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Das Hotel

Das Hotel

Titel: Das Hotel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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wäre, aber ich teile meines bereits mit unserem Fotografen.« Er zeigte auf einen untersetzten Mann mit einer sehr großen Kamera in den Händen, der gerade Fotos von der Lobby machte. » Das ist Rudy. Ein großes Talent, aber ein furchtbarer Zimmergenosse.
    Er schnarcht so laut, dass es einem die Plomben aus den Zähnen haut. Wenn ich heute Nacht überhaupt ein Auge zumachen will, werde ich mich hier unten auf das Sofa legen müssen.«
    Er lächelte. Ein umwerfendes Lächeln. Deb überlegte, warum er mit einem solchen Fernsehgesicht für eine Zeitschrift arbeitete. Sie entschied sich, ihm diese Frage nicht laut zu stellen. Schließlich wollte sie ihm kein Kompliment zollen, das er irgendwie hätte missverstehen können.
    Nicht dass sich Deb daran erinnern könnte, jemals in dieser Hinsicht missverstanden worden zu sein.
    Der Manager tauchte wieder auf. » Das Rushmore Inn hatte noch einige Zimmer übrig. Ich war so frei und habe eines für Sie reserviert. Hier ist eine Karte, wie Sie dorthin kommen. Selbstverständlich werden wir die Kosten für Sie übernehmen. Sie brauchen nichts zu zahlen.«
    Deb wollte ihm danken, meinte dann aber: » Ich habe ein Navi und brauche keine Karte.«
    Er schob die Karte trotzdem in ihre Richtung. » Es ist wirklich abgelegen. Ich bezweifle, dass die Pension oder die Straße auf Ihrem Navigationsgerät überhaupt eingetragen sind.«
    » Wie lange brauche ich wohl bis dorthin?«
    » Eine Stunde, höchstens eineinhalb.«
    Deb biss die Zähne zusammen. Ihre Stimmung wurde nicht besser, als sie merkte, dass der schicke Reporter heimlich auf ihre Beine starrte.
    Sie schnappte sich die Karte und steckte sie ein.
    » Ich möchte mich noch einmal für diese Unannehmlichkeiten entschuldigen.« Der Manager lächelte, aber diesmal wirkte es gehässig statt nett. » Ich hoffe, dass wir Sie morgen hier wiedersehen werden, Miss Novachek.«
    Deb bemerkte den sarkastischen Unterton, wollte aber nicht darauf eingehen. Stattdessen wandte sie sich erneut an den Reporter.
    » Es tut mir leid, Mr. Deiter, aber das mit dem Interview wird wohl nichts.«
    » Nennen Sie mich Mal.«
    » Mal, das Interview sollte doch eigentlich heute Abend bei einem gemeinsamen Abendessen stattfinden, aber leider habe ich nun keine Zeit. Es sieht ganz so aus, als ob ich gerade drei Stunden meines Lebens verloren hätte.«
    » Aber essen müssen Sie doch so oder so – nicht wahr?«
    » Das schon. Vielleicht finde ich unterwegs etwas. Ich habe nicht damit gerechnet, noch einmal eineinhalb Stunden durch die Gegend fahren zu müssen.«
    Der dickliche Fotograf Rudy trat nun zu ihnen und machte rasch ein paar Fotos von Deb, was sie störte. Sie hatte weder ihre Frisur noch ihr Make-up kontrollieren können.
    Nicht, dass mein Gesicht das Interessante an mir wäre. Deswegen wollen sie mich sicher nicht interviewen.
    » Ms. Novacheck, das ist Rudy.«
    » Ma’am.« Rudy reichte ihr eine dicke Hand. Sie war feucht, als Deb sie ergriff.
    » Freut mich, Sie kennenzulernen, Rudy. Aber es sieht ganz so aus, als ob Sie sich jemand anderen suchen müssten.«
    » Ach, hier sind Leute wie Sand am Meer«, meinte Rudy. » Aber Sie sind die Top-Story. Nicht nur waren Sie die Erste Ihrer Altersklasse im Denver-Triathlon und die Dritte in der Gesamtwertung, sondern Sie sind außerdem eine herausragende Athletin, Miss Novachek. Und das angesichts der Tatsache, dass Sie Ihre Beine verloren haben. Stimmt es, dass Sie für jede Disziplin andere Prothesen benutzen? Haben Sie auch welche mit Schwimmflossen?«
    Rudy redete laut genug, um die Aufmerksamkeit der Umstehenden auf sie zu ziehen. Deb spürte, wie sich sämtliche Augen auf sie richteten, schaffte es aber, ihre Stimme unter Kontrolle zu halten.
    » Zum Schwimmen benutze ich keine Prothesen. Man könnte sonst annehmen, dass ich mir einen unfairen Vorteil verschaffen will. Wenn Sie mich nun entschuldigen würden …«
    Deb schob die Karte in ihre Bauchtasche und machte sich auf den Weg.
    » Aber wir brauchen Sie doch für das Cover!«, rief ihr Rudy hinterher.
    Sie zwang sich dazu, nicht in einen Trab zu verfallen. Ihre Laufprothesen befanden sich im Auto, und mit den künstlichen Beinen, die sie im Augenblick trug, blieb man leicht mit den Zehen irgendwo hängen. Der Gedanke, dass der Dicke sie flach auf dem Boden liegend fotografieren würde, war unerträglich.
    » Ms. Novachek … Bitte …«
    Der Reporter hatte sie eingeholt und machte eine besorgte Miene.
    » Es tut mir leid, Mr. Deiter

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