Das Jahr der Kriesen
sensationellste Ereignis, das momentan stattfand; wie immer las er begierig jedes einzelne Wort.
Dieser Tag begann für Darius Pethel mit Vidphon-Anrufen erzürnter Kunden, die wissen wollten, warum ihre Jiffi-Scoutporter nicht repariert worden waren. Kann jeden Moment soweit sein, sprach er besänftigend auf sie ein und hoffte, daß Erickson in der Service-Abteilung von ›Pethels Jiffi-Scoutportern, Verkauf & Service‹, bereits an der Arbeit war.
Sobald er vom Vidphon losgekommen war, suchte Pethel in der Unordnung auf seinem Schreibtisch nach dem aktuellen Exemplar des US-Wirtschafts-Report; er hielt sich natürlich über alle wirtschaftlichen Entwicklungen auf dem Planeten auf dem laufenden. Dies allein stellte ihn über seine Angestellten; dies, sein Reichtum und sein fortgeschrittenes Alter.
»Was steht da?« fragte sein Verkäufer Stu Hadley, der in der Tür des Büros stand, den Robam-Magnetbesen in der Hand. Er hatte seine Tätigkeit unterbrochen.
Stumm las Pethel die Hauptschlagzeile.
Auswirkungen eines Neger-Präsidenten auf die Geschäftsgemeinschaft der Nation
Und dort gab es, in 3-D, belebt, ein Bildnis von James Briskin. Das Bild erwachte zum Leben, Kandidat James Briskin lächelte in Miniatur, als Pethel den Streifen darunter drückte. Die schnauzbartverdeckten Lippen des Negers bewegten sich, und über seinem Kopf erschien eine Blase, mit den Worten gefüllt, die er sprach.
Meine erste Aufgabe wird es sein, eine gerechte Verfügung in Sachen der -zig Millionen Schlafenden zu finden.
»Und jeden letzten Flakkie auf den Arbeitsmarkt zurückzuwerfen«, murmelte Pethel. Er ließ den Wortstreifen los. »Wenn dieser Bursche drankommt, ist die Nation ruiniert.« Aber es war unvermeidlich. Früher oder später würde es einen Neger-Präsidenten geben. Es gab seit dem Ereignis von 1993 mehr Farbige als Weiße.
Finster blätterte er um auf Seite zwei: zum Neuesten über den Lurton-Sands-Skandal. Vielleicht würde ihn das aufmuntern, wenn die politischen Nachrichten schon so schlecht waren. Der berühmte Organverpflanzungschirurg war in einen sensationellen, angefochtenen Scheidungsprozeß gegen seine gleichermaßen berühmte Frau Myra, der Abtreibungsberaterin, verwickelt worden. Alle Arten von saftigen Details begannen herauszusickern, Anschuldigungen auf beiden Seiten. Dr. Sands hatte – den Vidblättern zufolge – eine Geliebte; deshalb betrieb Myra die Trennung, und das mit Recht. Nicht wie in der guten alten Zeit, dachte Pethel, und erinnerte sich an seine Jugend in den späten Jahrzehnten des zwanzigsten Jahrhunderts. Jetzt schrieb man das Jahr 2080, und die öffentliche – und private – Moral hatte sich verschlechtert.
Weshalb mußte Dr. Sands überhaupt eine Geliebte haben, fragte sich Pethel, wo es doch diesen Goldenes-Tor-Momente-der-Freude-Satelliten gab, der jeden Tag oben vorbeikam? Man sagt, dort könnte man aus fünftausend Mädchen auswählen.
Er selbst hatte Thisbe Olts Satelliten nie besucht; er billigte ihn nicht, genausowenig wie viele Jerries – es war eine zu radikale Lösung für das Überbevölkerungsproblem, und die Älteren hatten damals, ‘72, ihre Annahme im Kongreß brieflich und telegrafisch bekämpft. Aber das Gesetz war trotzdem durchgekommen... Wahrscheinlich, überlegte er, weil die meisten Kongreßabgeordneten den Vorsatz im Schädel gehabt hatten, selbst ein Jet’axi nach dort zu nehmen. Und jetzt taten sie es ohne Zweifel regelmäßig.
»Wenn wir Weißen zusammenhalten...« begann Hadley.
»Hören Sie zu«, sagte Pethel, »diese Zeit ist vorbei. Wenn Briskin die Flakkies wegkriegt, dann bedeutet das mehr Macht für ihn. Mich persönlich hält es nachts wach, wenn ich an all diese Leute denke, die meisten von ihnen gerade Kinder, die Jahr um Jahr in den Regierungslagerhäusern liegen. Schauen Sie sich die brachliegenden Talente an. Es ist – bürokratisch. Nur eine aufgeblasene sozialistische Regierung hätte sich eine solche Lösung erträumt.« Er betrachtete seinen Verkäufer streng. »Wenn Sie nicht diesen Job bei mir bekommen hätten, könnten auch Sie...«
Hadley unterbrach ruhig: »Aber ich bin weiß.«
Als er weiterlas, sah Pethel, daß Thisbe Olts Satellit 2079 eine Milliarde US-Dollars umgesetzt hatte. Junge, Junge, sagte er zu sich selbst. Das ist Big Busineß. Vor ihm war ein Bild von Thisbe – mit kadmiumweißem Haar und kleinen, hohen, kugelförmigen Brüsten war sie ein prächtiger Anblick, eine ästhetische wie auch
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