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Das Jahr der stillen Sonne

Das Jahr der stillen Sonne

Titel: Das Jahr der stillen Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilson Tucker
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die Stadt, sah in die Schaufenster, die noch nicht mit Brettern vernagelt waren, und betrachtete die Autos am Straßenrand. Die neuen Modelle unterschieden sich tatsächlich kaum von älteren Wagen – als sei Detroit endlich vernünftig geworden und verzichte auf den jährlichen Modellwechsel.
    Die Schaufenster eines Supermarkts waren mit Plakaten überklebt, auf denen sensationelle Sonderangebote angepriesen wurden. Chaney war neugierig genug, um das Geschäft zu betreten und sich die 1001 Sonderangebote anzusehen. Zwei Äpfel kosteten einen Quarter, Brot 45 Cent das Pfund, Milch 99 Cent im Zweiliterbehälter, Eier einen Dollar das Dutzend, Hackfleisch 1,29 Dollar das Pfund. Das Hackfleisch bestand zur Hälfte aus Fett. Chaney beugte sich in der Fleischabteilung über die Theke und stellte fest, daß ein Pfund Steak 2,49 Dollar kosten sollte. Er kaufte eine Schachtel ›Mondkapseln‹ für 90 Cent und stellte fest, daß es sich um mit Vitaminen angereicherte Karamellen handelte. Auf der Rückseite der Packung wurde behauptet, die NASA gebe ihren auf dem Mond arbeitenden Astronauten täglich drei dieser Kapseln.
    Chaney verließ den Supermarkt, ging zu seinem Wagen zurück und fand einen Strafzettel wegen Überschreitung der Parkzeit unter dem Scheibenwischer. Die Geldstrafe betrug fünf Dollar, wenn sie noch am gleichen Tag entrichtet wurde; danach waren zehn Dollar zu zahlen. Chaney kritzelte etwas auf ein Blatt aus seinem Notizbuch und steckte den Zettel in den beiliegenden Umschlag. Dann warf er beides zusammen in den dafür bestimmten Kasten an der nächsten Parkuhr. Er konnte sich vorstellen, wie die Polizei darauf reagieren würde.
    Er setzte sich ans Steuer und fuhr zur Forschungsstation zurück. Die abendliche Ausgangssperre trat erst in einigen Stunden in Kraft, aber er hatte genug von Joliet – und beinahe genug von 1980. Es war kälter und unbehaglicher, als die Außentemperatur vermuten ließ.
    Die Besatzung eines Streifenwagens am Stadtrand sah ihm nach, als er Joliet verließ.
     
    Das Wachgebäude war noch immer mit einem Offizier und zwei Militärpolizisten besetzt; die Wache hatte gewechselt, das Verfahren war gleichgeblieben.
    »Sie kommen in die Station, Sir?«
    Chaney warf einen Blick auf das geschlossene Tor vor dem Kühler seines Wagens. »Ja, das wollte ich eigentlich.«
    »Darf ich Ihre Ausweiskarte und Ihren Personalausweis sehen?«
    Chaney zeigte beides vor. Der Offizier las die Eintragungen zweimal und verglich Chaneys Gesicht sorgfältig mit dem Paßfoto.
    »Sie waren in Joliet?«
    »Ja.«
    »Aber nicht in Chicago?«
    »Nein.«
    »Danke, Sir.« Der Offizier gab einem Posten ein Zeichen, er solle das Tor öffnen. »Sie können weiterfahren, Sir.«
    Brian Chaney stellte den Wagen auf dem Parkplatz hinter dem Laborgebäude ab. Die beiden anderen Autos waren fort. Auch die glänzende Münze war vom Haupteingang des Gebäudes verschwunden.
    Chaney holte die verschiedenen Ausrüstungsgegenstände aus seinen Taschen, als ihm plötzlich einfiel, daß er keine einzige Aufnahme gemacht hatte. Er hatte nicht einmal die finster dreinblickenden Polizisten oder den Alten mit dem Besen fotografiert. Darüber würden Kathryn van Hise und Gilbert Seabrooke nicht gerade glücklich sein. Chaney drückte eine Kassette in sein Tonbandgerät und öffnete das Notizbuch; er war davon überzeugt, zwei oder drei Kassetten mit einem Bericht füllen zu können. Mit Hilfe seiner Notizen diktierte er eine Zusammenfassung des Inhalts der beiden Jahrbücher und lieferte damit genau das, was Seabrooke sich vorgestellt hatte: einen fundierten Ausblick in die Zukunft.
    Er ließ seine Geräte auf dem Beifahrersitz liegen und stieg aus, um sich die Füße zu vertreten. Ein Blick nach Westen zeigte ihm, daß er noch mit etwa zwei Stunden Tageslicht rechnen konnte. Die von den Ingenieuren festgesetzte Fünfzigstundengrenze lag in weiter Ferne.
    Der neugierige Futurologe entschloß sich zu einem Rundgang.
    Als erstes besuchte er den Block, in dem Moresby, Saltus und er wohnten – und stellte fest, daß die Tür abgeschlossen war. Das Gebäude wirkte völlig unbewohnt. Chaney blieb nachdenklich stehen. Das Gebäude leer? Er selbst nicht mehr hier? Moresby, Saltus und er nicht mehr in der Station?
    Dieser Tag, diese Stunde, dieses Jetzt war zeitlich nur zwei Jahre von der erfolgreichen Erprobung des Fahrzeugs entfernt. Vor nur zwei Jahren war das eigentliche Forschungsprogramm angelaufen. Und jetzt sollte es bereits zu Ende

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