Das Imperium
vielmehr Absicht dahinter!
53 ERSTDESIGNIERTER JORA’H
In der runden Kontemplationskammer im Prismapalast befasste sich der Erstdesignierte Jora’h voller Stolz mit Aufzeichnungen, die seine Kinder betrafen. Der attraktive und potente Prinz wurde seiner Pflicht gerecht, indem er mit zahlreichen Frauen der verschiedenen Geschlechter Verkehr hatte und möglichst viele Kinder zeugte.
Als ältester Sohn des Weisen Imperators hatte er immer gewusst, dass er einmal die Nachfolge seines Vaters antreten würde, nach hundert oder mehr Jahren. Er sehnte nicht den Tag herbei, an dem er im Chrysalissessel sitzen würde, denn dann musste er auf die Wonnen des Lebens verzichten, auch wenn Macht damit einherging. Nach der rituellen Kastration, die ihn zum nächsten Weisen Imperator machte, kontrollierte Jora’h das Thism.
Aber noch war es nicht so weit.
Er mochte es, bei seinem Volk zu sein, und alle hatten für ihn den gleichen Rang: Schwimmer und Geschuppte, Arbeiter, Leibwächter und Soldaten – alle waren Ildiraner und jeder von ihnen kannte seinen Platz. Die Aufgabe des Prinzen bestand darin, vom ganzen Volk geliebt zu werden – was sogar wörtlich verstanden werden konnte, wenn er alles richtig machte – und möglichst viele Nachkommen zu haben. Jora’h lächelte beim Gedanken an all seine Söhne und Töchter, adlige Gelehrte und Arbeiter-Mischlinge, die Früchte der kurzen Begegnungen mit den Frauen, die er aus der Menge zahlloser Antragstellerinnen auswählte.
Aber so kurz jene sexuellen Begegnungen auch sein mochten: Sie bedeuteten ihm viel. Jedes Kind, das er mit einer Angehörigen des Adels zeugte, wurde unter seiner Herrschaft zu einem Designierten. Jora’h überhäufte seine Söhne und Töchter mit Geschenken, auch die Mischlinge. Er schickte ihnen Mitteilungen, schrieb Gedichte für sie. Sie sollten nicht vergessen, wer ihr Vater war.
Angesichts der großen Anzahl seiner Nachkommen brauchte er Zeit in der Kontemplationskammer, um sich auf dem Laufenden zu halten, Namen und Geburtstage zu sortieren.
Nach den Aufzeichnungen des Palastes hatte sich Jora’hs Vater Cyroc’h seinen Nachkommen nicht mit solcher Hingabe gewidmet. Ja, der Weise Imperator hatte sich um seinen ältesten, reinrassigen Sohn gekümmert, geboren von einer adligen Konkubine. Er war auch Vater von einigen Dutzend weiteren Söhnen und Töchtern anderer adliger Frauen und sie alle wurden zu Designierten auf Kolonialwelten: auf Dobro, Hyrillka, Crenna, Comptor, Alturas und vielen weiteren. Die sekundären Söhne blieben durchs Thism mit ihrem Vater verbunden und konnten die Splitter-Kolonien dadurch mit den Gedanken und Entscheidungen des Weisen Imperators leiten.
Jora’h aber hatte die meiste Zeit seines Lebens im Prismapalast verbracht. Er würde nicht zu einem stellvertretenden Herrscher werden wie die anderen Designierten; er stand in engerer Verbindung mit dem weisen Imperator als alle anderen.
Seih eigener ältester adliger Sohn, Thor’h, weilte auf Hyrillka, wohnte beim dortigen Designierten und genoss das Leben in der Gewissheit, dass er erst in Jahrzehnten oder gar nach mehr als einem Jahrhundert die schwierigen Führungspflichten übernehmen musste. Jora’h war der Nachfolger des Weisen Imperators Cyroc’h und ihm würde Thor’h folgen. Doch bis dahin dauerte es noch viele Jahre und niemand erwartete von Thor’h, dass er schon jetzt Verantwortung übernahm. Wenn es so weit war, konnte er durchs Thism auf die genetisch gespeicherten Informationen zugreifen und auf diese Weise alles erfahren, was er wissen musste. Derzeit schien er sich an der Gesellschaft seines Onkels zu erfreuen, des sanften und gemütlichen Hyrillka-Designierten. Jora’h sah ihm schon seit Jahren seinen Müßiggang nach.
Jora’h blätterte in virtuellen Katalogen, wählte Geschenke für seine Kinder aus und dachte dann an seine Halbbrüder, denen er nicht sehr nahe stand. Die anderen Designierten herrschten über ganze Planeten, hatten aber keine Freiheit.
Wehmütig erinnerte sich Jora’h an eine Geschichte aus der Saga der Sieben Sonnen. Darin ging es um einen Weisen Imperator, dessen erster Adelsnachwuchs aus Zwillingen bestand. Das führte zu einer grässlichen dynastischen Auseinandersetzung, denn jeder der beiden Zwillinge nahm den Status des Erstdesignierten für sich Anspruch. Beide jungen Männer wollten Herrscher werden, als der Weise Imperator starb. Zum Schluss vereinte man ihre Selbstsphären zu einem gemeinsamen Bewusstsein in zwei
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