Das italienische Maedchen
keine Vorwürfe«, warnte Rosanna ihn. »Ihr Verhalten Frauen gegenüber ist erbärmlich.«
Roberto warf den Kopf in den Nacken und lachte.
»Ich finde das überhaupt nicht lustig, und schon gar nicht, wenn Sie sie so schlecht behandeln wie meine Freundin Abi Holmes.«
Roberto wurde ernst. »Jetzt verstehe ich. Du hasst mich, weil ich was mit deiner Freundin hatte.«
»Ich kenne Sie nicht gut genug, um Sie zu hassen. Es ist nur …« Rosanna schüttelte den Kopf. »Egal.«
»Raus mit der Sprache. Seltsamerweise liegt mir an deiner Meinung.«
»Ich habe den Eindruck, dass die Gefühle der Frauen Ihnen einerlei sind. Sie versprechen ihnen das Blaue vom Himmel herunter und lassen sie fallen, wenn Sie genug von ihnen haben.«
»Hast du das aus berufener Quelle?«
Rosanna wurde rot. »Das ist allgemein bekannt.«
»Rosanna, ich weiß um meinen Ruf und muss zugeben, dass ich ihn zu Recht habe. In meinem Beruf ergeben sich nun mal Gelegenheiten, die ich auch nutze, das bestreite ich nicht. Aber ich liebe die Frauen. Ich verehre sie; sie gehören zu den wenigen Dingen, die das Leben lebenswert machen. Außerdem gebe ich keine Versprechen, die ich nicht halten kann. Die Frauen wissen, worauf sie sich einlassen. Wer mich nicht so akzeptieren kann, wie ich bin, sollte nichts mit mir anfangen. So einfach ist das«, erklärte er mit einem Achselzucken.
»Haben Sie je einer Frau gesagt, dass Sie sie lieben?«
»Nicht freiwillig, nein.«
»Sie werden also gezwungen, es zu sagen?«
»Im Taumel der Lust gibt es manchmal Momente, in denen eine Frau einen darum bittet und man ihr den Gefallen tut. Aber ich habe noch nie jemanden wirklich geliebt.« Roberto trank nachdenklich einen Schluck Champagner. »Rosanna, bevor du ein Urteil über mich fällst, musst du versuchen, dich in mich hineinzuversetzen. Ich wirke auf Frauen. Sie zeigen sich gern in meiner Gesellschaft, weil das ihrem Ego guttut und oft auch ihrem Image. Oft benutzen sie mich mehr als ich sie.«
Rosanna verdrehte die Augen.
»Siehst du? Niemand versteht den armen Roberto. Alle denken schlecht von ihm. Eines Tages, wenn du auch ein großer Star bist, wirst du merken, wie einsam das machen kann.«
Rosanna schmunzelte über seinen plumpen Versuch. »Mein Mitleid hält sich in Grenzen.«
Er sah sie an. »Du kannst mich nicht leiden, stimmt’s, Rosanna?«
»Doch, natürlich.«
»Tatsächlich?«
»Ja. Und jetzt würde ich mich gern der Partitur der Traviata widmen.« Rosanna nahm errötend die Noten aus ihrem Musikkoffer und wandte sich von Roberto ab.
Roberto schloss die Augen. Wieder einmal fragte er sich, warum ihm Rosanna Menicis Urteil so wichtig war.
Vor Terminal drei in Heathrow erwartete sie eine Limousine, die sie ins Zentrum von London brachte. Das Gespräch beschränkte sich auf Small Talk, weil Rosanna den größten Teil der Zeit durchs Fenster beobachtete, wie sie zuerst durch die grauen Vororte, dann an immer prachtvolleren Gebäuden in Kensington und Knightsbridge vorbeifuhren. Schließlich hielt der Wagen vor dem imposanten Art-déco-Vordach des Savoy Hotels. Roberto wurde zu einer Suite gebracht, Rosanna in ein ihrer Ansicht nach sehr hübsches Zimmer. Sie packte gerade aus, als es an der Tür klopfte. Sie öffnete, und Roberto marschierte herein. Er sah sich kopfschüttelnd um.
»Nein, nein, nein. So geht das nicht.« Er rief die Rezeption an. »Hier ist Roberto Rossini. Sagen Sie dem Geschäftsführer, Signorina Menici braucht eine Suite. Er möchte bitte sofort in die meine kommen.«
»Roberto, ich finde dieses Zimmer sehr schön«, protestierte Rosanna, als Roberto ihre Sachen in ihren Koffer warf.
»Rosanna, du bist als Gast des Royal Opera House in dieser Stadt und hast die gleichen Rechte wie ich. Komm zu mir in die Suite, bis sie eine für dich aufgetrieben haben.«
Rosanna folgte Roberto, weil ihr klar war, dass es keinen Sinn hatte, ihm zu widersprechen.
»Solche Dinge muss man gleich zu Beginn regeln, sonst springen die Leute mit einem um, wie sie wollen. Vergiss nicht: Du tust ihnen einen Gefallen, nicht umgekehrt.«
Der Geschäftsführer erwartete sie bereits vor Robertos Suite. Roberto legte ihm den Arm um die Schulter. »Es gibt da ein kleines Problem: Wir hätten gern eine Suite für Signorina Menici.«
»Natürlich, Madam. Ein bedauerlicher Fehler. Wenn Sie mich begleiten würden.«
»Moment bitte, ich muss noch meinen Koffer holen.« Als Rosanna sich umdrehen wollte, hielt Roberto sie zurück.
»Nein, meine
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