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Das Jahr der stillen Sonne

Das Jahr der stillen Sonne

Titel: Das Jahr der stillen Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilson Tucker
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bevor sie vorbeugende Maßnahmen beschlossen. Sie wollten ›eine Politik positiver Polarisierung‹ beschließen – was immer das sein mochte.
    Eine letzte Inspektion der Forschungsstation, dann war der Auftrag erfüllt, einen Teil der Zukunft zu untersuchen und darüber Bericht zu erstatten.
    Chaney packte eine Feldflasche voll Wasser, Lebensmittelkonserven und Zündhölzer in den leichten Rucksack, obwohl er sich voraussichtlich nicht lange genug im Freien aufhalten würde, um die Dosen zu brauchen. Daß die alten Batterien nicht mehr verwendbar waren, kam ihm sogar zustatten, weil er nun das Funkgerät und das Tonbandgerät ohne schlechtes Gewissen zurücklassen konnte. Aber er legte einen Film in die Kamera ein, um Aufnahmen vom jetzigen Zustand der Station machen zu können, die Gilbert Seabrooke haben wollte. Arthur Saltus’ Beschreibung war deprimierend genug gewesen. Ein letzter Blick in den Lagerraum zeigte Chaney nichts mehr, was er voraussichtlich brauchen konnte.
    Chaney fuhr sich mit der Zungenspitze über die vor Aufregung trockenen Lippen und verließ den Schutzraum.
    Am Ende des staubigen Korridors führte eine Treppe zum Ausgang hinauf. Die Warntafel mit der Anweisung, das Gebäude nur unbewaffnet zu verlassen, die Chaney von seinem ersten Besuch her kannte, war dick mit schwarzer Farbe übermalt worden. Chaney warf einen Blick auf seine Uhr, merkte sich die Zeit und stellte die beiden Laternen, die er mitgenommen hatte, auf dem oberen Treppenabsatz bis zu seiner Rückkehr ab. Dann steckte er die beiden Schlüssel in das Doppelschloß und öffnete zögernd die Tür.
    Draußen schien die Sonne, aber die Morgenluft war unerwartet kühl. Der strahlendblaue Himmel, an dem kein einziges Flugzeug zu sehen war, wirkte geradezu frisch geschrubbt; er unterschied sich auffällig von dem dunstigen Blau, das Chaney zu sehen gewohnt war. An einzelnen Stellen, die noch im Schatten lagen, bedeckte leichter Rauhreif den Boden.
    Chaney sah auf die Armbanduhr. Sie zeigte halb zehn, und er schätzte, daß sie etwa zwei Stunden vorging, weil die Sonne noch tief am Horizont stand.
    Auf dem Parkplatz fand er einem zweirädrigen Karren vor.
    Chaney betrachtete das primitive Gefährt erstaunt, weil er mit etwas anderem gerechnet hatte. Der Karren bestand aus einem Holzaufbau über einer Achse und einem Paar Räder. Vermutlich stammten sie aus einem der kleinen Elektroautos, die Saltus beschrieben hatte. Wo Nägel allein nicht ausreichten – an Eckverbindungen und um die Achse an dem Aufbau zu befestigen –, war Draht verwendet worden. Die Reifen waren längst zerbröckelt, so daß der Karren jetzt auf den Metallfelgen stand. Er war offenbar von keinem geschickten Handwerker gebaut worden.
    Als Chaney wieder den Kopf hob, fiel ihm der Lehmhügel hinter dem Parkplatz auf, wo früher ein großes Blumenbeet gewesen war. Gras und Unkraut wucherten überall, versperrten ihm die Sicht auf die übrigen Gebäude der Forschungsstation und verdeckten auch den gelblichen Hügel teilweise. Das Gras wuchs hüfthoch und bildete einen grünen Teppich, so weit das Auge reichte. Chaney fühlte sich an das Büffelgras erinnert, das hier vor Jahrhunderten gewachsen sein mußte, als Illinois noch ein Teil der indianischen Prärie war. Das hatte die Zeit bewirkt – die Zeit und mangelnde Pflege. Die Rasenflächen der Station waren jahrzehntelang nicht mehr gemäht worden.
    Chaney sah sich nach allen Seiten um, bevor er sich dem Lehmhügel näherte.
    Als er noch dreißig Meter davon entfernt war, entdeckte er einen Fußpfad, der vom Rand des ehemaligen Parkplatzes zu dem Lehmhügel führte. Die nächste Entdeckung war noch überraschender. Neben dem Weg verlief eine Wasserrinne, die im hohen Gras nicht auf den ersten Blick sichtbar war; sie war aus alten Dachrinnen zusammengefügt, die von irgendeinem Gebäude stammten. Chaney blieb verblüfft stehen, starrte zuerst die Rinne und dann den Lehmhügel an und ahnte bereits, was er dort finden würde. Er ging langsam weiter.
    Er kam plötzlich auf einen freien Platz im hohen Gras und sah, was der Lehmhügel war: eine Zisterne mit hölzernem Deckel. Ein Eimer an einem Seil stand daneben.
    Chaney ging langsam um die Zisterne, deren erhöhter Rand aus Lehm bestand, und entdeckte eine zweite Wasserrinne aus dem gleichen Material. Diese andere Rinne führte durchs Gras zu dem Laborgebäude hinüber und nahm vermutlich das Regenwasser aus der Traufe auf. Der Lehmhügel war nicht erst vor kurzem

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