Das italienische Maedchen
Fersen ist. Nicht einmal meine Familie wusste es.«
»Ich muss zugeben, dass es mich getroffen hat, es aus der Presse zu erfahren. Hattest du Angst, dass ich versuchen würde, es dir auszureden?«, fragte Abi sie unverblümt.
»Nein, denn ich hätte Roberto auf jeden Fall geheiratet, egal, was andere von ihm halten.«
»Zwischen dir und ihm hat’s immer schon eine merkwürdige Chemie gegeben, stimmt’s?«
»Ja. Wir halten es für Schicksal.«
Abi nahm einen Schluck Wein. »Hat dir mein Techtelmechtel mit ihm viel ausgemacht? Du hast es damals nicht gezeigt.«
»Natürlich, Abi. Nachdem er dir den Laufpass gegeben hatte, wollte ich ihn hassen. In London habe ich Roberto anfangs nicht an mich herangelassen. Ich hatte Angst, dass er mich so verletzen würde wie dich. Du machst dir doch nichts mehr aus ihm, oder?«
»Um Himmels willen, nein. Das war ein Quickie, nichts weiter. Ich war verletzt, aber du hattest recht: Er war nur ein Ersatz für Luca. Vorübergehend habe ich meine ganze unerwiderte Leidenschaft auf Roberto projiziert. Im Nachhinein ist man immer schlauer. Wie geht’s Luca übrigens?«
»Sehr gut. Im Mai war er hier. Er hat sich auch nach dir erkundigt.«
»Tatsächlich?« Abi lächelte traurig. »Das freut mich. Aber hören wir auf, über die Vergangenheit zu reden. Es gibt so viel anderes zu erzählen.«
»Ja. Was hast du so getrieben?«
»Als du von Mailand weg warst, bin ich noch ein Jahr an der Scala geblieben. Dann hatte ich ein langes Gespräch mit Paolo, bei dem er mir gesagt hat, was ich bereits wusste, dass ich es nie weiter als bis in den Chor schaffen würde. Also habe ich aufgehört und bin mehr als ein Jahr in der Welt herumgereist. Ich hatte eine tolle Zeit, war im Fernen Osten und sechs Monate in Australien. Vor zwei Wochen bin ich nach London zurückgekommen, und jetzt wohne ich bei meinen Eltern in der Fulham Road und überlege, was ich mit dem Rest meines Lebens anfange.«
»Und, hast du schon eine Idee?«
»Nicht wirklich. Wenn man sich erst mal auf Kunst eingelassen hat, erscheinen einem einfache Bürojobs öde.« Abi seufzte. »Ich spiele mit dem Gedanken zu schreiben.«
»Ach, was denn?«
»Keine Ahnung. Vielleicht Reportagen oder sogar einen Roman. Ich habe eine lebhafte Fantasie«, erklärte sie grinsend und sah wieder eher wie die Abi von früher aus.
»Klingt interessant. Trotzdem finde ich es schade, dass du nicht mehr singst. Du hast doch eine schöne Stimme.«
»Offenbar nicht schön genug. Jedenfalls nett, dass du das sagst. Außerdem hatte ich in Mailand so viel Spaß, dass ich keine Sekunde meiner Zeit dort bereue.«
»Sag …«, Rosanna nahm einen Schluck Perrier, »… war Paolo wütend, als ich nicht an die Scala zurückgekehrt bin?«
»Du kennst ja den zurückhaltenden Paolo. Wenn, hat er es nicht gezeigt. Aber deinen Namen hat er nie wieder erwähnt. Nur aus Interesse: Warum bist du nicht zurückgekommen? Ich dachte, es war immer dein Traum, die Mimì an der Scala zu singen.«
»Das hatte mit Roberto zu tun. Mir ist leider keine andere Wahl geblieben«, antwortete Rosanna.
»Wieso verrätst du mir nicht, was passiert ist? Wochenlang hatte ich keine Ahnung, wo du warst. Und als die Bombe dann schließlich geplatzt war, hat die Presse uns fast die Tür eingerannt. Ach, egal …«, Abi zuckte mit den Achseln, »… vorbei ist vorbei.«
»Abi, bitte verzeih mir. Es war, als würden Roberto und ich auf einem anderen Planeten leben. Ich hatte nur Augen für ihn.«
Abi musterte ihre Freundin nachdenklich. »Es ist also tatsächlich die große Liebe bei euch beiden?«
»Ja.«
»Das freut mich für dich, Rosanna, aber bitte sei vorsichtig.«
»Wie meinst du das?«
»Na ja, manchmal – versteh mich jetzt bitte nicht falsch – machen einen so tiefe Gefühle ein bisschen egoistisch.«
»Das stimmt. Wie gesagt: Es tut mir leid«, wiederholte Rosanna.
»Ich glaube, ich weiß, wie es sich anfühlt.« Abi seufzte. »Wenn ich ganz ehrlich bin, liebe ich Luca nach wie vor. Das klingt albern, weil nie was draus werden kann, doch ich scheine ihn einfach nicht vergessen zu können.«
»Ach, Abi.« Rosanna sah ihre Freundin erstaunt an. »Es muss schlimm sein zu wissen, dass ihr nie zusammenkommen könnt. Immerhin mag Luca dich sehr.«
»In meinem Leben hat es jede Menge Männer gegeben, aber wenn sich nichts Dramatisches tut, wird Luca auf ewig in meinem Herzen bleiben.«
»Oje. Bist du momentan mit jemandem zusammen?«
»Natürlich«, antwortete Abi.
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