Das irische Erbe
lassen.
Das Hotel konnte also demnächst eröffnet werden. Für den Empfang hatte Claire Alice, ein junges Mädchen engagiert, das freundlich war und vier Sprachen beherrschte. Dazu kamen zwei Frauen, die putzten und für die Wäsche zuständig waren, und ein junger Mann, der sich vorerst um alles kümmern sollte inklusive Garten.
Am Vortag hatte sich ein älterer Mann vorgestellt, der anbot, im Frühjahr Wanderungen zu unternehmen. Er war Ire, hieß Aaron und war ein Bekannter von Alex' Eltern. Er erwähnte einen Stiefsohn, der Tennis spielte und eventuell später die Gäste etwas unterrichten könnte. Claire nahm das Angebot dankend an.
Langsam schlenderte sie in die Küche, in der sauber poliertes Metall blinkte. Es gab vier Induktionskochstellen, einen Backofen, einen Vario-Bräter, einen Heißluftdämpfer, zwei Tiefkühlgeräte, zwei große Kühlschränke und reinigungsfreundliche Arbeitsplatten. Sie musste daran denken, wie schwierig sie es damals gefunden hatte, sich die verschiedenen Bezeichnungen der Köche einzuprägen. Da gab es den Gardemanger, den Koch der kalten Küche, den Entremetier, den Gemüse-Koch, den Potagier, wie der Suppen-Koch genannt wurde, und den Rotisseur, der für die Braten zuständig war, und etliche andere.
Aber so kompliziert würde es bei ihnen nicht zugehen. Ihre Gäste waren normale Touristen, die sich wohlfühlen sollten und die ihre Kinder Tim und den Ponys anvertrauen konnten. Die Kinder durften laut sein und im Sommer in die Küche laufen und sich kalte Limonade holen.
Eine Eismaschine, dachte sie spontan. Wir brauchen noch eine
Eismaschine, mit der wir selbst Eis zubereiten können. Die würde sie im Frühjahr noch anschaffen.
Sie trat hinaus auf die Terrasse, die nun groß und einladend wirkte, obwohl sie die Stühle und Tische erst im Frühjahr hinausstellen würden. Die Fliesen waren schlicht und unaufdringlich und würden den blühenden Stauden nicht die Schau stehlen. Die Obstbäume waren als hintere Begrenzung gepflanzt. Noch waren sie klein und verhuscht, aber in zwei Jahren würden sie schon viel wuchtiger wirken und die dazwischen liegenden Lücken würden sich allmählich schließen. Sagte der Gärtner jedenfalls.
Langsam ging sie wieder nach vorne. Sie hatte sich wirklich ihren Wunsch erfüllen können und nun ein eigenes Hotel. Eines, dem sie vorstand. Nichts würde geschehen, wenn sie es nicht wollte, alles würde von ihrer Handschrift geprägt sein. Sie schloss einen Moment die Augen. Eigentlich war alles perfekt. Eigentlich.
Sie verließ das Hotel und warf noch einen Blick auf das Rondell, das wunderschön geworden war. Die Schneerosen blühten bereits. Aber die Rosen würden wohl das Frühjahr abwarten. Sie freute sich bereits darauf, an den jungen Knospen zu riechen und ihren Duft aufzunehmen. Im nächsten Jahr würde sie auch den Garten hinter dem Gesindehaus herrichten. Sie hatte sich schon einiges überlegt und beschlossen, es selbst zu versuchen. Vielleicht wurde aus ihr noch eine richtige Gärtnerin.
Zwei Wochen vor Heiligabend trafen die ersten Gäste ein.
22
I m Hotel breitete sich langsam eine festliche Stimmung aus. Claire wollte für das Foyer einen großen Weihnachtsbaum, der direkt unter den bunten Fenstern stehen sollte. Sie hatte dafür eigens rote, blaue und goldene Kugeln gekauft. Und Kerzen.
Aber Nina hatte panische Angst, es könne wieder ein Feuer ausbrechen, und diskutierte so lange mit Claire und Tim, bis sie übereinkamen, nur niedrige Kerzen in hohen Gläsern zu nehmen. Die konnten nicht umkippen und so einen Brand verursachen. Nina gab sich damit zufrieden, wenn auch widerwillig.
Sie war überhaupt in seltsamer Stimmung und nicht besonders friedfertig. Der Grund dafür war Zoe, auf die sie törichterweise eifersüchtig war. Sie nannte Claires Freundin eine dumme Kuh und mokierte sich über deren ausgefallenes Äußeres. Sie sagte, sie sehe aus wie eine Domina, was auch tatsächlich zutraf. Zoe schminkte sich die Augen sehr stark und ließ den Lidstrich seitlich auslaufen. Dazu eine knallige Lippenstiftfarbe und viel Wimperntusche. Oft trug sie Lederhosen und fast immer hohe Schuhe und Claire fragte sich insgeheim, wie sie auf der Farm in Neuseeland wohl zurechtkam.
Wenn Zoe sich aber abends abschminkte, sah sie ganz anders aus. Jünger, hübscher und weicher. Sie hatte sich immer schon geschminkt, aber nicht so stark wie jetzt. Claire versuchte sie auszuhorchen und fragte nach Ole, und Zoe erzählte, die Farm sei
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