Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Jahr der stillen Sonne

Das Jahr der stillen Sonne

Titel: Das Jahr der stillen Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilson Tucker
Vom Netzwerk:
sagte Chaney.
    Saltus streckte den Kopf aus der Duschkabine. »Wollen Sie eklig sein, Zivilist?«
    »Ich bin nur skeptisch, Seebär.«
    »Spielverderber!«
    »Warum sollten wir die Schriftrollen fotografieren wollen?«
    »Um die ersten zu sein.«
    »Wozu das?«
    Saltus kam wieder unter der Dusche hervor. »Nun … wir wollen eben die ersten sein. Wir sind am liebsten überall die ersten. Wo bleibt Ihr Patriotismus, Zivilist?«
    »Ich trage ihn in der Hosentasche bei mir. Wie fotografieren wir die Schriftrollen in einer finsteren Höhle?«
    »Dafür bin ich zuständig! Wir nehmen alles mit Infrarot auf, versteht sich. Machen Sie sich wegen der Technik keine Sorgen, Mister. Ich war früher Fotograf, wissen Sie.«
    »Das habe ich nicht gewußt.«
    »Ich habe als Kameramann angefangen. Erinnern Sie sich noch an die Gemini-Flüge vor dreizehn oder vierzehn Jahren?«
    »Ja.«
    »Ich war als Fotograf auf dem Flugzeugträger, als die Flüge begannen. Das war 1964. Und 1966, als das Gemini-Programm abgeschlossen wurde, bin ich schon mit dem Hubschrauber zur Kapsel hinausgeflogen.« Saltus zuckte mit den Schultern. »Aber was habe ich jetzt davon? Ich sitze hinter einem Schreibtisch!« Er machte ein unzufriedenes Gesicht.
    »Ich habe etwas dazugelernt«, stellte Chaney fest.
    »Was denn?«
    »Warum Sie und ich hier sind. Ich untersuche die Struktur der Zukunft; Sie werden sie filmen. Welches Spezialgebiet hat der Major?«
    »Luftaufklärung. Ich dachte, das wüßten Sie.«
    »Nein, das ist mir neu. Spionage?«
    »Nein, nein – der gute alte William ist auf Befragung und Auswertung spezialisiert. Er weist die Piloten in ihre Ziele ein, bevor sie losfliegen, und erklärt ihnen, wie sie getarnt sind und verteidigt werden. Und nach ihrer Rückkehr quetscht er sie aus, um zu erfahren, was sie gesehen haben, was sich verändert hat, wo neue Feuerstellungen errichtet worden sind und was sie sonst beobachtet haben.«
    »Luftaufklärung«, murmelte Chaney vor sich hin. »Ein heller Kopf?«
    »Darauf können Sie Ihren letzten Steuerdollar setzen, Zivilist. Erinnern Sie sich an die Landkarten, die Katrina uns gestern gezeigt hat?«
    »Ich vergesse sie bestimmt nicht so schnell. Streng geheim!«
    »Für den Major gilt das wörtlich: Er hat sie sich eingeprägt. Mister, wenn Sie ihm heute eine andere Karte zeigen, auf der irgendeine Kleinstadt in Illinois im Vergleich zu gestern einen halben Zentimeter weit verschoben ist, deutet der alte William auf diese Stadt und sagt: ›Gestern hat sie noch hier gelegen.‹ So gut ist er!« Saltus grinste unbekümmert. »Vor ihm kann der Feind keinen Wassertank, keine Raketenstellung und keinen Munitionsbunker verstecken – nicht vor dem alten William.«
    Chaney nickte verwundert. »Merken Sie, was für ein erstaunliches Team dieser geheimnisvolle Mr. Seabrooke zusammengestellt hat? Ich wollte, ich wüßte, was uns seiner Meinung nach in Zukunft erwartet …«
     
    Arthur Saltus verließ sein Zimmer, überquerte den Flur und blieb vor Chaneys Tür stehen. Er trug leichte Sommerkleidung.
    »He, was ich Sie noch fragen wollte – wie gefällt Ihnen unsere Katrina?«
    »Sie ist hübsch und intelligent«, antwortete Chaney ausweichend. Er zeigte auf die geschlossene Tür, hinter der Moresby schnarchte. »Sollen wir ihn wecken?«
    »Nein! Er ist ein richtiger Brummbär, wenn er zu früh aus seiner Höhle geholt wird – und er frühstückt nie. Angeblich denkt und kämpft er am besten mit leerem Magen.«
    »Der reinste Spartaner«, murmelte Chaney ironisch.
    »Schon gut! Kommen Sie, wir gehen zum Frühstück.«
    Sie verließen das Gebäude und marschierten auf dem betonierten Gehsteig in Richtung Kantine. Ein Jeep und eine olivgrüne Limousine fuhren an ihnen vorbei. In einiger Entfernung standen Dutzende von Wagen auf dem Parkplatz vor der Kantine. Sie waren die einzigen Fußgänger.
    »Heute müßte man schwimmen«, meinte Chaney. »Gibt es hier irgendwo einen Swimming-pool?«
    »Es muß wohl einen geben – Katrina hat ihre prächtige Sonnenbräune nicht nur einer Höhensonne zu verdanken. Er liegt drüben an der E Street beim Offiziersklub, glaube ich. Gehen wir heute nachmittag hin?«
    »Wenn sie uns läßt. Vielleicht müssen wir lernen.«
    »Davon habe ich schon die Nase voll! Mich interessiert es überhaupt nicht, wie viele Wähler mit Plastikmägen in zwanzig Jahren in Chicago leben werden. Mister, wie können Sie sich jahrelang mit solchen Zahlenspielen befassen?«
    »Sie faszinieren mich –

Weitere Kostenlose Bücher