Das italienische Maedchen
dich nicht mehr von mir scheiden lassen«, krächzte er wenig später. »Du kannst meine Witwe sein. Das ist bedeutend würdevoller.« Er brachte ein heiseres Kichern zuwege.
»Roberto, bitte sag das nicht.«
» Cara , ich habe das Gefühl, dass dieser Körper genug gelebt hat. Nun, da ich dich noch einmal gesehen habe, kann ich in Frieden sterben. Rosanna …« Er winkte sie näher zu sich heran, damit sie ihn besser hören konnte. »Ich will dir etwas gestehen. Ich könnte es nicht ertragen, dass du denkst, ich hätte dich hintergangen oder dir wehtun wollen. Ich wusste es damals nicht. Bitte, das musst du mir glauben.«
»Was ist es, Roberto? Ich verspreche dir, Verständnis dafür zu haben.«
»Es ist …«
Roberto packte ihre Hand fester. »Sag Ella, sie muss für ihren Vater singen. Frag Luca, er weiß Bescheid. Ich … Küss mich, Rosanna.«
Sie küsste ihn sanft auf die Lippen.
»Für mich hat es nie eine andere gegeben, nie. Sag mir, dass du mich liebst, sag mir …« Er bäumte sich kurz auf und sank dann in sich zusammen.
Als die Monitore nur noch einen einzigen durchgehenden Ton von sich gaben, legte sie die Arme um ihn. Plötzlich wimmelte es im Zimmer von fremden Leuten, die sie kaum wahrnahm.
» Ti amo , Roberto, ich liebe dich, ich liebe dich …«
MET
NEW YORK, JULI 1996
Rosanna tupfte die Tränen von dem Papier weg, das sie gerade beschrieben hatte. Sie war fast am Ende angelangt. Noch eine Seite, dann hätte sie endlich Frieden. Die Geschichte wäre erzählt, und sie hoffte, dass Nico eines Tages alles begreifen würde. Sie nahm den Stift in die Hand und schrieb weiter.
Seit dem Tod Deines Vaters vor drei Wochen habe ich jeden freien Moment genutzt, um für Dich zu schreiben. Ich habe Deinem Papà versprochen, unsere Liebe zu erklären, und hoffe, dass Du uns beiden, wenn Du diese Zeilen liest, vergibst. Ich liebe Dich sehr und weiß, dass Roberto das auf seine Weise auch tat.
Nach meinem letzten Besuch bei Deinem Vater erzählte mir Luca von Ella, von dem Geheimnis, das er und Carlotta so lange bewahrt hatten. Ich sagte es Ella einige Tage nach Robertos Beisetzung, und sie nahm es in ihrer ruhigen, beherrschten Art auf. Sie hat Roberto sehr geliebt; in seinen letzten Jahren hatte er versucht, seine Versäumnisse der Vergangenheit wettzumachen.
Dein Papà ist also tot, Nico, und in wenigen Stunden werde ich auf der Bühne der New Yorker Met stehen und etwas vortragen, das zur Erinnerung an Roberto Rossini komponiert wurde. Am Ende wird Ella einstimmen und meine Hand nehmen, und wir werden gemeinsam für ihn singen. Wir werden die schlechten Dinge vergessen und uns ausschließlich an die guten erinnern, denn wir sind Menschen, und so bewältigen wir das Leben.
Ich habe beschlossen, dass das, was ich für Dich schreibe, bis zu meinem Tod von meinem Anwalt verwahrt wird. Erst dann wirst Du alles über die Leidenschaft erfahren, deren Frucht Du bist.
Ich fürchte mich nicht vor dem Tod, Nico, denn auf der anderen Seite erwartet mich Roberto. Und eine Liebe wie die unsere stirbt niemals.
Ich sehe ihn, ich sehe ihn überall.
Deine Dich liebende Mamma
LUCINDA RILEY
Die Mitternachtsrose
Roman • 576 Seiten
Innerlich aufgelöst kommt die amerikanische Schauspielerin Rebecca Bradley im englischen Dartmoor an, wo ein altes Herrenhaus als Kulisse für einen Film dient, der in den 1920er Jahren spielt. Vor ihrer Abreise hat die Nachricht von Rebeccas angeblicher Verlobung eine Hetzjagd der Medien auf die junge Frau ausgelöst, doch in der Abgeschiedenheit von Astbury Hall kommt Rebecca allmählich zur Ruhe. Als sie jedoch erkennt, dass sie Lady Violet, der Großmutter des Hausherrn, frappierend ähnlich sieht, ist ihre Neugier geweckt. Dann taucht Ari Malik auf: ein junger Inder, den das Vermächtnis seiner Urgroßmutter Anahita nach Astbury Hall geführt hat. Je mehr Rebecca aber in die Vergangenheit und in ihre Rolle eintaucht, beginnen Realität und Fiktion zu verwischen – und schließlich kommt sie nicht nur Anahitas Geschichte auf die Spur, sondern auch dem dunklen Geheimnis, das wie ein Fluch über der Dynastie der Astburys zu liegen scheint ...
Darjeeling, Indien,
Februar 2000
Anahita
Heute ist mein einhundertster Geburtstag. Ich habe nicht nur ein ganzes Jahrhundert erlebt, sondern es sogar in ein neues Jahrtausend geschafft.
Als ich beim Aufwachen die Sonne über dem Kanchenjunga aufgehen sehe, bringt mich ein absurder Gedanke zum Schmunzeln: Wenn ich ein Möbelstück
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