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Das Intercom-Komplott

Das Intercom-Komplott

Titel: Das Intercom-Komplott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Ambler
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Ländern, die zu besuchen sie beabsichtigen, über Ziel und Anlaß ihrer Reise unterrichten. Da solche Touristen immer damit rechnen müssen, mehr oder weniger streng überwacht zu werden – im günstigsten Fall wohlwollend und zu ihrem eigenen Schutz, doch stets achtsam und inquisitorisch –, müssen die Gründe, die sie angeben, unbedingt überzeugend sein, ob sie nun zutreffen oder nicht.
    Oberst Brand, selbst Direktor eines staatlichen Nachrichtendienstes und mit der Überwindung solcher Probleme bestens vertraut, hatte seinem Freund für diese Gelegenheit einen wohldurchdachten Vorwand geliefert. Er war in dem Hinweis auf Mailand und den anschließenden Besuch bei seinem Patenkind enthalten.
    In Mailand fand in der Woche vor dem Zusammentreffen eine internationale Elektronik-Messe statt. Dort wurden neuentwickelte winzige Abhör- und Überwachungsgeräte und die neuesten Fernmeldeeinrichtungen ausgestellt. Brand hatte sehr zu Recht angenommen, daß Jost einen Mann seines technischen Stabes nach Mailand schicken würde, um sich über den letzten Stand der Entwicklung berichten zu lassen. Und ebenso richtig war seine Vermutung gewesen, daß es niemanden überraschen würde, wenn Jost selbst seinen Techniker nach Mailand begleitete. Das nämlich paßte zu ihm, dessen Interesse für den Fortschritt auf dem Gebiet der Elektronik nur zu bekannt war.
    Oberst Brand hingegen konnte nicht aus demselben Grund nach Mailand reisen; das hätte nicht seinem Charakter entsprochen. Darum mußte das Zusammentreffen auch an einem anderen Ort stattfinden.
    Beide achteten streng darauf, daß sie nicht nur chiffrierte Meldungen austauschten, sondern auch eine ganz gewöhnliche und vergleichsweise harmlose Korrespondenz aufrechterhielten. Jost, ein kinderloser Witwer, hatte in einem seiner letzten Briefe sein Bedauern darüber ausgedrückt, daß seine Nichte, die er sehr gern hatte – er war auch ihr Patenonkel –, von ihren Eltern auf ein englisches Internat in der Nähe von Montreux in der Schweiz geschickt worden war. Brand hatte es nicht vergessen. War es nicht natürlich, daß Jost auf der Rückfahrt von Mailand seine Fahrt in Montreux unterbrach, um seine Nichte zu besuchen?
    Brand war es nie schwergefallen, sich solche Geschichten auszuhecken. Und es war anzunehmen, daß er für sich etwas ähnlich Geniales ausgetüftelt hatte, um nach Evian zu kommen. Jost war gespannt darauf, es zu erfahren.
    Bald war es soweit. Der Dampfer passierte die Ile de Salagnon und steuerte nun auf Vevey zu.
    »Hinter Vevey«, hatte Brand ihm telegrafiert.
     
    Sie waren nun seit fünfzehn Jahren miteinander befreundet – seit jenem Jahr, als sie in die Positionen aufrückten, die sie noch heute bekleideten.
    Sie hatten sich damals unter Umständen kennengelernt, die für sie beide eigentlich etwas beschämend waren. Doch gerade diese mißliche Lage – in der Erinnerung harmlos und schon fast lächerlich, damals freilich Grund genug, zornig zu werden – war es, was sie zusammengeführt hatte. Und ereignet hatte sich alles auf einer NATO-Basis in Frankreich.
    Brands Titel war der eines Direktors des Sicherheits- und Nachrichtenwesens, und Jost war Chef der Abteilung Feindinformation im Verteidigungsministerium seines Landes. Tatsächlich jedoch erfüllten beide für ihre Regierungen die gleiche Funktion; wenn zwar von verschiedenen Firmen beschäftigt, waren sie doch Kollegen. Aber auch in anderen Dingen glichen sie sich. Beide hatten sich durch ihre Tapferkeit ausgezeichnet, als sie sich in ihren kleinen, von Deutschland besetzten Ländern für die Ziele der Widerstandsbewegung einsetzten. Beide waren Führer und Organisatoren des Untergrunds gewesen, ihren Exilregierungen gegenüber loyal, und beide standen – als aus ›guten alten‹ Familien hervorgegangene Berufssoldaten – politisch rechts. Beide hatten die Besatzungszeit überlebt, weil sie hart, gerissen und ideenreich gewesen waren, weil sie jedes Heldentum verachteten, weil es ihnen zuwider war, etwas zu tun, nur daß etwas getan wurde – und weil sie früh genug gelernt hatten, Befehle aus weit entfernten Kommandozentralen zu ignorieren, wenn sie erkannten, daß sie unrealistisch oder ganz einfach verkehrt waren. Beide hatten sich die besonderen Fähigkeiten erworben, die man braucht, will man unentdeckt operieren. Und als sie unmittelbar nach dem Krieg zu Stabsoffizieren befördert wurden, hielt man ihre Erfahrungen, ihr Wissen und ihre Talente den Erfordernissen des

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