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Das Jahr der Flut

Das Jahr der Flut

Titel: Das Jahr der Flut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Atwood
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werde, liegt Croze zusammengerollt hinter mir, und ich merke ihm an, dass er besorgt und traurig ist; also drehe ich mich zu ihm, und dann umarmen wir uns, und er will Sex. Aber auf einmal will ich keinen Sex mehr, ohne denjenigen zu lieben, und seit Jimmy habe ich in dem Sinne eigentlich niemanden mehr geliebt; im Scales ganz bestimmt nicht, wo es ja immer nur gespielt war, nach den schrägen Fantasien fremder Leute.
    Und in meinem Inneren ist ein dunkler Fleck, als wäre mir Tinte ins Gehirn gelaufen − an dieser Stelle kann ich nicht über Sex nachdenken. Da ist ganz viel Gestrüpp und irgendwas mit Amanda, und ich will da nicht sein. Ich sage: »Noch nicht.« Und obwohl Croze immer ein bisschen schwer von Begriff war, scheint er Verständnis zu haben, und so klammern wir uns nur aneinander und reden.
    Er steckt voller Pläne. Sie wollen dieses bauen und jenes; sie wollen die Schweine entweder loswerden oder zähmen. Sobald die beiden Painballer tot sind − das werde er eigenhändig besorgen −, wird er mit mir, Amanda und Shackleton zum Angeln an den Strand gehen. Und die MaddAddam-Gruppe − Bill und Segge und Tamaraw und Nashorn, sie alle −, das sind echte Checker, die werden die Kommunikation ganz schnell wieder zum Laufen bringen.
    »Mit wem sollen wir denn kommunizieren?«, frage ich, und Croze sagt, es muss noch andere Leute da draußen geben. Dann erzählt er mir von den MaddAddams − wie sie mit Zeb zusammengearbeitet haben, bis ihnen das CorpSeCorps durch einen MaddAddam mit dem Codenamen Crake auf die Schliche gekommen war und sie als Intelligenzsklaven in einem Kuppelgebäude namens Paradies-Projekt landeten. Sie hatten die Wahl, entweder das oder Tod durch Spraygewehr, also entschieden sie sich für den Job. Als die Flut kam und die Wachen auf einmal weg waren, hatten sie das Sicherheitssystem deaktiviert, was ihnen als Superchecker nicht allzu schwer gefallen war, und waren einfach gegangen.
    Einiges davon hatte er mir schon erzählt, aber ohne
Paradies-Projekt
oder
Crake
zu erwähnen. »Warte mal kurz«, sage ich. »Ist es das, woran sie in diesem Kuppelgebäude gearbeitet haben? An der Unsterblichkeit?«
    »Ja«, sagt Croze. Sie alle hatten Crake bei seinem großen Experiment unterstützt: einen vollendet schönen transgenen Menschen zu erfinden, der ewig leben konnte. Sie hatten auch bei der OrgassPluss-Pille die meiste Arbeit geleistet, wobei sie die Pille selbst nicht hatten probieren dürfen. Nicht dass sie versucht gewesen wären: Man hatte zwar besseren Sex als je zuvor, aber die Pille hatte schwere Nebenwirkungen, zum Beispiel ging man dabei drauf.
    »Und so fing das mit der globalen Seuche an«, sagt Croze. »Crake hatte sie gezwungen, sie in die Supersexpille einzubauen.« Wieder dachte ich, was für ein Glück ich hatte, denn wenn ich nicht in der Klebezone gewesen wäre, hätte ich am Ende trotz Mordis’ Drogenverbot für Scales-Mädchen heimlich die OrgassPluss-Pille ausprobiert. Es hörte sich einfach so toll an, wie eine ganz andere Realität.
    »Wer macht denn so was?«, sage ich. »Eine giftige Sexpille erfinden.« Glenn, wer sonst. Genau davon hatte er damals im Scales den wichtigen Leuten von ReJuv erzählt. Ich konnte mich an die Spitznamen erinnern, an Oryx und Crake. Ich dachte damals, sie hätten nur mit irgendwelchen Sexspielen zu tun, mit Glenn und seiner Ficknummer: Viele hatten Tiernamen zu der Zeit. Panther, Tiger und Vielfraß, Muschi und Wauwau. Aber es waren gar keine Sexnamen, sondern Codenamen. Oder vielleicht beides.
    Eine kurze Sekunde lang denke ich darüber nach, Croze das alles zu erzählen − dass ich aus einem früheren Leben so einiges weiß über diesen Crake. Aber dann müsste ich ihm ja auch erzählen, was ich früher im Scales gemacht habe − nicht nur trapeztanzen oder ein bisschen auf Kommando schnurren oder zwitschern, sondern auch die anderen Sachen, in den Zimmern mit den Federn an der Decke. Das alles würde Croze nur ungern hören: Jungs stellen sich nie gerne vor, wie andere Jungs mit einem Sexsachen machen, die sie lieber selbst mit einem machen würden.
    Also fragte ich stattdessen: »Und was ist mit diesen gespleißten Leuten? Den perfekten Menschen? Haben sie die wirklich gebaut?« Bei Glenn musste immer alles überperfekt sein.
    »Klar haben sie die gebaut«, sagt Croze, als wäre es das Normalste der Welt.
    »Die sind dann wohl gestorben wie alle anderen«, sage ich.
    »Eben nicht«, sagt Croze. »Die leben unten am Meer. Die

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