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Das Jahr auf dem Lande

Das Jahr auf dem Lande

Titel: Das Jahr auf dem Lande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Scott
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mit meinen Eltern in die Stadt zurück, wenn unser Jahr hier zu Ende ist. Wir werden beide diese kleine Romanze vergessen.«
    »Es ist keine kleine Romanze, das weißt du genau.«
    »Ich weiß nur, daß ein Mann, der mich darum bittet, in Rangimarie zu leben, mein wahres Wesen nicht erkannt hat.«
    »Eine Frau, die einen Mann wirklich liebt, würde sein Leben überall für ein oder zwei Jahre teilen, wenn sie weiß, daß er keine andere Wahl hat. Ich habe keine andere Wahl, Jo.«
    »Mit anderen Worten, wenn du entscheiden sollst, ob du deiner Familie weh tun sollst oder mir, fällt deine Wahl auf mich.«
    »Verstehst du denn nicht, daß ich ein Versprechen gegeben habe?«
    Sie gab ihm das Brandyglas zurück und erhob sich auf unsicheren Beinen. »Das wär’s dann. Du brauchst dich nicht aufzuregen. Es ist ja deine Entscheidung — nicht meine.«
    »Es ist deine, und das weißt du auch. Was sind schon zwei Jahre? Und so schlimm ist Rangimarie gar nicht. Du müßtest ja nicht mit deinen verhaßten Snobs zusammen leben. Wir könnten unser eigenes Leben führen.«
    »Ich weiß. Du in deiner kleinen Ecke, ich in meiner. Damit wäre das Thema wohl beendet. Ich fahre jetzt nach Hause.«
     
     

10
     
    E s hätte ein großartiger Abgang werden sollen. Aber die Wirkung litt ein wenig darunter, daß die wütende Jo erst warten mußte, bis sich ihre Familie zur Abfahrt entschloß. »Schöne Grüße an deine Großmutter«, bemerkte sie beiläufig, als sie in den Wagen stieg. Er folgte ihr, ohne zu zögern, und sie fuhr ihn an: »Ich habe dir doch gesagt, daß das Thema beendet ist!«
    »Habe ich denn wieder davon angefangen? Wir könnten ja über das Erdbeben reden oder über Roberts Lämmer.«
    Sie unterdrückte ein Grinsen. »Es wäre netter, wenn du dich nach meinem Kopf erkundigen würdest.«
    Etwas ermutigt, weil sie immerhin ihren Sinn für Humor wiedergefunden hatte, sagte Lester: »Jo, seien wir doch vernünftig. Wir brauchen uns ja nicht wie ein altmodisches Liebespaar aufzuführen und zu rufen: >Das ist das Ende!< Bleiben wir Freunde, dann bringen wir auch niemanden in Verlegenheit.«
    Es war ein kluger Schachzug, daß er von >altmodisch< gesprochen hatte, und er verfehlte auch seine Wirkung nicht.
    »Ja, benehmen wir uns wie zivilisierte Menschen.«
    »Ach ja, zivilisiert! Das Wort ist wohl gerade >in<, wenn man von guten Manieren spricht. Also gut, vergessen wir die letzte halbe Stunde und daß wir uns >Liebling< genannt haben, und alles bleibt beim alten.«
    »Okay, alles vergeben und vergessen.« Und Jo war sehr zufrieden mit sich selbst und ihrer modernen Haltung.
    In diesem Augenblick kamen die anderen Familienmitglieder zum Wagen, formell verabschiedet von der Familie Holden. Sogar die alte Mrs. Holden erschien in der Tür und winkte würdevoll, aber ihre Abschiedsworte hätten von Lester stammen können. Als sie Roberts Hand ergriff, flüsterte sie: »Vergessen wir die letzte halbe Stunde.«
    »Ich habe sie schon vergessen«, erwiderte er lächelnd. Und sie wußte, daß er niemandem von ihrem verbissenen Machtkampf mit dem Schöpfer erzählen würde.
    Lester blickte dem Wagen der Medways eine Weile nach, bevor er sich verabschiedete und in sein kleines Auto stieg. Er war keineswegs so niedergeschlagen, wie man es von einem jungen Mann annehmen könnte, der soeben einen Korb bekommen hat. Diese Antwort akzeptiere ich nicht, dachte er wütend, als er den Motor startete. Ich werde dieses idiotische Mädchen schon kleinkriegen.
    Jos Gefühle waren etwas gemischter. Ihr war, als hätte sie es im letzten Augenblick verhindert, in eine Katastrophe hineinzuschlittern. Beinahe hätte sie sich dazu bereit erklärt, zwei Jahre in Rangimarie zu leben, aber zu guter Letzt hatte sie doch ihren klaren Kopf behalten. Es kam ihr nicht in den Sinn, daß ihr Gefühl der Erleichterung vor allem Lester zu verdanken war, der ihr den geplanten dramatischen Abgang verdorben hatte. Sie sagte sich nur, wie gut es war, daß sie nicht als Feinde auseinandergegangen waren. Die Beule an ihrem Kopf mußte ihren Verstand schon sehr beeinträchtigt haben, wenn sie es riskieren konnte, den einzigen ihr ebenbürtigen Freund zu verlieren, den sie in diesem Distrikt gefunden hatte. Aber es war ja noch einmal gutgegangen. Es würde so bleiben, wie es war, sie würden ihr freundschaftliches Beisammensein genießen, bis sie in die Stadt zurückkehrte. Hätte sie ihrer Mutter die ganze Geschichte anvertraut, würde Mrs. Medway vermutlich glauben,

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