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Das Impressum

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Titel: Das Impressum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hermann Kant
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Drüsen und Muskeln, und dann gab es ein stundenlanges Gewürge. Sie müssen wissen, daß er nicht einmal seinen eigenen Speichel schlucken konnte. – Für einen Menschen, der beim Essen nur denkt: Hauptsache satt!, ist es vielleicht nicht so schlimm, wenn man ihn durch einen Schlauch mit Schleimsuppe vollkippt, aber mein Mann hatte soviel Spaß am Essen. Er hat sich verkrochen, wenn wir gegessen haben, aber vor dem Geruch aus der Küche konnte er sich nicht immer verstecken, und schon der Geruch machte ihn manchmal würgen.«
    Der Rat gab seinem schreibenden Assistenten ein Zeichen. »Soweit ist der Vorgang eindeutig: Ständige körperliche und seelische Schmerzen, da hat der Mann schließlich versagt. Aber warum nun gerade gestern. Immerhin ist er gestern sehr hoch ausgezeichnet worden. Schließlich wird das goldene Verwundetenabzeichen in der Regel nur für wiederholte, im Kampf zugezogene Kriegsverletzungen verliehen; Ihr Mann hat es aber für dies eine Mal gekriegt, und das war, wie aus dem Begleitschreiben hervorgeht, eindeutig als Auszeichnung gemeint. Da geht man doch nicht hin und bläst sich den Brägen aus dem … Haben Sie eine Erklärung, Frau Groth?«
    »Die hab ich, aber ich weiß nicht, ob ich es Ihnen erzählen soll.«
    »Was heißt: soll, Sie müssen, liebe Frau, hier findet eine Untersuchung statt!«
    »Da hat auch eine Untersuchung stattgefunden, da bei meinem Mann in Frankreich, aber sie haben ihm trotzdem dieses goldene Abzeichen geschickt.«
    »Was heißt: trotzdem?«
    »Mein Mann hat bei der Untersuchung gesagt, daß alles seine eigene Schuld war, ein Versehen, für das keiner was konnte, auf keinen Fall aber die Bauern, bei denen er in Quartier war.«
    »Das waren doch französische Bauern«, sagte der Assistent.
    »Aber Bauern«, sagte Hilde Groth, »mein Mann hat schon in seinem ersten Brief geschrieben, die waren nicht so viel anders als unsere hier. Er konnte die Sprache nicht, und die konnten nicht Deutsch, aber sie sind über ein Jahr gut zurechtgekommen, und warum hätten sie ihm die Lauge hinstellen sollen?«
    »Weil es französische Bauern waren und weil sie mit den Partisanen zusammengearbeitet haben, deshalb, Volksgenossin Groth, haben sie dem deutschen Unteroffizier die Weinflasche mit Natronlauge gefüllt; darüber sind wir bestens informiert, und was meinen Sie, was dieses Gesindel im Osten alles mit uns versucht hat!«
    Der Kriminalrat stoppte seinen Assistenten mit einer Handbewegung. »Gut, Kramp, wir wollen hier aber mal rausfinden, was der Mann, der Groth, in seinem Kopp gehabt hat, als er gestern … Weiter, Frau Groth, was haben Sie gegen die Untersuchung, die von den Heeresstellen geführt worden ist?«
    »Ich weiß nur, was mein Mann darüber gesagt hat.«
    »Gut, was hat Ihr Mann darüber gesagt?«
    »Er hat erst ein paar Tage im Lazarett gelegen, in Brest, glaube ich. Er sagte, es hat sehr lange gedauert, bis er begriffen hat, was passiert war. Nicht wie es passiert war, das wußte er, aber was – daß er sich nämlich das da drinnen alles kaputt gemacht hatte und daß es mit Salben und Pillen nichtmehr zu heilen war. Wie es passiert ist, darüber hat er nicht nachgedacht, bis die Untersuchung angefangen hat. Zuerst, als sie so merkwürdig gefragt haben, dachte er, es ist wegen Selbstverstümmelung …«
    Der Kriminalrat wackelte jetzt deutlich absichtlich mit dem Kopf. »Blühender Blödsinn. Dazu schluckt man nicht so ein Zeug. Die Brüder schießen sich durch ein Kommißbrot ins Bein, die Penner, und denken immer, wir merken es nicht.«
    Der Assistent sagte: »Bei uns im Osten hat sich allerdings mal einer die« – er flüsterte seinem Chef das Wort ins Ohr – »abgeschossen, und zu allem Überfluß war er noch aus Castrop-Rauxel!« Er wartete, bis sein Chef den Witz begriffen hatte, und dann lachten sie beide herzlich, und zwischendurch rief der Assistent: »Als wir mit ihm fertig waren, hat er die Dinger auch nicht mehr gebraucht!«
    »Nun mal wieder zurück zu dieser Sache hier«, sagte der Kriminalrat. »Das mit der Selbstverstümmelung war also bald erledigt, und dann, was hat Ihr Mann dann gedacht, ich meine, was hatte er dann gegen die Untersuchung?«
    »Nein«, sagte Hilde Groth, »ganz erledigt war es wegen der Verstümmelung nicht. Später hat man ihm gesagt, wenn er nicht bestätigt, daß es die Bauern mit Absicht getan haben, kann man auch untersuchen, ob er sich nicht hat vom Wehrdienst drücken wollen, weil er ja auch im Lager gewesen ist,

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