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Das Intercom-Komplott

Das Intercom-Komplott

Titel: Das Intercom-Komplott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Ambler
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Entscheidung getroffen wurde, diesen Plan in die Tat umzusetzen.
    Ich glaube nicht, daß dies eine Schutzbehauptung ist, und wahrscheinlich handelt es sich auch nicht um den Versuch, die letzte Verantwortung auf Brand abzuwälzen. In einem so diskreten Freundschaftsverhältnis wie dem ihren reifen Entscheidungen oft unbemerkt heran, ohne daß darüber ein Wort verloren werden müßte. Es ist durchaus möglich, daß der Entschluß zur Tat nie offen gefaßt wurde. Ihr Plan reichte bis weit in die Zukunft hinein und zwang – zumindest in seinem Anfangsstadium – keinen dazu, etwas Illegales oder Kompromittierendes zu unternehmen. Aber selbst ein stillschweigendes Einverständnis hätte sie bis zu einem Punkt führen können, von dem aus es keine Rückkehr mehr gab – oder von dem aus jede Umkehr unsinnig und lächerlich gewesen wäre.
    So kam es, daß der Augenblick, als ihr privates Spiel zur Verschwörung wurde, verstrich, ohne daß die Beteiligten etwas davon bemerkt hätten. Außerdem neigten beide nicht dazu, über sich selbst zu grübeln. Das einzige, worum sie sich kümmerten, war, daß sie in diesem Jahr in Rom ein neues Spiel gefunden hatten, das sicherlich unterhaltsamer und wahrscheinlich auch einträglicher sein würde als das alte.
     
    Als der Dampfer die Anlegestelle von Vevey verließ, ging Brand vom Salon auf das obere Deck.
    Jost saß in der Nähe der Reling. Brand schlenderte eine Weile auf und ab und setzte sich schließlich neben ihn.
    Eine Minute lang blickten sie schweigend auf den See. Jeder Beobachter hätte die beiden für respektable Geschäftsleute Ende Fünfzig halten können, und hätte er genau hingesehen, wäre ihm vielleicht aufgefallen, daß es sich zwar um Ausländer handelte, daß sie aber nicht aus demselben Land kamen. Niemand hätte sich etwas dabei gedacht, daß sie nach einer Weile nicht mehr schweigend auf das Wasser blickten, sondern ein Gespräch anknüpften. An einem kalten, windigen Tag wie diesem gibt es am Genfer See nicht viel, was das Auge erfreuen kann.
    »Haben Sie einen guten Vorwand für Ihren Aufenthalt in Evian?« Es war Jost, der das Schweigen gebrochen hatte.
    »Den besten, den man sich denken kann.« Brand starrte hinaus auf den schiefergrauen See. »Ich kenne in Evian einen Nierenspezialisten. Und leider hatte ich allen Grund, ihn zu konsultieren.«
    »Das tut mir leid. Hoffentlich konnte er Ihnen angenehme Dinge sagen.«
    »Angenehme zwar nicht, aber es scheint auch wieder nicht so schlimm zu sein, wie ich befürchtet hatte. Trotzdem müssen wir davon ausgehen, daß unsere Sache unter Zeitdruck gerät.«
    Jost sah ihm ins Gesicht.
    »In drei Monaten werde ich in Pension gehen müssen«, sagte Brand.
    »Aus Gesundheitsgründen?«
    »Ja.«
    »Das ist eine böse Nachricht.« Jost schlug seinen Kragen höher. »Mir ist unwohl, wenn ich jemandem mein Mitgefühl ausdrücken muß. Ihnen geht es wahrscheinlich nicht anders.«
    »Ja. Und ich wollte mich mit Ihnen auch nicht treffen, um über Wehwehchen zu sprechen. Es gibt interessantere Neuigkeiten. Das Glück scheint uns jetzt doch hold zu sein.«
    »Das Glück?«
    Brand steckte seine Hand in die Brusttasche seines Mantels. »Ich glaube, wir können nun darangehen, unser gemeinsames Vermögen zu aktivieren.«
    Seine Hand erschien wieder mit einem Stück Papier. Er gab es Jost.
    Es war ein Ausschnitt aus der Europa-Ausgabe eines amerikanischen Nachrichtenmagazins. Jost las:
     
    G ESTORBEN . Der amerikanische Brigadegeneral a. D. Luther B. Novak, 62, Vortragsreisender, Herausgeber des wöchentlich erscheinenden Nachrichtenblattes Intercom , Sprachrohr der millionenschweren ›Interform Foundation‹, erlag in Genf einem Herzanfall. Seiner vorzeitigen Pensionierung folgten Beschwerden der Army an Kongreßabgeordnete über seine Versuche, den US-Truppen in Deutschland seine eigenen politischen Meinungen aufzuzwingen, die so extrem waren, wie sich ein Gutachter im ›Novak-Hearing‹ ausdrückte, daß »gegen ihn die John Birch Society wie ein Kaffeekränzchen wirkte«. Seine spätere Karriere als Publizist, Polemiker und »Herr über ein weltumspannendes privates Spionagenetz« war durch eine Reihe weiterer Zusammenstöße mit den Behörden gekennzeichnet, vor allem mit dem Außenministerium und der CIA. Ein leitender CIA-Beamter sah sich vor einiger Zeit veranlaßt, das Wochenblatt dieses ewigen Störenfrieds Intercom als »allwöchentlich per Luftpost in alle Welt verbreiteten Migränebazillus« zu

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