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Das Jahr auf dem Lande

Das Jahr auf dem Lande

Titel: Das Jahr auf dem Lande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Scott
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reden. Wenn ein Buch erst einmal erschienen war, interessierte es Adrian nicht mehr. Dann arbeitete er meist schon an einem anderen.
    Der Roman, an dem er zur Zeit schrieb, war fast fertig. Was sollte er danach machen? Der Frühling war endgültig gekommen, die Straße war fast trocken, und Robert wechselte hastig das Thema, wenn sein Vater seine Hilfe auf der Farm anbot. Oder er sagte: »Jo macht das schon. Es ist doch gut, daß sie eine Beschäftigung hat.«
    Adrian hatte also nichts zu tun, und Christine befürchtete, daß sich daraus Schwierigkeiten ergeben könnten. Er hatte nicht einmal finanzielle Probleme. Sein letztes Buch hatte sich gut verkauft. Die Farm, die er aus einer Laune heraus und als eine Art Schlupfwinkel gekauft hatte, würde bessere Erträge erzielen als erwartet, und er hatte seinem Sohn geholfen, sich eine Zukunft aufzubauen. Jo würde zweifellos irgendeinen Beruf ergreifen, wenn sie in die Stadt zurückkehrten, und Christine würde einen glücklichen Sommer erleben, unbeeinträchtigt von Schulden oder Sorgen mit den Kindern. Doch bis dahin wurden die Tage immer länger, und Adrian fand immer weniger Möglichkeiten, sie auszufüllen.
    »Ich langweile mich«, erklärte er seiner Familie eines Tages. »Die Leute sind nett und entgegenkommend, aber ich bin nicht geschaffen für so gewöhnliche soziale Kontakte. Ich wünschte, es würde hier mehr gemeinschaftliches Leben geben.«
    Jo gestand später, daß sie in diesem Augenblick den Atem angehalten hatte. »Ich befürchtete schon, er würde vorschlagen, ein Laientheater zu gründen. Stellt euch vor, Cyril Sylvester als Romeo und ich als Julia, die alte Mrs. Holden als Amme... Nur James wäre eine Idealbesetzung für einen der widerlichen Väter gewesen.«
    Aber Christine lächelte Adrian freundlich an und sagte: »Es ist doch so ein schöner Morgen. Robert will mit Kusine Jane nach Eldado fahren. Ted soll sich ihr Innenleben anschauen. Fahr doch mit und geh spazieren, während Ted an Kusine Jane herumbastelt. Du hast den Wald hinter dem Dorf noch gar nicht erforscht.«
    Wie hätte Christine ahnen sollen, daß sie damit eine Zeitbombe legte?
    In der Autowerkstatt und im Laden war man sehr beschäftigt, und wenn man Adrian auch herzlich begrüßte, so machte man ihm doch unmißverständlich klar, daß man keine Zeit zu langen Gesprächen hatte. Leicht gekränkt trat Adrian den Spaziergang an, den seine Frau ihm vorgeschlagen hatte. Mavis hatte auch gemeint, das wäre eine sehr schöne Wanderung, und ihm geraten, über die Wiese rechts zu gehen, an deren Ende er den Pfad finden würde. Radspuren führten durch das dichte Gebüsch. Offenbar liebten die Leute aus Eldado diesen Wald. Adrian stellte sich vor, wie sie hier an heißen Sommertagen Picknicks veranstalteten. Mit einer Mischung aus Bedauern und Erleichterung dachte er, daß er an diesen Picknicks nicht teilnehmen würde. Der Termin der Abreise stand bereits fest. Alles geht einmal vorüber, dachte er, und das ist auch gut so. »Aber ich werde diese Monate nie vergessen«, sagte er leise; er sprach mit sich selbst, wie so oft, wenn er allein war.
    Doch jetzt genoß er erst einmal diesen Spaziergang. Der Wald war sehr schön, und Adrian beschloß, ihn in seinem nächsten Roman genauer zu beschreiben und die unvermeidlichen Kommentare der Kritiker zu ignorieren, die stets behaupteten, daß Neuseeland-Bücher von Pungas und Kowhais nur so wimmelten. Er würde den Wald so beschreiben, daß ihn die Stadtbewohner plastisch vor sich sahen, und dann würden sie Landschaften wie diese suchen und darin schwelgen. Er dachte sich einen wunderbaren Anfangssatz aus, und dann flüsterte er: »Zum Teufel mit den Kritikern«, wobei er fast über eine Wurzel gestolpert wäre. Danach beschloß er, später über sein neuestes Werk nachzudenken.
    Und so wanderte er weiter, ganz versunken in die Schönheit seiner Umgebung. Der Wald war schon viel zu oft mit gotischen Kathedralen verglichen worden, aber es war schon was dran an diesem Vergleich, wenn man den Säuleneffekt der hohen Trauerzypressen betrachtete, die schlanken, geraden jungen Kaurifichten, das Gewölbe der Baumfarne. Licht und Schatten spielten auf dem weichen Moosboden, und nur das Zwitschern der Vögel durchbrach das Schweigen. Der Hügel war steil, aber Adrian stieg rasch bergan und freute sich auf die Aussicht, die er vom Gipfel aus genießen würde.
    Ein warmes Gefühl des Verbundenseins mit den Menschen, die hier lebten, erfüllte sein

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