Das irische Erbe
Traum nicht eingefallen.«
»Das mag ja sein. Aber dennoch«, beharrte sie. »Wenn es ihm richtig ernst ist und er zum Beispiel wieder heiraten wollte. Das ist doch eine wichtige Entscheidung. Eine gegen Marisa.«
Alex schüttelte den Kopf.
»Ich weiß es natürlich nicht. Aber aus der Erfahrung heraus denke ich, er wird nichts tun, was Marisa vor den Kopf stoßen könnte. Außerdem würde sie es nicht zulassen. Ich habe mich gefragt, warum sie mit ihm verreist. Aber die Frage ist albern. Sie hat ihn immer noch in ihren Klauen.«
Ihr Mund war schlagartig trocken.
»Er ist mit ihr nach Deutschland geflogen?«, fragte sie tonlos.
»Ja, wie gesagt, ich weiß nicht, warum. Vielleicht muss sie nur wieder ihre Machtspielchen mit ihm spielen. Vielleicht wollen sie aber auch einen Neuanfang starten. Keine Ahnung.«
Sie waren also zusammen fort. Ben und Marisa. Wie gut, dass sie Ben nicht in seinem Büro angetroffen hatte. Welch ein Glück, dass sie nicht mit ihm reden konnte. Sie schloss einen Moment die Augen.
»Es ist so, wie es immer war. Eine andere Frau wird nie eine Chance haben. Außerdem könnte er sowieso nicht heiraten.«
Sie starrte auf ihre halb volle Teetasse und sah Alex erst an, als ihr das Schweigen zwischen ihnen bewusst wurde.
»Er kann nicht heiraten?«, wiederholte sie.
»Ja. Er ist immer noch mit Marisa verheiratet. Sie will keine Scheidung.«
Als Alex ihr sagte, Ben sei immer noch verheiratet, erkannte sie, dass sie Viktor tatsächlich nie geliebt hatte. Als er ging, hatte sie das nicht sonderlich berührt. Das Wissen aber, dass Ben bei seiner Frau war, stürzte sie in Verzweiflung. Sie versuchte weiter, den Tag zu gestalten, und merkte, dass es sie tröstete, wenn sie sich um das Hotel und die letzten Arbeiten kümmerte. Dann vergaß sie manchmal ihren Kummer. Aber sobald sie sich ihren Gedanken überließ, überwältigte sie der Schmerz. Sie sagte niemandem etwas davon, hatte aber den Eindruck, dass Nina wusste, wie es um sie stand. Manchmal beobachtete sie sie nachdenklich.
Ihr war nun klar, dass Ben sich nicht von seiner Frau frei machen konnte. Er hatte es sicher versucht, und seine Einladung zum Essen war ernst gemeint. Aber seine Gefühle für Marisa waren wohl doch stärker. Es tröstete sie nur wenig zu denken, dass sie auch keine Chance gehabt hätte, wenn Viktor nicht gekommen wäre.
Sie nahm sich vor, sich nicht mehr zu verlieben und nur noch auf ihre Vernunft zu hören. Sie würde sich von nun an mit ganzer Kraft auf das Hotel konzentrieren. Schließlich brauchte sie keinen Mann.
Sie begann, mit Alex auszugehen. Schon länger hatte sie bemerkt, dass er sie offenbar mochte. Sie ging auf seinen Flirt ein und genoss seine Aufmerksamkeiten. Nach wie vor gab er ihr Unterricht und allmählich bekam sie ein Gefühl für die Sprache.
Sie war wieder in der Stadt gewesen und hatte noch einige Dekorationen erstanden. Ihr schwirrte der Kopf und sie wollte in Ruhe einen Tee trinken, bevor sie zurückfuhr. Sie ging in ein Pub, setzte sich an einen kleinen Tisch und bestellte sich eine Tasse Tee.
Am Nachbartisch saß ein junges Paar, das sich stritt. Der noch etwas verweichlicht wirkende Mann versuchte, seine Freundin zu beschwichtigen. Claire konnte zwar nur Bruchstücke verstehen, sah aber, dass beide sauer waren. Der Mann nahm die Hand des Mädchens, aber sie entzog sie ihm sofort. Claire fragte sich, worum es wohl ging, als der Mann zu ihr hinsah. Dann flüsterte er seiner Freundin etwas zu und diese blickte ebenfalls in ihre Richtung. Claire begann rasch in ihrer Handtasche zu kramen, bemerkte aber, dass das Paar weiter über sie sprach. Wie peinlich.
Sie versuchte, sich nichts anmerken zu lassen und blätterte in ihrem Terminkalender, den sie, seit sie in Irland war, nicht mehr benutzt hatte. Sie fand eine Eintragung Viktor betreffend. Eine Einladung zum Geburtstag bei einem Kollegen von ihm. Genau, sie hatte noch gesagt, sie habe eigentlich keine Lust dazu, aber Viktor meinte, er müsse hingehen, und sie, als seine Partnerin, müsse ebenfalls mitkommen. Damals hatte sie schließlich verstimmt nachgegeben. Aber es war ja nicht mehr dazu gekommen. Sie war nach Irland gereist, hatte sich von Viktor getrennt und ein neues Leben begonnen.
Sie sah hoch. Das Paar war verschwunden.
Jetzt gab es keine unliebsamen Verpflichtungen mehr, die sie nicht mochte, denen sie aber aus irgendwelchen Gründen nachgehen musste. Sie konnte tun und lassen, was sie wollte.
Sie trank ihren Tee aus,
Weitere Kostenlose Bücher