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Das Impressum

Das Impressum

Titel: Das Impressum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hermann Kant
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intelligenten Gesicht des Käufergehilfen, und wenigstens zu denken hätte es ihr geben sollen, daß der Bursche, wenn er nun schon einmal etwas sagte, nur unbeholfen nörgelte, hier etwas Braunes in einem Lauf meldete und da ein kaputtes Ding, als stünden ihm selbst so primitive Bezeichnungen wie Rost oder Abzugsfeder nicht zur Verfügung.
    Aber sie hatte es eilig, und auch der Meister hatte es eilig, als erst einmal der Wagen beladen war, und Davids Lohn für unterdrücktes Wissen war ein Fünfzigmarkschein, und das merkte er sich.
    Der Tod des Bierbrauers machte viele glücklich. Zumindest ließ es Treder keinem der uniformierten Käufer gegenüber, denen er Stücke der so günstig erworbenen Sammlung zukommen ließ, an der Aufforderung fehlen, sie möchten sich der Neuerwerbung wegen glücklich preisen, ihr Glück sei ihm der schönste Dank, und er brauchte ihnen schon nicht mehr zu sagen, daß er über diesen Lohn hinaus kleine Zugaben aus den gemeinhin unzugänglichen Schatzkammern einer in die Welt verzweigten Armee zu schätzen wisse.
    In Ratzeburg hatte David, und nicht erst im Kriege, gelernt, selbst mit Brot und Margarine sparsam umzugehen; hier nun, beim Büchsenmachermeister Treder in Lichtenberg, machte er Bekanntschaft mit der Fülle. Das heißt, er nahm teil an ihr, er kam in ihren Genuß, und was er dafür als Leistung aufbringen mußte, war nur eine andere Art von Genuß. Denn wenn ihm der Meister seine Rolle beim Einkauf auf die eines blöden Nörglers reduziert hatte, so wies er ihm beim Verkauf den Part eines ebenso kundigen wie begeisterten Ballistomanen zu, der bei jedem Stück technischund historisch präzis begründeten Lobpreis von sich gab und nur dann entsetzt verstummte, wenn er begriff, was er bis dahin nicht bemerkt zu haben schien: daß sein Chef und Meister willens war, die so gefeierte Rarität zu veräußern.
    Die theatralische Leistung von Lehrherr und Lehrling war beachtlich, und später erwies es sich sogar, daß eine dieser künstlerischen Darbietungen womöglich der Grund dafür gewesen war, daß David länger am Leben blieb als viele seiner Jahrgangsgenossen. Denn es kam dieser Fliegergeneral und wollte eine möglichst alte Flinte. So drückte er sich aus: »Wie ist es, Treder, ich brauche eine möglichst alte Flinte.«
    »Jawohl, Herr General, was zum Hinhängen oder was zum Schießen?«
    »Beides, Mensch, ein Ding, das die Wand putzt, aber im Einsatz auch mal ’ne Sau umhaut, und möglichst wat von den alten Germanen!«
    »Ja, wissen Sie, Herr General, bei den Germanen, da hatten wir ja leider das Pulver noch nicht erfunden.«
    »Aber heute, was, heute, wollen Sie doch sagen, heute haben wir das Pulver erfunden, Treder, alter Iltis, ich verstehe die Anspielung, aber nur abgewartet, die Lufthoheit, die holen wir uns wieder. Nun los, zeigen Sie mal so ein Donnerrohr, der Chef macht eine historische Jagd, verkleiden muß ick mir ooch noch, aber vor allem brauche ich eine antike Knallbüchse.«
    Der Meister rief nach Daffi – den Namen hatte er David angehängt, weil ihn der andere zuviel Erklärungen gekostet hätte –, und David schleppte in wohlbedachter Reihenfolge altes Schießzeug heran, aber vor den Arkebusen und Hakenbüchsen schien es dem General doch zu grauen.
    »Ich will keine Posaune, Mensch, ich will ein Gewehr, und was soll denn nu das Katapult?«
    »Das ist eine Stützgabel«, sagte David, »diese Waffe wiegt ihre vierzig Pfund. Wenn Sie Pulver aufschütten, haben Sie nur eine Hand frei, und damit könnten, glaub ich, selbst Sie diese Kanone nicht halten, Herr General.«
    »Selbst ich nicht, was, alte Schmusbacke? Habt ihr nicht ’ne Idee was Moderneres, eins, wo man ohne die Heugabel mit hantieren kann?«
    »Ich weiß nicht, Meister«, sagte David, »soll ich dem Herrn General die Gustav-Adolf-Muskete zeigen?«
    Obwohl der Meister zum erstenmal etwas von einer Gustav-Adolf-Muskete in seinem Besitz hörte, nickte er und sagte, nur eine Spur zögernd: »Zeigen kannste sie, rein interesseshalber, so ein Stück sieht selbst ein General nicht alle Tage.«
    »Selbst ein General nicht, wat, olle Schmusköppe, her mit dem Apparat!«
    David ging mit dem Gewehr um, als wäre es aus Glas. »Das sollte man nicht denken, dreihundert Jahre alt, und so im Schuß! Das ist wörtlich zu nehmen, denn die schießt ja noch. Da kann der Keiler zweihundert Meter weg sein, dem gehen vierunddreißig Gramm Blei wie nichts durch die Rippen. Das ist eben Schwedenstahl, dagegen ist

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