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Das Implantat: Roman (German Edition)

Das Implantat: Roman (German Edition)

Titel: Das Implantat: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel H. Wilson
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gleichen Schutz durch das Gesetz versagen.
     
     
     
    [HISTORISCHES DOKUMENT]

24
    Simulationen
    A uf Level fünf herrscht in der Stille ständige Bewegung. Besonders in der Stille. In den ruhigen Momenten, bevor man handelt, bekommt man unzählige Möglichkeiten geboten.
    Ich erwische Vaughn vor dem Hauptquartier des PHCC , das sich in der Nähe der Universität von Pittsburgh befindet. Mein altes Viertel. An jeder Hauswand und jedem Telefonmast klebt die Ankündigung der Rede, die Vaughn heute Nachmittag halten wird. Von einem Taxi aus beobachte ich den Eingang des Gebäudes, bis der Senator endlich herauskommt. Vier Männer in grauen Anzügen geleiten ihn zu einem schwarzen Geländewagen.
    Ich krame ein paar Scheine aus meinem Rucksack und gebe sie dem Taxifahrer. Als er sich zu mir umdreht, wende ich instinktiv den Kopf zur Seite, damit er meine Buchse nicht sieht. Wir reihen uns in den Verkehr ein und folgen Vaughn ein paar Meilen durch die Stadt. Schließlich fährt der Wagen an die Seite.
    Die Männer in den grauen Anzügen lassen Vaughn vor dem Eingang zum Allegheny-Friedhof aussteigen. Die braune Sandsteinfassade des Eingangsbereichs wurde im neunzehnten Jahrhundert erbaut und ähnelt mit ihren Zinnen einer Burgmauer. Hinter dem Eingang liegen sanfte Hügel und von hohen Bäumen beschattete Wege, die an unzähligen Grabsteinen und alten Stelen vorbeiführen.
    Senator Vaughn betritt den Friedhof allein.
    Ich zahle für den Rest der Fahrt und spaziere ein Stück die Straße hinauf. Nach ungefähr zweihundert Metern klettere ich über die Friedhofsmauer. Danach laufe ich in die Richtung, in der Vaughn sich ungefähr aufhalten müsste.
    Ich habe nachgedacht. Wenn Lyle die Waffe gewesen ist, dann war Vaughn derjenige, der den Abzug gedrückt hat. Selbst wenn Lyle nicht mehr wäre, würde Vaughn weitermachen. Er würde sich einfach jemand anders suchen, den er für seine Zwecke benutzen kann. Es gibt nur einen Weg, ihn aufzuhalten.
    Drei, zwei, eins, null.
Einmal mehr lasse ich mich auf Level fünf ein.
    Während ich zwischen den Bäumen hindurchlaufe, werden verschiedene Angriffssimulationen vor mir abgespielt. Ich kann nichts dagegen tun. Mein Zenith hat sich in mein Netzhautimplantat eingeklinkt. Die beiden konspirieren und werfen leuchtende blaue Linien vor mir in die Landschaft. Die Linien überkreuzen sich, winden sich die gepflasterten Wege hinab und zeigen mir die besten Annäherungsrouten.
Wenn die Zielperson dort entlangkommt, dann tue Folgendes. Nimmt er den anderen Weg, dann mach das hier.
    Eine gewisse Auswahl bleibt mir überlassen, sicher, doch das Ergebnis ist immer dasselbe: töten, töten, töten.
    Die Bäume werfen fleckige Schatten auf Vaughns Anzug, während er in etwa hundert Metern Entfernung einen Hügel überquert. Man kann es sich kaum vorstellen, aber dieser Mann hat praktisch im Alleingang eine nationale Krise ausgelöst. Hat dafür gesorgt, dass das ganze Land Angst vor Amps bekommt. Hat diese Angst genutzt, um die neue Technologie verbieten zu lassen und all jene aus der Gesellschaft auszuschließen, die sie in sich tragen.
    Ich schließe die Augen, doch die blauen Linien sind weiterhin da – bilden sanft geschwungene Gaußsche Kurven, die sich über das blasse Abbild des Weges legen, den ich zuletzt betrachtet habe. Die künstliche, aus meinem Gedächtnis geborgte Szenerie wird auf die Innenseite meiner Lider projiziert und bewegt sich sogar mit, wenn ich den Kopf drehe.
    Ja, Innenohr, Netzhaut, Autofokus: Alles ist wirklich gut miteinander vernetzt.
    Mann, ich habe ’ne ganze Menge Plastik im Kopf. Mein Schädel ähnelt einem Hightech-Schrottplatz, auf dem alle ausgemusterten Geräte miteinander kommunizieren und zusammenarbeiten. Hunderte Subprozesse, die parallel ablaufen, um zu berechnen, was gerade passiert, schon passiert ist oder noch passieren wird.
    Meine Zielperson bleibt in Bewegung: Senator Joseph Vaughn. Eins fünfundachtzig groß. Vierundvierzig Jahre alt. Grau melierte Schläfen. Die Augen einer Schlange. Durch und durch Mensch und verdammt stolz darauf.
    In ein paar Stunden wird Vaughn seine Rede halten. Er wird sich auf den prunkvollen schmiedeeisernen Balkon des schlossartigen Universitätsgebäudes stellen. Mit seiner schwarzen Nickelbrille, seinen strahlend weißen Zähnen und seiner goldenen Anstecknadel in Form einer amerikanischen Flagge am Revers wird er vor die Kameras treten.
    Wenn er spricht, wird er mich mit seinen Worten beerdigen. Sobald er meine

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