Das Inferno Roman
anscheinend an einem Nagel gehangen hatte.
Sie kam mit der Säge zurück.
Die Säge in ihrer Hand glänzte wie neu. Stanley bemerkte allerdings einige gelbe Sägespäne, die an ihren Zähnen klebten.
»Glauben Sie, die ist gut dafür?«, fragte sie.
»Bestimmt.«
Sie drückte ihm die Säge in die Hand. »Vielleicht sollten wir ihr etwas Wasser mitbringen. Es ist höllisch heiß.«
Wir?
»Gleich wieder da«, sagte sie und eilte zum Hintereingang ihres Hauses.
Und jetzt?, fragte sich Stanley.
Judy will mitkommen.
Die Tür fiel ins Schloss.
Warum habe ich meine große Fresse nicht gehalten?
Er musste stöhnen, als er sich Sheila ausgestreckt in der Wanne vorstellte.
Judy würde alles kaputt machen.
Nein, das wird sie nicht!
Die Tür ging auf und flog wieder zu. Stanley sah Judy die Treppenstufen heruntereilen und mit einem Plastikkanister in der Hand auf ihn zulaufen. Der Kanister war fast bis oben gefüllt. Er konnte das Wasser durch das mattierte Plastik sehen und es plätschern hören. »Wollen Sie was?«, fragte sie.
Er wollte sie loswerden.
Nein, ich will Ihr beschissenes Wasser nicht. Hauen Sie ab und lassen Sie mich in Ruhe.
Aber in seiner Vorstellung war das Wasser so kühl und erfrischend wie ein Gebirgsbach, der sich aus einem schmelzenden Gletscher speiste.
Er klemmte den Sägegriff zwischen seine Knie, nahm den angebotenen Kanister, drehte den Deckel ab und führte ihn zum Mund. Das Wasser gluckerte heraus, überflutete seine ausgedörrte Zunge und verbreitete sich in seinem Mund. Die Kälte verursachte einen stechenden Schmerz in seinen Zähnen. Mit vollen Wangen hielt er das Wasser in seinem Mund und verschloss den Kanister wieder. Schluck für Schluck ließ er das Wasser die Kehle hinunterrinnen, bis sein Mund leer war.
»Danke«, sagte er. »Das war genau richtig. Wollen Sie auch was?«
»Jetzt gerade nicht.«
Er holte tief Luft. »Ich habe nachgedacht, Judy. Vielleicht sollten Sie hierbleiben, und ich gehe rüber und kümmere mich um Mrs. Banner. Ihr ganzes Haus ist eingestürzt. Überall liegen Glassplitter und Nägel herum. Ich möchte nicht, dass Sie sich verletzen.«
»Ich werde vorsichtig sein. Schauen Sie sich doch nur mal an. Sie tragen Mokassins. Wenn es dort so schlimm ist …«
»Beim letzten Mal ging auch alles gut.«
»Ich würde Ihnen was besorgen, aber Sie haben viel größere Füße als Herb.«
»Egal. Das geht schon. Aber ich muss jetzt wirklich los.« Er nahm den Kanister in die linke Hand, dann bückte er sich und zog die Säge zwischen seinen Beinen hervor. »Ich bringe Ihnen das hier zurück, sobald ich sie befreit habe.«
Judy schüttelte den Kopf, als ob sie nicht verstehen wollte. »Ist schon in Ordnung. Ich komme mit Ihnen. Sorgen Sie sich nicht um mich. Wenn ich mich verletze, dann verletze ich mich halt. Es hat doch keinen Sinn, dass Sie versuchen, diese Frau ganz allein zu retten. Wissen Sie, ich bin ja nicht völlig unbrauchbar, vielleicht kann ich helfen. Und wenn nicht, kann ich Ihnen beiden immer noch Gesellschaft leisten - etwas moralische Unterstützung.«
»Ich weiß nicht … bleiben Sie einfach hier. Sie müssen hier bestimmt eine Menge erledigen. Aufräumen und …«
Ihr Blick ließ ihn verstummen. »Was ist eigentlich los, Stan?«
Sein Herz klopfte. Obwohl er gerade getrunken hatte, fühlte sich sein Mund plötzlich trocken an. »Nichts«, sagte er.
» Irgendwas geht hier vor.« Sie klang eher neugierig als argwöhnisch. »Warum wollen Sie nicht, dass ich mit Ihnen komme?«
Nachdenken. Nachdenken! NACHDENKEN!
»Weil … weil Sie mich nervös machen. So wie Sie mich ansehen.«
»Wie ich Sie ansehe? Wovon reden Sie überhaupt?«
»Das wissen Sie doch.«
»Ich weiß gar nichts.«
»Vergessen wir’s einfach, okay? Die Sache ist die, Sie sind eine attraktive Frau. Sehr attraktiv. Aber Sie sind verheiratet. Das mag Ihnen nicht viel bedeuten, aber …«
»Was?« Sie stieß einen einzelnen seltsamen Lacher aus.
»Es tut mir leid. Ich habe halt meinen Grundsatz, dass ich nichts mit verheirateten Frauen anfange.«
»Jetzt mal langsam.« Blinzelnd schüttelte sie den Kopf. Sie wirkte verblüfft. »Kommen Sie nicht auf falsche Gedanken. Sie scheinen ein netter Typ zu sein und so, Stan, aber wenn Sie nur für eine Minute denken, dass …«
»Sie starren mich an. Sie versuchen mich immer wieder in Ihr Haus zu locken, obwohl Ihr Ehemann nicht da ist. Was sollte ich sonst denken?«
»Sie sollen denken, dass wir gerade ein schweres
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