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Das Imperium der Woelfe

Das Imperium der Woelfe

Titel: Das Imperium der Woelfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Christophe Grangé
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der Türkei zu Berühmtheit gelangt sind.
    Der Direktor lächelt hochmütig: Das ist doch nichts Besonderes. Ein paar Minuten später sitzt sie in einem kleinen Raum mit hohen Bücherregalen an den Wänden. Vor ihr die Ordner mit den Schulabgängern der letzten Jahrzehnte - Namen und Fotos der früheren Schüler, Daten und Auszeichnungen jedes Jahrgangs. Ohne Zögern öffnet sie das Register des Jahres 1988 und bleibt bei der Abschlussklasse stehen, ihrer Klasse. Sie sucht nicht nach ihrem früheren Gesicht, denn allein der Gedanke, es anzusehen, ist ihr unbehaglich, als ob sie ein Tabu verletzen würde. Nein, sie sucht das Porträt von Kürsat Milihit.
    Als sie es findet, werden ihre Erinnerungen noch präziser. Der Freund aus der Kindheit. Der Weggefährte. Heute ist Kürsat Chemiker. Der beste seines Fachs. Fähig, jede Art von Rohopium umzuwandeln, das beste Morphin herzustellen, das reinste Heroin zu destillieren. Mit den Fingern eines Zauberers, der wie kein anderer Morphin und Essigsäure zu handhaben weiß.
    Seit Jahren hat sie mit ihm jede ihrer Operationen vorbereitet. Bei der letzten Sendung hat er das Heroin verflüssigt. Es war eine Idee von Sema, die Droge in die Blasen von Luftpolsterfolien zu füllen. Bei hundert Millilitern pro Folienbahn genügten zehn Ballen, um ein Kilo zu exportieren. Zwanzig Kilo lösliches Heroin Typ Nummer vier, geschützt im durchsichtigen Versandfutter von Warensendungen, die man nur in der Frachtabteilung in Roissy abzuholen brauchte.
    Sie sieht sich noch einmal das Foto an: Dieser dicke Jugendliche mit dem Milchgesicht und den Kupferlocken ist nicht nur eine Geistergestalt aus der Vergangenheit. Er muss auch heute noch eine entscheidende Rolle spielen. Er allein kann ihr helfen, Azer Akarsa wieder zu finden.

Kapitel 70
     
    Eine Stunde später fährt Sema im Taxi über die riesige Stahlbrücke, die den Bosporus überspannt. In diesem Moment bricht das Gewitter los. In wenigen Sekunden, während das Auto das asiatische Ufer erreicht, markiert der Regen sein Territorium mit Gewalt. Zuerst sind es Nadeln von Licht, die auf die Bürgersteige treffen, dann regelrechte Wasserladungen, die sich ausbreiten und ausdehnen, die niederprasseln, als fielen sie auf Ziegeldächer. Rasch wird der gesamte Landstrich schwer und träge vom Wasser - vorbeifahrende Autos spritzen bräunliche Garben in die Höhe, Straßen versinken in den Fluten, ertrinken...
    Als das Taxi das Beylerbeyi-Viertel erreicht, das am Fuß der Brücke liegt, ist aus dem Regen ein Sturm geworden. Eine graue Wolke verschluckt jegliche Sicht, vermischt Autos, Bürgersteige und Häuser zu einem beweglichen Nebel. Das ganze Viertel scheint sich wieder zu verflüssigen, zu regredieren - eine Urgeschichte aus Torf und Schlamm.
    Sema hat beschlossen, in der Yakliboy-Straße aus dem Taxi zu steigen. Sie schlängelt sich zwischen den Autos hindurch und sucht Schutz unter einem Vordach der Ladenzeile. Sie nimmt sich die Zeit, einen Regenschutz zu kaufen, einen leichten grünen Umhang. Dann sucht sie ihre Anhaltspunkte. Dieses Viertel ähnelt einem Dorf, es ist ein begehbares Modell der Stadt Istanbul: die Bürgersteige schmal wie Bänder, dicht aneinander gedrängte Häuser und Gassen, eng wie Pfade, die zum Ufer hinunterführen.
    Sie taucht in die Beylerbeyi-Straße in Richtung Fluss. Links geschlossene Verkaufsstände, Wirtschaften mit Vordach, von Planen zugedeckte Auslagen. Rechts eine blinde Mauer, hinter der die Gärten einer Moschee liegen. Eine poröse Wand aus rotem Bruchstein - durchfurcht von Rissen, Karte eines schwermütigen Landstrichs. Unten, unterhalb des grauen Blattwerks, ist das Wasser des Bosporus zu erahnen, es grollt und wirbelt wie die Pauken in einem Orchestergraben.
    Sema spürt, wie das flüssige Element sie vereinnahmt. Tropfen klopfen auf ihrem Kopf, schlagen ihr auf die Schultern, rinnen an ihrer Regenpelerine herunter... Ihre Lippen nehmen den Geschmack von Ton an, und selbst ihr Gesicht verflüssigt sich, es scheint zu fließen, zu glänzen...
    Am Ufer verdoppelt sich die Kraft des Sturms, wie entfesselt von der Ouvertüre des Flusses, der Uferstreifen scheint bereit, sich vom Land zu lösen und der Meerenge bis zur See zu folgen. Sema kann nicht umhin zu zittern, in ihren Adern, die zu Flüssen geworden sind, spürt sie diese Bruchstücke von Kontinenten, die auf ihrem Untergrund hin und her schwanken.
    Sema geht den Weg zurück und sucht den Eingang der Moschee. Sie läuft an einer brüchigen

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