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Das Jahr der Kraniche - Roman

Das Jahr der Kraniche - Roman

Titel: Das Jahr der Kraniche - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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dachte an Laura. Wo war sie? Hatte sie wirklich einen sicheren Unterschlupf gefunden, in dem sie das erste Tageslicht abwartete? Oder war sie schon längst… Sie durfte nicht tot sein. Es durfte nicht noch einmal passieren. Aber was, wenn Elke, seine Tochter, wieder durchgedreht war? Nein! Elke hatte sich verändert. Sie war nicht mehr die verzweifelte Frau, die sie vor zehn Jahren gewesen war. Marius und sie lebten eine harmonische Ehe. Sie hatte keinen Grund, Laura aus dem Weg zu räumen. Im Gegenteil, Laura würde Elke mit dem Kind so ein großes Geschenk machen. Sie freute sich doch fast so sehr darauf wie Laura selbst. Er durfte sich nicht verrückt machen. Es würde nichts geschehen. Morgen früh würde Laura wieder auftauchen, vielleicht ein bisschen unterkühlt, aber ansonsten gesund.
    Er sollte ins Bett gehen. Einfach versuchen, ein paar Stunden zu schlafen. Doch er wusste, dass er kein Auge zutun würde. Also würde er jetzt schon nach Laura suchen. Er würde die Wege abgehen, von denen er wusste, dass Laura sie gern ging. Zur Pferdekoppel würde er gehen, ja, natürlich, die Koppel. Vielleicht hatte sich Laura in die kleine Hütte dort zurückgezogen.
    Als er aufstand, fiel sein Blick auf seinen Steg. Etwas war anders dort als sonst. Er ging hin. Natürlich, das Boot, es war weg! Sollte Laura sich das Boot genommen haben? Hatte sie auf dem See einen Unfall gehabt? War ihr schwindlig geworden? War sie ins Wasser gestürzt? Alarmiert rannte er am Ufer entlang. Er musste zu Jan. Sie mussten sofort den See absuchen. Als er das platschende Geräusch von Rudern hörte, die ins Wasser tauchten, war er unendlich erleichtert. Sie lebte und ruderte gerade jetzt in seinem Boot über den See. Er starrte auf das Wasser. Das Boot tauchte aus einer Bucht auf. Der Mond beleuchtete es. Hanno erkannte die Frau, die das Boot ruderte. Es war nicht Laura, sondern Elke. Sie steuerte auf die Kranichinsel zu.
    Laura bemühte sich, nicht einzuschlafen. Sie wollte auf jeden Fall wach sein, wenn Elke wieder zurückkam. In ihrem Kopf klopfte der Schmerz. Ihre Hände und Füße waren angeschwollen. Sie hatte versucht, einen Plan zu machen für den Moment, in dem Elke hier wieder auftauchte. Sie musste sie unter allen Umständen dazu bekommen, ihr die Fesseln zu lösen.
    Als sie hörte, wie ein Schlüssel ins Türschloss gesteckt wurde, spannte sich ihr Körper an. Sie würde nicht kampflos aufgeben. Sie schloss die Augen. Elke sollte ihre Angst nicht sehen. Sie konnte ihren Herzschlag in jeder Faser ihres Körpers spüren.
    »Schläfst du?«
    Elkes Atem roch nach Wein und einem Hauch von Knoblauch. Das war doch nicht möglich! Hatte sie wirklich in den Stunden, in denen sie sie hier allein gelassen hatte, gegessen und getrunken, womöglich mit Marius zusammen? Hatte sie ihm die liebende Ehefrau vorgespielt und vielleicht sogar auch noch die besorgte Freundin, die behauptete, keine Ahnung zu haben, wo Laura steckte?
    »Jan hat bestimmt schon die Polizei alarmiert. Sie suchen mich sicher schon. Du hast keine Chance, Elke.«
    Sie riss die Augen auf und sah das Gesicht ihrer Entführerin hell im Mondschein leuchten.
    »Du glaubst, er macht sich Sorgen?«
    Ihr höhnisches Lachen gellte in Lauras Ohren.
    »Dein lieber Ehemann hat mir gerade einen netten Besuch abgestattet. Wir haben Wein getrunken und ganz reizend geplaudert. Stell dir vor, er hat den Auftrag in Köln bekommen. Aber das interessiert dich jetzt vermutlich nicht so brennend.«
    »Lass mich frei, Elke. Ich werde sagen, dass ich mich verlaufen habe. Ich werde niemandem erzählen, was wirklich passiert ist.«
    »Das… wirst du ganz sicher nicht. Weil du keine Gelegenheit bekommen wirst, überhaupt noch irgendjemandem etwas zu erzählen.«
    »Jan wird sich alles zusammenreimen. Er wird herausfinden, was du getan hast. Du glaubst doch nicht wirklich, dass du ungeschoren davonkommst.«
    Der Schlag ins Gesicht kam unerwartet. Ihr Kopf wurde von der Wucht zur Seite gerissen. Laura konnte nicht verhindern, dass sie vor Schmerz aufschrie.
    »Halt einfach den Mund. Was du denkst, interessiert hier keinen. Und jetzt komm, wir müssen hier weg.«
    Sie will mich wegbringen. Kalte Angst ergriff Laura. Hier auf der Insel hätte sie vielleicht gefunden werden können, aber nicht irgendwo in der Tiefe der Wälder. Sie durfte sie nicht wegbringen.
    Das Moor! Sie wird mich im Moor versenken. Wahrscheinlich hat sie das mit Julia auch gemacht. Was hatte Jan gesagt?: Wenn du im Moor umkommst,

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