Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Jahr auf dem Lande

Das Jahr auf dem Lande

Titel: Das Jahr auf dem Lande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Scott
Vom Netzwerk:
immer in meinem Wagen mitnehmen, wenn ich Rajah besuche.«
    Ihrer Mutter fiel vor allem die Formulierung »in meinem Wagen« auf. Das bedeutete also, daß Adrian ihr für diese Exkursionen ein Auto kaufen mußte. Und Christine mußte das ihrem Mann auf eine Weise beibringen, daß er glaubte, es sei seine Idee gewesen. Er würde entzückt sein, wenn er Jo das Auto schenkte, entzückt von seiner eigenen Großmütigkeit, und Christine würde sich über alles freuen, was den Kummer ihrer Tochter ein wenig milderte.
    Jo brach früh auf, um während des Ritts der schlimmsten Sommerhitze zu entgehen, aber Beth war schon lange, bevor Jo reisefertig war, zur Stelle. Sie war auf Diamond herübergeritten und sagte: »Ich werde euch ein Stück begleiten. Es wird unser letzter gemeinsamer Ritt sein.« In ihren Augen waren noch die Spuren kürzlich vergossener Tränen zu sehen.
    »Oh, wir werden noch oft miteinander ausreiten, wenn ich Robert besuche. Aber es ist nett von dir, daß du mir heute ein wenig Gesellschaft leisten willst.« In ihrem Herzen wußte Jo, daß sie die Farm nicht besuchen würde, solange Lester noch in Rangimarie lebte, aber sie wollte Beth aufheitern. Nachdem sie Sheikh festgebunden hatten, damit er seiner Herrin nicht in einem Anfall von Unternehmungsgeist folgen konnte, bestiegen sie die Pferde und ritten davon, begleitet vom wütenden Geheul des Hundes.
    »Hoffentlich wird er sich gut in der Stadt einleben«, sagte Jo.
    Beth fragte sich allerdings, ob Mrs. Medway glücklich sein würde, wenn ein so riesiger Hund in ihrem gepflegten Garten umherstreifte. Jo machte sich darüber offenbar keine Gedanken, und Beth dachte nicht zum erstenmal, daß ihre Freundin ziemlich verwöhnt war.
    Seite an Seite ritten sie die trockene Lehmstraße entlang, und Jo sagte: »So war die Straße auch, als wir die Farm besichtigten. Aber dieser Schlamm im Winter! Andererseits, eine Farm mit einer Asphalt- oder Schotterzufahrt hätten wir uns niemals leisten können.«
    »Und wenn >Gipfelkreuz< nicht so billig gewesen wäre, hätte ich dich nie kennengelernt, Jo, und würde wahrscheinlich immer noch mit meiner Familie um die Erlaubnis kämpfen, Craig heiraten zu dürfen. Ich habe es nur dir zu verdanken, daß ich jetzt seine Frau bin.«
    »Und ich bin froh, daß du endlich glücklich bist.«
    Beth war in den letzten Monaten etwas wagemutiger geworden, und so sagte sie jetzt, wenn auch mit leisem Zögern: »Du könntest genauso glücklich sein, Jo, auch in Rangimarie. Dafür würde Lester sorgen. Gib ihm doch eine Chance! Er liebt dich so sehr, und ich bin sicher, daß du ihn auch liebst.«
    Jo sagte eine ganze Minute lang nichts, und dann erwiderte sie: »Deine Großmutter hat einmal gesagt, du hättest den Mut einer Maus. Das muß aber eine Maus von überdimensionalen Ausmaßen sein, denn sonst hättest du dich nicht getraut, mit mir über dieses Thema zu sprechen.«
    Doch um Beths Mut war es auch schon wieder geschehen. Wenn Jo diesen stolzen, verächtlichen Ausdruck in den Augen hatte, ließ man sich besser auf keine Debatte mit ihr ein. Trotzdem raffte sich Beth noch einmal auf und sagte mit dünner Stimme: »Jo, es ist doch verrückt, auf das Glück eines ganzen Lebens zu verzichten, nur weil man dafür zwei Jahre opfern muß.«
    »Du hast in gewisser Weise recht, aber du kennst mich nicht so gut, wie ich mich selbst kenne. Zwei Jahre in Rangimarie würden einen Teil meines Ichs töten — und auch meine Liebe zu Lester. Mit Leuten zusammen leben, die von Klassenunterschieden und >Gentlemen und Ladies< reden — o nein...«
    Sie hatten die Hauptstraße erreicht, und Jo zügelte Rajah und griff nach Beths Hand. »Laß mich jetzt allein weiterreiten. Es war schön, dich noch einmal zu sehen. Auf baldiges Wiedersehen. Besuch mich doch einmal in der Stadt...« Und dann sprengte sie plötzlich davon, und Beth sah ihr traurig nach.
    Jo ritt durch den Wald und dachte an die Maori, die hier heiter und glücklich lebten. Sie dachte an ihre Freunde in Eldado, an die Farmer, die sie während der Grippeepidemie besucht hatte. Das waren echte Menschen, keine Snobs wie die Bewohner von Rangimarie, die so großen Wert darauf legten, welche Position der Großvater des Mr. Soundso bekleidet und was für Schulen man besucht hatte. Und dann wanderten ihre Gedanken zu Lester. Wie konnte er in einer solchen Atmosphäre leben — allein? Und während des ganzen Ritts wurde Jo von ihrem Problem begleitet, ihr Herz drängte in die eine Richtung,

Weitere Kostenlose Bücher