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Das Implantat: Roman (German Edition)

Das Implantat: Roman (German Edition)

Titel: Das Implantat: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel H. Wilson
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Oberkörper ab.
    Es ist der Drahtmann. Die alptraumhafte Schreckensgestalt, die mich in Detroit fast umgebracht hätte.
    Die Leute weichen vor dem sich mit wankendem Gang nähernden menschlichen Ding zurück. Ich sehe, wie ein Vater ohne zu zögern seinen Platz in der Schlange aufgibt, um seine zwei Kinder fortzuziehen.
    Perry packt mich am Arm und versucht ebenfalls, mich fortzuzerren. »Lass uns aufbrechen«, flüstert er. »Das ist Mr. Cordwainer, und mit dem ist nicht gut Kirschen essen, Sir. Dieser Tatsache solltest du besser vollen Glauben schenken.«
    Der Drahtmann dreht den Kopf in unsere Richtung. Ein rosafarbener Streifen läuft quer über seine Stirn, eine nur langsam heilende Schnittwunde. Ich blicke ihm in die Augen, und er erkennt mich sofort wieder. Perry stöhnt leise und bleibt stehen.
    »Jetzt ist es zu spät«, murmelt er, während das Monstrum auf uns zuwankt. »Cordwainer ist schneller als eine Springspinne. Und wenn er einen erst verfolgt, wird alles nur noch schlimmer. Er steckt voller Zorn. Es heißt, er hat sich auf einem Skateboard fortbewegt, bevor Uncle Sam ihm neue Beine geschenkt hat. Aber das hat ihm nicht genügt, diesem merkwürdigen Menschen. Also hat er sich auch die Arme amputieren lassen.«
    Der Drahtmann hält vor uns inne und verdreht seinen Körper, um mir sein ausgemergeltes Rosinengesicht zuzuwenden. »Guten Tag, Nummer dreizehn«, lispelt er mit seinem zahnlosen Mund. »Habe mir schon gedacht, dass du irgendwann hier auftauchst. Hab auf dich gewartet.«
    »Cordwainer?«, frage ich.
    Der Drahtmann sieht zu Perry hinüber. »Ja, so lautet mein Name«, erwidert er. »Wie ich sehe, hast du da eine interessante Bekanntschaft gemacht.«
    »Ich, ähm, führe ihn als eine Art Anhang mit«, stammelt Perry. »Gebe meinem Gefährten und seinen persönlichen Details sicheres Geleit durch die dunklen Wälder …«
    »Ich wusste das mit Lyle nicht«, falle ich Perry ins Wort und versuche dabei, mich ganz auf Cordwainers Gesicht zu konzentrieren und den schrecklichen Rest von ihm zu ignorieren. »Mir war nicht klar, was vor sich ging …«
    Cordwainers Blick jedoch ist starr auf Perry gerichtet.
    »Was hast du da in der Tasche, Perry?«, fragt er.
    Perry zieht seinen Mantel enger zusammen.
    »Wenn ich in der Lage dazu gewesen wäre, hätte ich Valentine gerettet«, füge ich hinzu.
    Ich sehe mich verstohlen nach den Soldaten um, doch sie beachten uns nicht.
    »Leer deine Taschen aus«, fordert Cordwainer Perry auf.
    Perry sieht ihn mit weit aufgerissenen, erschrockenen Augen an.
    »Du willst nicht?«, fragt Cordwainer. Dann lässt der Drahtmann blitzschnell einen seiner Spinnenarme vorschnellen und ergreift den Obdachlosen. Mit dem anderen Arm schlägt er seinem Opfer dreimal rasch hintereinander ins Gesicht, bis Perrys Wangenknochen ein Geräusch von sich gibt, als würde man eine Selleriestange durchbrechen. Cordwainer rammt seine Klauen in Perrys Taschen und reißt die Papiere heraus, die sich darin verbergen. Anschließend lässt er den jammernden Obdachlosen auf den Betonboden fallen.
    Perry beginnt, davonzukriechen.
    Reaktionszeit. Wird als die Zeitspanne definiert, die zwischen einem Reiz und der Reaktion auf diesen Reiz vergeht. Ich habe Perrys Lineal schneller gefangen, als eine Schlange sich beim Zubeißen bewegt. Das war schnell. Doch was jetzt folgt, ist schneller.
    Ich balle die Linke zur Faust und lege mein ganzes Gewicht in einen kurzen linken Haken. Cordwainer ist bereits dabei, nach hinten auszuweichen, doch der Schlag trifft ihn genau in den Solarplexus, wo ein ganzes Bündel von Drähten in seinen Körper führt, um sich knapp unter der Haut mit den motorischen Nerven seiner Bauchmuskeln zu verbinden.
    Cordwainers Beine knicken ein, als hätte jemand einen Schalter umgelegt. Er fällt nach vorne und schlingt dabei seine dünnen Arme um mich. »Hör auf«, zischt er, während er mit insektenartig zuckenden Beinen an mir hängt. »Hör auf und sieh dir die Papiere an.«
    Neben meinen Füßen liegt ein zerknittertes Blatt, das sich leicht im sanften Luftzug wiegt, der von den über die Brücke fahrenden Autos zu uns herunterweht. Eine Schwarz-Weiß-Version meines eigenen Gesichts starrt mich von dem Blatt an, grobkörnig und unscharf, eine schlechte Fotokopie.
    Wenn Sie diesen Mann sehen …
steht auf dem Blatt.
    Ich helfe Cordwainer wieder auf die Füße.
    »Du bist schneller als beim letzten Mal«, meint er.
    Mehrere Leute sehen zu uns herüber und schütteln tadelnd

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