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Das Jahr der Maus

Das Jahr der Maus

Titel: Das Jahr der Maus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang (Hrsg.) Jeschke
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natürlichen Umgebung zu beobachten. Und es bestünde die Möglichkeit, unter der Kuppel irgendein Tier zu halten. Darüber hinaus würde man von dort weit in die Natur sehen. So könnten sich die Menschen allmählich an alles gewöhnen.
    Or gefiel es draußen sehr. Doch woher nehme ich das Material für die Kuppel?
     
    235 GS 10
    Ich versuchte, Eva meinen Standpunkt zu den Verwandlungen zu erklären. Ein ziemlich heftiger und häßlicher Auftritt. Schließlich erkannte sie meine Argumente an, doch ununterbrochen wiederholte sie, die Verwandlungen solle jemand anders machen. Ich verstehe sie, doch kann ich ihr kaum helfen.
     
    235 GS 11
    Na – und schon ist es da! Eden verlangte wieder eine Erhöhung der Rohstofflieferungen. Aus seiner Sicht war Eden auch im Recht. Der Einsatz der zweiten Superautomatik hat sich doch adäquat auf die Rohstoffmenge auswirken müssen.
    Dazu noch – wohl ganz berechtigt – fragte Eden, wozu ich den bislang nie verlangten Werkstoff brauchte, also die durchsichtige Plastiksubstanz. Natürlich konnte ich nicht antworten – für die geplante Kuppel, meine lieben Eds –, und so dachte ich mir irgendwelche nichtexistierende Schwierigkeiten aus. Ich war selbst neugierig, wie lange ich mit der Lüge durchkommen würde.
    Eva spricht zwar mit mir, aber mehr tut sie nicht. Als ich versuchte, sie an der Hand zu nehmen, riß sie sich los und lief weg. Allerdings – zu meiner eigenen Verwunderung – genügte es mir schon nicht mehr, sie zu sehen und mit ihr zu sprechen.
     
    235 GS 13
    In der neuen Kuppelhalle veranstaltete ich eine Versammlung. Etwas wie ein feierliches Abendessen, verbunden mit einem Pflichtspaziergang und einem Vortrag über Setra. Ein Riesenerfolg war es gerade nicht. Die Stimmung war eisig, die Leute kamen nur, weil sie eben mußten. Ich werde mir etwas Neues einfallen lassen müssen, wenn ich sie wenigstens hierher bekommen will.
    Ich dachte nach, von welchem Zeitpunkt an die Ereignisse eine solche Beschleunigung erfahren hatten. Noch unlängst hatten ich und Eva unsere Gespräche über die Erde strikt geheimgehalten. Und jetzt? Nun können wir nicht mehr zurück.
    Vielleicht war Evas Enthüllung, wie das eigentlich mit der Verwandlung in Wirklichkeit war, daran schuld, vielleicht hatte unsere Kenntnis über die Erde das alles in Bewegung gesetzt. Natürlich: Mit dem, was wir wissen, können wir nicht das fortsetzen, was wir bisher getan haben. Ich jedenfalls nicht. Trotzdem gibt es aber Augenblicke, wo es mir lieber wäre, wenn ich nichts gewußt hätte, wenn ich derselbe Mensch geblieben wäre, der ich vor einigen Monaten gewesen war. Das Gefühl, wir rasen irgendwo hin, und ich weiß nicht wohin, hält mich fest im Griff. Doch es gibt keinen Weg zurück.
     
    235 GS 15
    Die Superautomatik 1 stieß auf eine ungeeignete geologische Struktur. Ich mußte Superautomatik 2 einschalten und die meisten Leute in verlängerten Schichten arbeiten lassen. Nach der vorläufigen Analyse sollten wir in einer oder in zwei Wochen wieder in eine normale Formation gelangen. Vorläufig versorge ich Eden aus dem bisherigen Vorrat.
     
    235 GS 15
    Endlich ist Eva zurück! Sie tat so, als ob nichts gewesen wäre, und brachte mir eine Kopie aus irgendeiner Enzyklopädie. Kleine Statue eines Königs aus einer grauen irdischen Vorzeit, Feudalismus wurde sie wohl genannt. Mit Hilfe eines Spiegels überzeugte sie mich, daß es offensichtlich Knochen dieses Monarchen waren, welche als Quelle des Klonens für meine Ahnen und Zwillingsbrüder gedient hatten. Wie dem auch sei. Dadurch würde sich einiges erklären.
    Irgendwo tief in der Vergangenheit, vor einer Zeit, deren Länge ich mir gar nicht vorstellen konnte, hatte mein Ahne sein Pferd auf der grünen Wiese tummeln lassen. Auf einem Grün, das ich nie mit meinen eigenen Augen sehen werde, und wohl hatte er bei jedem Anzeichen von Gefahr das Schwert an seiner Hüfte gesucht. Jedenfalls erklärt das meinen Traum, doch es interessiert mich nicht mehr so wie früher. Ich wußte nie, wie man auf einem Pferd reitet, nie hatte ich etwas in der Hand gehalten, das einer Waffe ähnelte, so viel glaubte ich zu wissen, daß ich niemals einen Menschen töten könnte … Wir sind eben anders, und auch die letzten Erdmenschen waren anders gewesen. Diese Vergangenheit interessiert mich nur soweit, als sie unsere Gegenwart und Zukunft erklären kann.
    Und dann, hier ist Eva. Sie hatte auch das Bild der Ehefrau des alten Königs gefunden, und sie ist

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