten. Anders als die Dairy School, die Wohnheime hatte - und zu 95 Prozent Internatsschüler -, war das Thompson Female Seminary eine reine Tagesschule. Die Eltern meiner Mutter, die aus irgendeinem Grund sogar noch älter waren als Coach Bob, wünschten, daß ihre Tochter nur mit den Jungs von der Dairy School Umgang pflegte, und nicht mit den Jungs aus dem Ort - schließlich war der Vater meiner Mutter ein pensionierter Lehrer der Dairy School (alle nannten ihn nur Latein-Emeritus) und die Mutter meiner Mutter eine Arzttochter aus Brookline in Massachusetts, verheiratet mit einem Harvard-Mann; sie hoffte, ihre Tochter würde das gleiche Schicksal anstreben. Auch wenn die Mutter meiner Mutter sich nie darüber beklagte, daß ihr Harvard-Mann sie postwendend in die Provinz verfrachtet (und aus der Bostoner Gesellschaft gerissen) hatte, so hoffte sie doch, meine Mutter würde einen richtigen Dairy-School-Jungen kennenlernen und von ihm postwendend nach Boston zurückverfrachtet werden.
Meine Mutter, Mary Bates, wußte, daß mein Vater, Win Berry, nicht der richtige Dairy-Schüler war, wie er ihrer Mutter vorschwebte. Harvard hin, Harvard her - er war Coach Bobs Sohn, und wer das Studium erst mit Verzögerung aufnehmen konnte, war nicht zu vergleichen mit einem, der schon studierte oder es sich leisten konnte, umgehend damit zu beginnen.
Mutters eigene Pläne in diesem Sommer 1939 machten ihr selber kaum Freude. Ihr Vater, der alte Latein-Emeritus, hatte einen Schlaganfall hinter sich; sabbernd und wirr im Kopf und lateinische Brocken murmelnd geisterte er durch das Haus in Dairy, nutzlos umsorgt von seiner Frau, wenn nicht Mary da war und sich um beide kümmerte. Mit ihren neunzehn Jahren hatte Mary Bates Eltern, die älter waren als anderer Leute Großeltern, und aus Pflichtgefühl - wenn auch ohne Begeisterung - verzichtete sie auf ein mögliches Universitätsstudium, damit sie zuhause bleiben und sich um ihre Eltern kümmern konnte. Sie nahm sich vor, das Maschinenschreiben zu erlernen und sich im Ort Arbeit zu suchen. Dieser Job im Arbuthnot war für sie in Wirklichkeit so etwas wie ein exotischer Sommerurlaub vor der Plackerei, die im Herbst auf sie zukommen würde. Mit
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