Das Intercom-Komplott
bezeichnen.
Jost gab den Ausschnitt zurück. Seine Enttäuschung verbarg er hinter einem höflichen Nicken.
»Ich hatte gehört, daß Novak tot ist. Aber Intercom wird doch sicher von der Stiftung kontrolliert?«
»Das nahm ich zunächst auch an. Aber weil es sich dabei genau um das handelte, was wir schon immer suchten, und weil es für mich allmählich höchste Zeit wird, hielt ich es für angebracht, mich genauer um diese Sache zu kümmern. Und was ich dabei erfuhr, ist interessant genug. Die Foundation ist so eine Art Hobby dreier schwerreicher und ziemlich bornierter Männer, die sich einbilden, den Weltkommunismus zu bekämpfen. Sie finanzieren Dokumentarfilme, Funk- und Fernsehsendungen, die kostenlos zur Verfügung gestellt werden, und unlesbare, aber teuer aussehende Bücher und Pamphlete. Sie kommen für die Gehälter eines Instituts auf, in dem antikommunistische Forschung betrieben wird – ich weiß selbst nicht, was man sich darunter vorzustellen hat –, und sind an einer Public-Relations-Firma beteiligt. Als Organisator der Stiftung erhielt auch Novak ein Gehalt. Aber Intercom gehörte nicht ihr, sondern Novak. Er gründete das Blatt, als er pensioniert wurde, und zwar mit dem Geld, das seine Frau ihm hinterlassen hatte. Der größte Teil dieser Erbschaft ging mittlerweile drauf. Mehrere Jahre hindurch kam Intercom aus den roten Zahlen nicht heraus, und auch jetzt bringt die Sache noch nichts ein, trotz der großen Verbreitung des Blattes und trotz seiner Bekanntheit. Natürlich, er hatte seine Pension von der Army, aber ehe er diese Idioten von der Stiftung kennenlernte, verdiente er sich den größten Teil seines Lebensunterhalts durch Vortragsreisen.«
»Und wem gehört Intercom jetzt?«
Brand warf seinem Freund einen vielsagenden Blick zu. »Ich hoffe, uns.«
Jost holte tief Luft. »Sie müssen schon entschuldigen«, sagte er. »Aber das begreife ich nicht.«
»Das kann ich mir denken.« Brand lächelte. »Ich habe Sie nicht oft überrascht. Da kommt man in Versuchung, es einmal zu versuchen. Ich sagte: Ich hoffe , es gehört uns. Wenn alles gutgeht, in der nächsten Woche. Die Intercom Publishing Enterprises AG ist eine Schweizer, ins Zuger Handelsregister eingetragene Firma, die, wie es das Schweizer Recht vorschreibt, von einem Schweizer Staatsbürger geleitet wird. Dieser Mann ist ein Basler Rechtsanwalt. Novaks Aktienanteil – er besaß siebenundneunzig Prozent – ist nun ein Teil der Erbmasse. Und Erbin ist eine verheiratete Tochter, die im amerikanischen Baltimore lebt. Durch einen Mittelsmann habe ich ihr ein Kaufangebot über zehntausend Dollar zukommen lassen. Da die einzigen Aktivposten der Firma in einem Mietvertrag für ein Büro in Genf, einer Adressiermaschine, zwei Vervielfältigungsapparaten, zwei Schreibmaschinen und einer zu bezweifelnden Portion Goodwill bestehen, macht dieser Betrag etwa das Doppelte des tatsächlichen Werts der Aktien aus. Vor zwei Tagen erfuhr ich, daß Novaks Tochter wahrscheinlich bereit ist, mein Angebot anzunehmen. Bis das aber sicher ist, hat sich der Intercom- Anwalt bereit erklärt, dafür zu sorgen, daß die Gehälter weiterbezahlt und die nächsten Ausgaben erscheinen werden.«
»Hat Novaks Tod nicht alles durcheinander gebracht? Wer schreibt denn jetzt die Artikel?«
»Derselbe Mann, der sie auch schon während der letzten vier Jahre geschrieben hat. Ein gewisser Theodore Carter. Novak war niemals mehr als eine Galionsfigur. Er brauchte immer jemanden, der die Arbeit für ihn tat.«
»Aber wie steht es mit dem Nachrichtenmaterial? Woher kommt es? Dies und jenes mag ja pure Erfindung sein, aber sehr viel stimmt eben doch. Sogar Intercom muß seine Quellen haben. Und was ist mit dem ›privaten Spionagenetz‹, mit dem er immer so angab?«
Brand grinste. »Papierfabriken«, sagte er.
Jost verzog das Gesicht. ›Papierfabrik‹ hießen in der Sprache der Nachrichtendienstler jene unzähligen Gruppen, die in der politischen Kriegführung und der Propaganda ihre Aufgabe sahen und die internationalen Nachrichtenagenturen mit Falschmeldungen versorgten. Manche solcher Papierfabriken wurden durch Regierungsgelder finanziert, andere durch Emigranten-Organisationen oder Separatistenbewegungen; manche der undurchschaubareren und meist kleineren Büros – jene zum Beispiel, die sich auf die Fälschung von Dokumenten verlegt hatten – sollten ihren Besitzern Geld einbringen. Da aber die Meldungen der Papierfabriken genau beobachtet werden
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