Das Inferno Roman
hier rumspazierst, Em, hast du da keine Angst, dass dir mal der Falsche über den Weg läuft?«
»Meinen Sie einen Straßenräuber?«
»Oder was Schlimmeres.«
»Er meint einen Irren«, erklärte Mary. »Einen von den Typen, die sich Mädchen wie dich schnappen, sie vergewaltigen und dann in Stücke schneiden.«
»Hey!«, rief Clint. »Das ist nicht nötig.«
»Aber wollten Sie nicht darauf hinaus?«, fragte Mary. »Wenn Sie das Bedürfnis haben, sie zu warnen, dann warnen Sie sie und reden Sie nicht um den heißen Brei herum. Sagen Sie geradeheraus, wie es ist, erzählen Sie ihr von den Typen, die nichts lieber tun würden, als so ein süßes junges Ding anzugrapschen - und wie viel Glück sie hatte, dass sie von Ihnen aufgelesen wurde, einem Gentleman und Vater, um nicht zu sagen: einem Ritter der scheiß Tafelrunde.«
Clint sah Mary erstaunt an. »Was ist los?«
»Nichts. Gar nichts.«
Em blieb ganz ruhig. »Da vorne kommt Laurel Canyon. Sie müssen links abbiegen.« Sie tätschelte Marys Schulter. »Noch ein paar Minuten, dann bin ich weg. Dann werden Sie Clint wieder für sich haben, und alles ist wieder ganz wunderbar.«
10
Als er Sheilas Gas abgedreht hatte, war Stanley der Gasanschluss im Haus seiner Mutter eingefallen.
Jetzt war es sein Haus.
Wenn er sich nur schon um den Gasanschluss gekümmert hätte, bevor er nach Sheila suchte! Aber daran hatte er nicht gedacht . Dummkopf.
Er könnte alles verlieren.
Zwar war ein Großteil des Hauses eingestürzt, aber Stanley glaubte, eine Menge aus den Trümmern retten zu können. Wenn nicht vorher alles in die Luft flog.
Vom Rand der Ziegelsteinmauer sah sein Haus ganz gut aus.
Er grinste und schüttelte den Kopf. Wohl kaum ganz gut .
Eher nur noch ein halbes Haus. Und eine Garage gab es nicht mehr. Aber zumindest war keine Spur von Feuer zu sehen.
Statt zu springen, ließ er sich langsam die Mauer hinab. Unten drehte er sich seitwärts, um durch die Rosenbüsche zu schlüpfen. Ein Dorn zerkratzte seine blanke Brust, ein weiterer bohrte sich durch den dünnen Stoff seiner Schlafanzughose in seinen Hintern.
Ich muss die Scheiße abmähen, dachte er, als er zurück zum Haus trabte.
Die älteren Kratzer juckten wie Moskitostiche, die neueren brannten. Kaltes Wasser würde ihm sicher guttun.
Er konnte den Wasserhahn am hinteren Hausende sehen, keine Hindernisse versperrten den Zugang. Es schien, als wäre die hintere Wand direkt unter dem Dach weggehämmert worden, aber unterhalb des Hahns war der Weg frei. Der ganze Schutt musste ins Innere des Hauses gefallen sein.
Besser kümmerst du dich zuerst um das Gas, dachte er.
Wozu? Noch gibt es kein Feuer. Vielleicht nicht mal ein Gasleck.
Er eilte zum Wasserhahn. Der Gartenschlauch war noch angeschlossen. Er schraubte den Schlauch ab und ließ ihn zu Boden fallen, dann drehte er den Hahn auf. Statt des normalen Wasserschwalls kamen nur ein paar vereinzelte Tropfen.
Enttäuschung schnürte ihm die Kehle zu.
»Stan?«
Beinahe hätte er geschrien. Der Klang seines Namens bohrte sich wie ein eisiger Stachel in seinen Leib. Er zuckte zusammen, richtete sich auf und drehte sich in die Richtung, aus der er gerufen wurde.
Judy Wellman stand nur wenige Meter entfernt am Rand des Innenhofs.
Kein Grund zur Besorgnis, hoffte Stanley.
Judy wohnte nebenan mit ihrem Ehemann Herb. Sie schienen nette Leute zu sein. Zwar blieben sie meist unter sich, aber sie hatten immer ein nettes Wort für Stanley übrig.
Letzte Nacht hatte Stanley beobachtet, wie Herb einen Koffer zum Auto getragen hatte. Judy war gefahren und eine Stunde später ohne ihn zurückgekehrt.
Für Stanley war klar, dass sie ihn zum Flughafen von L. A. gebracht hatte.
Er war irgendwo hingeflogen, vielleicht eine Geschäftsreise.
Also war Herb nicht mehr im Weg.
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Judys Aussehen gefiel Stanley.
Natürlich war sie keine Sheila Banner. Niemand spielte in Sheilas Liga.
Trotzdem sah Judy ziemlich gut aus. Eigentlich sogar sehr gut. Kaum zu glauben, dass ihre beiden Zwillinge schon das College besuchten. In ihrem gebräunten Gesicht zeigten sich eine Menge Fältchen, wenn sie blinzelte oder lächelte, und ein paar Silberfäden zogen sich durch ihr kräftiges braunes Haar. Aber ihr Körper war durchtrainiert. Zwar hatte Stanley es nie darauf angelegt, ihr nachzuspionieren, aber da sie nebenan wohnte, hatte er sie oft zu sehen bekommen: wenn sie die Morgenzeitung holte, zum Auto ging, oder bei der Gartenarbeit. Letzte
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