Das Inferno Roman
»Wir bringen dich hin, wo du willst.«
Mit einem Nicken eilte sie zur hinteren Wagentür. Sie öffnete die Tür und warf ihre Büchertasche auf den Rücksitz, während Clint zur Fahrerseite zurückkehrte. Beide Türen fielen beinahe gleichzeitig ins Schloss.
Clint steckte den Zündschlüssel ein und sagte: »Ich heiße Clint Banner, und das ist Mary Davis.«
Mary drehte sich zu ihr um. »Wo willst du hin?«
»Nach Hause«, sagte sie. »Ich war gerade auf dem Weg.«
»Und wo soll das sein?«
Noch bevor sie antworten konnte, sagte Clint: »Zeig mir einfach, in welche Richtung wir müssen«, und ließ den Wagen an.
»Erst mal ein Stück geradeaus. Ich heiße übrigens Em, falls es Sie interessiert.«
»M?«, fragte Clint, »so wie der Boss von 007?«
»Witzig«, höhnte Mary.
»Nein, geschrieben E-m, die Kurzform von Emerald. Emerald O’Hara. Würden Sie mich bitte trotzdem Em nennen?«
»Wie alt bist du?«, fragte Clint.
»Dreizehn.«
»Ich habe eine Tochter, die nächsten Monat sechzehn wird.«
»Wohnen Sie hier in der Gegend?«
»Nee, in West L. A.«
»Dann werde ich sie nicht kennen. Was ist mit Ihnen, Mary? Haben Sie Kinder?«
»Ich bin nicht verheiratet.«
»Und haben Sie Kinder?«
»Soll das ein Scherz sein?«
»Ein Scherz? Nein. Meine Mom ist auch nicht verheiratet. Nie gewesen. Natürlich habe ich einen Vater, aber nur im biologischen Sinn, falls Sie wissen, was ich meine. Ich habe nicht die geringste Ahnung, wo er steckt. Mom erzählt es mir nicht. Er weiß ja noch nicht mal, dass er mein Vater ist. Das ist ein Ding, oder? Alles, was ich weiß, ist, dass er anno dazumal in ihrem Chaucer-Seminar an der UCLA saß. Dafür, dass er mein Vater sein soll, ist das nicht gerade viel, oder? Wissen Sie, Mom hält nicht viel von Männern. Sie war mit diesem Typ nur so lange zusammen, bis er sie geschwängert hatte, dann hat sie ihm den Laufpass gegeben.«
»Hört sich nach einer interessanten Frau an, deine Mutter«, meinte Clint.
»Die meisten Leute halten sie für eine Nervensäge. Und ich muss ihnen beipflichten. Nicht, dass ich sie nicht lieben würde oder so, das tue ich, aber meist ist es ziemlich schwer, mit ihr auszukommen.«
»Sehr nett, so über seine Mutter zu reden«, sagte Mary.
»Ich versuche immer möglichst ehrlich zu sein. Ich meine, wenn man sowieso lügt, warum sollte man dann überhaupt den Mund aufmachen?«
»Ist deine Mutter zu Hause?«, fragte Clint.
»Das hoffe ich.«
»Arbeitet sie denn nicht?«
»Nein. Aber das heißt nicht, dass wir arm sind oder so. Mom nennt das ihr Sabbatical. Aber in Wirklichkeit hat sie einen Riesengerichtsprozess wegen sexueller Belästigung an ihrem vorherigen Arbeitsplatz gewonnen. Das
gab einen Haufen Geld. Also bleibt sie zu Hause und schreibt an einem Buch. So was wie ein Handbuch für Frauen, die im Job belästigt werden.«
»Du bist also ziemlich sicher, dass sie zu Hause ist?«
»Klar. Ich hoffe nur, dass das Haus nicht zusammengekracht ist oder so. Nicht dass ich mir große Sorgen mache. Das Sylmar-Beben habe ich auch gut verkraftet. Nicht, dass ich damals in der Gegend gewohnt hätte. Nicht, dass ich irgendwo gewohnt hätte, wenn Sie wissen, was ich meine. Aber ich wette, das Haus hat dieses Beben ausgehalten. Es sind gar nicht so viele eingestürzt, haben Sie gesehen? Nur hier und da ein paar. Die sagen, das Valley sei ziemlich glimpflich davongekommen. Das Epizentrum soll irgendwo in der Nähe von Downtown liegen.«
»Du hast Nachrichten gehört?«, platzte es aus Clint heraus.
»Klar. Meistens bei dem Typen, mit dem ich ein Stück zusammen gelaufen bin. Er hatte ein Walkman-Radio, mit dem er die Ausstrahlungen des Katastrophenschutzes empfangen konnte. Sie sagen, es war eine 8,1, aber die San-Andreas-Spalte wurde nicht betroffen.«
Mary schien schockiert. »Du meinst, es war gar nicht der Große Knall?«
»Groß genug für meinen Geschmack«, meinte Clint. »Was haben Sie sonst noch im Radio gesagt, Em?«
»Na ja, ich weiß nur, was der Typ mir erzählt hat. Er meinte, der Strom wäre überall weg, und dass es eine Menge Brände gibt. Viele Gebäude sind eingestürzt, und ein ganzer Haufen Leute wurde getötet oder verletzt. Sie wissen noch nicht, wie viele. Es muss ein unglaubliches Chaos sein. Es gibt sogar Berichte von Krawallen und
Plünderungen. Cops und Feuerwehrleute haben große Schwierigkeiten, irgendwo hinzukommen, weil es auf den Straßen so schlimm aussieht. Aber auf dieser Seite soll es nicht annähernd so
Weitere Kostenlose Bücher