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früher.«
»Unsinn, das kann man ihm nicht gesagt haben. Das Lager war erledigt, sonst wäre er nie Unteroffizier geworden. Hat er Ihnen gesagt, welchen Grund man hätte haben können, ihm mit solchem Druck zu kommen?«
»Ja«, sagte Hilde Groth, »sie haben einen Grund gehabt. Es hätte sonst nicht zu ihren Berichten gestimmt. Als mein Mann ins Lazarett gekommen war, hat es in dem Dorf Vergeltungsmaßnahmen gegeben. Es sind welche erschossen worden, und welche sind verschickt worden, zur Arbeit. Aber das hat mein Mann erst gestern durch die Urkunde für das Abzeichen erfahren.«
»Na, liebe Frau«, sagte der Rat und stand auf, »Sie sind wohl doch etwas mitgenommen von der Geschichte und bringen einiges durcheinander. In der Urkunde steht nämlich kein Wort von dem, was Sie da erzählen.« Er nahm das Papier vom Tisch und hielt es ihr unter die Augen.
»Das weiß ich«, sagte sie, »aber mein Mann hat es mir erzählt: Sie haben gesagt, es gibt zwei Möglichkeiten: Entweder er hat es selber getan, dann kommt es vor ein Kriegsgericht, oder französische Banditen haben es getan, dann ist es eine Verwundung, und er kriegt eine Rente und das Abzeichen. Aber als sie ihm das bei der Untersuchung im Lazarett gesagt haben, muß es schon alles vorbei gewesen sein; das hat er erst gestern begriffen. Er hat gesagt, sein Kommandeur hat schon vorher alles mögliche über Banditen nach oben gemeldet, worüber sie immer gelacht haben, weil es bei ihnen keine Banditen gab, und sie haben gesagt, der Kommandant hat Halsschmerzen, und er hat sich das Ritterkreuz auf den Hals legen lassen wollen, zum Kühlen.«
Der Assistent schlug auf den Tisch. »Das ist doch blanke Greuelpropaganda, was Sie hier treiben!«
»Ich treibe gar nichts«, sagte Hilde Groth. »Sie haben mich gefragt, was mein Mann gesagt hat, und das hat er gesagt.«
»Ja, Frau Groth«, sagte der Rat, »das ist schon richtig, aber ich warne Sie auch: Erzählen Sie niemandem diesen Unsinn weiter, das bringt Sie ins Zuchthaus!«
»Mindestens«, fügte der Assistent hinzu, und sein Chef nickte. »Nun wollen wir mal sehen, was wir jetzt haben«, sagte er, »also, Frau Groth, Ihr Mann hatte gestern die, nun, die Vorstellung, mit der Verleihung des goldenen Verwundetenabzeichens habe es eine … eine nicht ganz geheure Bewandtnis. Er behauptete Ihnen gegenüber, man habe ihm die hohe Auszeichnung schon früher angetragen, vorausgesetzt, er bezeugte, daß er das Opfer eines Partisanenanschlags geworden sei, und er behauptete weiter, in Wahrheit habe es in seinem Gebiet da in Frankreich keine Partisanen gegeben, und einschlägige Berichte seien von seinem Kommandeur,nun, also ein wenig aus der Luft gegriffen gewesen. Wenn das aber so lange her ist, dann begreife ich nicht ganz, wieso er dann gestern da in den Wald geht und …«
»Aber doch, Herr Rat«, sagte Hilde Groth, »er hat doch in der Zwischenzeit immer geglaubt, es wäre alles erledigt. Im Lazarett haben sie auch manches geflüstert, aber er hat es nicht geglaubt, bis dann das goldene Ding kam. Das war doch ein Zeichen, daß es nun doch so gekommen ist, wie der Kommandant es gewollt hat, und da hat er, mein Mann, gesehen, daß er schuld war, als man die Franzosen und seine Bauern, bei denen er gewohnt hat, umgebracht hat. Und das hat er wohl nicht ausgehalten.«
»Was denn nun?« schrie der Assistent. »Ich bitte um Entschuldigung, Herr Rat, aber zuerst erzählt uns diese Frau, ihr Mann hat sich wegen seiner kaputten Innereien umgebracht, und nun müssen wir uns anhören, daß ihm das Herz gebrochen ist. Da bin ich gespannt, wie der Galgen in diese Geschichte paßt.«
»Ja, Frau Groth, die Sache mit dem Tatort, können Sie uns die auch erklären?«
»Was kann ich schon erklären? Ich kann nur sagen, was gewesen ist. Mein Mann hat gesagt, daß man niemanden aufhängen darf, weil er etwas mit einem Mädchen hatte. Aber das war noch, bevor er das Abzeichen gekriegt hat. Als sie hier den Polen aufgehängt haben, hat er noch nicht gewußt, daß so etwas auch in Frankreich gewesen ist, und zwar seinetwegen.«
»Frau Groth«, sagte der Rat, »da bringen Sie schon wieder etwas durcheinander. Die Franzosen, von denen Ihr Mann seine eigenen Vorstellungen gehabt hat, und der Pole hier haben nichts miteinander zu tun, und demnach hatte Ihr Mann überhaupt nichts mit dem Polen zu tun, und so muß es doch wie blanker Wahnwitz wirken, daß er sich ausgerechnet unter dem Galgen, Sie wissen schon.«
»Das ist doch nun
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