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Das Imperium der Woelfe

Das Imperium der Woelfe

Titel: Das Imperium der Woelfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Christophe Grangé
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Mauer entlang, die von verrostetem Gitterwerk durchbrochen wird. Über ihr leuchten die Kuppeln, die Minarette scheinen zwischen den Regentropfen emporzufliegen.
    Je weiter sie geht, desto mehr Erinnerungen stellen sich ein. Kürsat hat den Spitznamen »Gärtner«, weil Botanik seine Spezialität ist, besonders Mohn. Er baut hier seine eigenen wilden Sorten an, tief in den Gärten, und jeden Abend kommt er nach Beylerbeyi, um das Wachstum seiner Mohngewächse zu überwachen ...
    Hinter dem Portal gelangt sie in einen mit Marmor gefliesten Hof, am Boden sind Becken aneinander gereiht für die Waschungen vor dem Gebet. Sie überquert den Innenhof, sieht eine Schar weißer und honiggelber Katzen, die in den Fensternischen Schutz suchen. Eine von ihnen ist auf einem Auge blind, eine andere hat getrocknetes Blut an der Schnauze.
    Noch eine Türschwelle, dann endlich liegen die Gärten vor ihr. Der Anblick geht ihr nahe. Bäume, Sträucher, Büsche in wilder Unordnung; die aufgespülte Erde; Zweige, so schwarz wie Lakritzstangen, und mit kleinen Blättern übersäte Haine, so dicht gewachsen wie Mistelbüschel. Eine üppige, lebendige Blütenwelt, vom Regen liebkost.
    Sie geht weiter, berauscht vom Duft der Blumen und den dumpfen Gerüchen der Erde. Das Klopfen des Regens wirkt gedämpft, die Tropfen fallen in mattem Pizzicato auf die Blätter, Rinnsale gleiten wie Harfensaiten auf das Laub. Sema denkt: Der Körper reagiert mit Tanzen auf die Musik. Die Erde mit Gärten auf den Regen.
    Als sie ein paar Zweige zur Seite schiebt, entdeckt sie unter den Bäumen einen großen Gemüsegarten: Bambusstöcke, mit Humus gefüllte breite Gefäße auf der Erde und umgedrehte Glasbehälter, die junge Triebe schützen. Sema denkt an ein Gewächshaus unter freiem Himmel - oder besser: Sie denkt an eine Krippe für Pflanzen. Sie macht noch einige weitere Schritte, dann bleibt sie stehen: Der Gärtner ist da.
    Er hat ein Knie auf den Boden gestützt und beugt sich über eine Reihe Mohnpflanzen, die mit durchsichtigem Plastik umhüllt sind. Er ist gerade dabei, eine Kanüle in einen Blütenstempel einzuführen, dort, wo sich die Alkaloidkapsel befindet. Sema erkennt die Art, die er kreuzt, nicht. Wahrscheinlich eine neue Züchtung, die früher blüht als die anderen. Mohnexperimente, mitten in der türkischen Hauptstadt...
    Als habe er ihre Gegenwart gespürt, blickt der Chemiker auf. Eine Kapuze bedeckt seine Stirn, sie lässt seine schweren Züge kaum erkennen. Ein Lächeln bildet sich auf seinen Lippen, schneller als das Staunen in seinem Blick sichtbar wird: »Die Augen. Ich hätte dich an den Augen erkannt.«
    Er hat immer Französisch gesprochen. Damals war es ein Spiel zwischen ihnen - eine weiteres geheimes Einverständnis. Sie antwortet nicht. Sie stellt sich vor, was er jetzt sieht. Eine abgezehrte Gestalt unter einer teegrünen Kapuze, mit ausgemergelten Zügen, nicht wieder zu erkennen. Doch Kürsat scheint nicht überrascht von ihrer Erscheinung. Weiß er von dem neuen Gesicht? Hatte sie es ihm gesagt? Oder haben es die Wölfe getan? Freund oder Feind? Sie hat nur wenige Sekunden, um sich zu entscheiden. Der Mann war ihr Vertrauter, ihr Komplize. Also muss sie ihm selbst die Details ihrer Flucht verraten haben.
    Seine Gesten wirken unecht, unsicher. Er ist kaum größer als Sema und trägt einen Leinenkittel unter einer weiten Plastikschürze. Kürsat Milihit steht auf. »Warum bist du wiedergekommen?«
    Sie sagt nichts, lässt den Regen den Takt der Sekunden schlagen. Dann antwortet sie, ebenfalls auf Französisch, die Stimme von dem Regencape gedämpft: »Ich will wissen, wer ich bin. Ich habe das Gedächtnis verloren.«
    »Was?«
    »Ich wurde in Paris von der Polizei verhaftet. Sie haben mein Gehirn manipuliert. Ich habe keine Erinnerung mehr.«
    »Das ist unmöglich.«
    »In unserer Welt ist alles möglich, das weißt du so gut wie ich.«
    »Erinnerst du dich denn an gar nichts mehr?«
    »Was ich weiß, habe ich durch eigene Nachforschungen erfahren.«
    »Aber warum kommst du zurück? Warum verschwindest du nicht?«
    »Es ist zu spät. Die Wölfe sind mir auf den Fersen. Sie kennen mein neues Gesicht. Ich will mit ihnen verhandeln.«
    Sorgfältig stellt er die in Plastik verpackte Blume zwischen die Zehn-Liter-Behälter und die Säcke mit Dünger. Er wirft ihr einen verstohlenen Blick zu: »Hast du sie noch?«
    Sema antwortet nicht. Kürsat fragt nach: »Die Drogen, hast du sie noch?«
    »Die Fragen stelle ich«, antwortet

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