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Das Implantat: Roman (German Edition)

Das Implantat: Roman (German Edition)

Titel: Das Implantat: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel H. Wilson
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Hals und drücke damit den ansteigenden, panischen Puls seiner Schlagader ab. Sein Hinterkopf wird gegen meine Wange gedrückt, und ich kann deutlich den Schweiß in seinen Haaren wahrnehmen. Auch sein Shampoo rieche ich und konzentriere mich mit aller Kraft darauf, meinen Arm zu stoppen. Doch es ist, als wollte ich den Blick auf etwas richten, das sich zu nah vor meinen Augen befindet: Er lässt sich nicht scharf stellen. Ich schaffe es einfach nicht, mich aus dem Loch zu ziehen, das sich in meinem Geist geöffnet hat. Mit zusammengebissenen Zähnen schreie ich mich selbst und meinen unnachgiebigen Arm an.
    Der Soldat erschlafft wie eine Marionette, deren Schnüre durchtrennt wurden. Tief aus seiner Kehle dringt ein leises Stöhnen. Seine Miene wirkt fast heiter und entspannt, und ich weiß, dass er kurz davor ist, zu sterben. Jede weitere Zehntelsekunde ohne Sauerstoff bringt ihn dem Tod näher. Das Wissen um seine verzweifelte Lage lässt neues Adrenalin in mein Blut schießen. Mein Arm beginnt zu zittern. Mit einem erschöpften Grunzen bringe ich ihn dazu, sich endlich zu öffnen. Erst nur ein bisschen, dann etwas mehr.
    Schließlich ist der Bann gebrochen, und der Zenith schaltet sich aus.
    Ich lege den Soldaten sanft auf den Boden und ziehe ihn in den Schatten des Schuppens. Er ist unbewaffnet. Hat nur einen Schlagstock und ein Funkgerät bei sich. Die bunten Farben um mich herum verblassen nun vollständig, und die geistigen Vorlagen für Tod und Zerstörung ziehen sich in die Erde zurück.
    Ich beuge mich über den Soldaten und fühle seinen Puls. Er geht langsam, ist aber vorhanden. Vermutlich wird der Mann in etwa zwanzig Minuten aufwachen und sich verwirrt umschauen. Und dann wird die Sicherheitszone in kürzester Zeit abgeriegelt.
    Ich richte mich auf und gehe weiter.
    In einer halben Stunde werden sie auf der Suche nach mir das gesamte Lager auf den Kopf stellen. Aber für den Moment bin ich noch ein Gefangener. Ein ganz normaler Amp wie jeder andere hier.
     
    Ich laufe zügig durch die Lagerhalle und bemühe mich, keine Aufmerksamkeit zu erregen.
    Hoch über mir wölbt sich das Dach der Halle, halb verschleiert vom Dunst der Campingkocher. Auf dem Boden haben überall Menschen ihre Lager aufgeschlagen, schlafen in Zelten, hastig gezimmerten Hütten oder wackligen Kartonbehausungen. Andere kochen oder sitzen auf Gartenstühlen und lesen. Die Erwachsenen wirken zu Tode gelangweilt. Die Kinder sind in ständiger Bewegung.
    Die meisten Insassen sind Amps, jedoch nicht alle. Oft trägt auch nur ein Familienmitglied ein Implantat, und die anderen sind ihm in die Sicherheitszone gefolgt. Männer, die ihre Frauen nicht allein lassen wollen, und umgekehrt. Mütter und Väter, die durch die kleinsten und verletzlichsten Teile ihrer Familien in diese Situation gebracht wurden.
    Ich betrete ein Labyrinth aus Vorhängen und an Schnüren aufgezogenen Planen. Doch wenn ich sie beiseiteschiebe, blicken mir fremde Gesichter entgegen. Fünfzehn Minuten sind bereits vergangen. Das Einzige, was für mich einer Familie nahekommt, befindet sich hier. Wenn ich die zwei nicht finde, bevor Vaughn es tut, weiß ich nicht, was passieren wird.
    Und plötzlich höre ich ein vertrautes Kichern.
    Schnell laufe ich zwischen den Feldbetten entlang und schlage eine alte, als Raumteiler dienende Armeedecke zurück. Dahinter sitzen die beiden Menschen, die ich am liebsten auf der Welt habe, in Schlafanzügen auf einem Feldbett und spielen Karten.
    Nick und Lucy.
    Kaum hat Nick mich mit seinen kleinen Schweinsäuglein entdeckt, springt er aufgeregt vom Bett. Schlingt die Arme um meinen Nacken und drückt mich, so fest er kann. Da Nick mit einem Mal als Gegengewicht fehlt, kippt Lucy mit dem Feldbett nach hinten. Ihre Karten fliegen durch die Luft wie Konfetti. Mit Nick im Arm stürze ich nach vorne und kann Lucy gerade noch so an der Hüfte packen. Wir landen alle zusammen auf einer Decke, unter der wir wie zur Erinnerung den harten Zementboden spüren.
    Wie ausgehungert bedecke ich Lucys Gesicht mit zarten Küssen.
    Nick äfft die Küsse nach, und ich benutze meinen freien Arm, um ihn wegzuschieben. Zwischen den Küssen versuche ich, alles zu erklären. Jede Sekunde könnte die Lagerhalle von Pure-Pride-Aktivisten gestürmt werden. Mir bleiben vielleicht zehn Minuten, um uns alle von hier fortzubringen. Bevor die Militärpolizei in die Halle einmarschiert, um jedes Bett nach dem Eindringling zu durchsuchen.
    Lucy ergreift meine Arme und

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