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Das Internat

Das Internat

Titel: Das Internat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne Forster
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wäre, oder?"
    "Ja, Jaydee, es ist zwar nichts los, aber danke, dass du fragst." Sie drehte sich um, damit er nicht sah, wie sie an ihrer Robe zerrte, um den Reißverschluss zu öffnen. Sie wartete darauf, dass die Tür sich schloss, aber sie hörte das Klicken nicht.
    "Mattie, du weißt, dass ich dir immer den Rücken freihalten würde, oder?", sagte er. "Egal was passiert, ich würde dir immer aus der Patsche helfen."
    Sie spürte, wie sich ihre Kehle zuschnürte. "Ich weiß, Jaydee, danke."
    Wie gern hätte sie ihn beim Wort genommen. Sie wusste, dass es ehrlich gemeint war, aber er ahnte ja nicht, was er ihr da anbot. Das einzige Mal in ihrem Leben, dass ihr jemand beiseite gestanden hatte, war während eines brutalen Jahres im Pensionat gewesen, als sie und zwei ihrer Mitschülerinnen einander gelobt hatten, mit dem Leben füreinander einzutreten. Ein Schwur, der sich als prophetisch erweisen sollte.
    Mattie wusste nicht genau, was sie als Erstes tun sollte. Unbedingt wollte sie sich wieder in ihrer eigenen Kammer einrichten, aber ihr fehlte die Energie, etwas einzupacken, nicht einmal ihre persönlichen Dinge. Eine lange Mittagspause klang ganz verlockend, zumal ihr Frühstück ausgefallen war. Aber dann müsste sie nach Hause, um sich umzuziehen, und sie schien ja noch nicht mal aus der Robe herauszukommen.
    Plötzlich trat sie mit dem Schuh gegen etwas, und als sie nachschaute, fand sie die Zeitung auf dem Fußboden. Sie musste hinuntergefallen sein, als Mattie gegen den Tisch gestoßen war. In der Hocke kniend, öffnete sie das Blatt gleich dort, wo es auf dem Fußboden lag, und warf einen Blick auf die Schlagzeile, bevor sie weiterblätterte.
    Ihr Knie tat in dieser Haltung weh, aber sie blätterte weiter, nicht so sehr aus Gewohnheit, sondern aus wachsender Neugier. Wonach sie suchte, wusste Mattie nicht, aber sie hatte ein seltsames Gefühl. Etwas trieb sie an. Es war, als ob ihre Augen ein Bild gesehen hätten, das ihr Bewusstsein nicht registriert hatte.
    Ein Artikel im Lokalteil erregte ihre Aufmerksamkeit. Anfang des Monats war ein örtlicher Arbeitsstreit vor der Richterversammlung des Neunten Gerichts ausgefochten worden, Mattie war mit dabei gewesen. Sie hatte die Forderungen abgelehnt mit der Begründung, dass einige Sicherheitsvorkehrungen unnötig und eine Zumutung für die ohnehin schon überlasteten Auftragnehmer seien. Das hatte sie bei den Gewerkschaftsfunktionären nicht besonders beliebt gemacht, aber andererseits schätzte man sie in der Wirtschaft ohnehin nicht. Letztes Jahr hatte sie sich auf die Seite des streikenden Großhandels gestellt.
    Ihr Mangel an ideologischer Prägung sorgte sogar manchmal unter ihren Kollegen für Verwirrung. Manchmal fragte Mattie sich, ob das der schwierigste Teil war. Sie war eine einsame Streiterin in ihrem Beruf, und bis jetzt hatte sie keine engen Verbindungen zu anderen Richtern geknüpft. Das war manchmal ein Hindernis, aber es gab ihr auch die wertvolle Freiheit, unabhängig zu denken und zu entscheiden.
    Sie überflog den Sport- und den Immobilienteil und blätterte weiter zu den Reportagen. Was auch immer sie dazu bewog, intuitiv weiterzusuchen, hielt an. Vielleicht hatte sie unbewusst eine Schlagzeile oder ein Zitat wahrgenommen.
    Der Leitartikel über Jameson Cross, einen lokalen Krimi-Schriftsteller, ließ sie innehalten. Sie las die Schlagzeile ein zweites Mal.
    "Das kann nicht sein", flüsterte sie.
    Das Papier raschelte laut, als sie aufstand. Sie hielt die Seite fest, überflog den Text so schnell, dass sie einige Informationen überlas. Das Wichtigste war die Gegendarstellung, irgendwo musste der Absatz sein, in dem stand, dass dies hier ein Witz sei, ein Fehler. Das konnte nicht wahr sein.
    Jameson Cross rief dazu auf, den Mordfall im Mädcheninternat wieder aufzurollen. Er wies auf William Brouds Entlastung hin und war der Meinung, dass Brouds Behauptungen über einen Sexring und eine Verschwörung, die zur Vertuschung des Mordes geführt hatte, ernst genommen werden sollten. Zitiert wurde Cross' Ankündigung, seine eigenen Untersuchungen mit dem Ziel der Wiederaufnahme des Falls zu beginnen. Außerdem behauptete er, einige prominente Verdächtige zu haben.
    Mattie las den letzten Absatz laut. "Cross, der als literarischer Kopfgeldjäger nach Justizirrtümern gräbt, plant ein Buch über den Fall. Durch seine vergangenen Untersuchungen sind einige Gefangene, die fälschlicherweise des Mordes oder anderer Vergehen bezichtigt worden waren,

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