Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Jahr der stillen Sonne

Das Jahr der stillen Sonne

Titel: Das Jahr der stillen Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilson Tucker
Vom Netzwerk:
Schultern durch die Luke ragten. Er hoffte, daß er in diesem Raum allein war, denn das ZVF stand in völliger Dunkelheit. Die Luft war eisig kalt und roch nach Ozon. Chaney stemmte sich aus dem Fahrzeug und glitt an dem Aluminiumrumpf hinab. Saltus hatte ihn vor der fehlenden Metalleiter gewarnt, deshalb rutschte er vorsichtig zu Boden und blieb einen Augenblick neben dem Polywassertank stehen, um sich zu orientieren. Aber es war dunkel: Er sah nichts und hörte nur sein eigenes heiseres Atmen.
    Brian Chaney wollte nach der Luke greifen, um sie zuzuknallen, aber dann ließ er die Hand sinken. Das ZVF war seine einzige Verbindung mit der Gegenwart des Jahres 1978, so daß es bestimmt besser war, die Luke offenzulassen. Man konnte schließlich nie wissen … Er streckte die Hände aus, tastete nach dem Spind, an dessen Standort er sich ungefähr erinnerte, ging zögernd in diese Richtung und stieß tatsächlich darauf. Sein Anzug hing in einem staubbedeckten Plastikbeutel, in den er vor vielen Jahren nach der Reinigung gesteckt worden war, und seine Schuhe standen unten im Schrank. Daneben lag eine in Ölpapier gewickelte Pistole, die Chaney einstecken sollte; Arthur Saltus hatte darauf bestanden, daß er den Keller nur bewaffnet verlassen durfte. Die Pistole unterstrich seine Besorgnis.
    Chaney sah nicht auf seine Uhr. Sie hatte keine Leuchtziffern. Er verließ den Raum.
    Er stapfte in abgrundtiefer Dunkelheit und unheimlichem Schweigen den Korridor entlang zum Schutzraum. Bei jedem Schritt wirbelte Staub auf, der einen Niesreiz hervorrief. Chaney tastete sich bis zur Tür des Schutzraums vor und stieß sie auf, aber die Beleuchtung schaltete sich diesmal nicht automatisch ein. Er fand den Schalter neben der Tür, betätigte ihn und stand noch immer im Dunkel: Der Strom war ausgefallen und der Ingenieur ein Lügner. Chaney horchte angestrengt in den Raum hinein. Er hatte weder Zündhölzer noch ein Feuerzeug bei sich und stand einen Augenblick unschlüssig an der Tür, während er sich überlegte, wo die kleineren Gegenstände lagerten. Soviel er sich erinnerte, lagen sie in Metallschränken an der Rückwand des Schutzraums. Chaney schlurfte in diese Richtung und wünschte sich, dieser arrogante Ingenieur wäre jetzt hier.
    Sein Fuß stieß gegen einen leeren Karton. Das Geräusch ließ Chaney zusammenfahren, und er versetzte dem Karton einen wütenden Tritt. Nachdem er sich einige Zeit durch die Dunkelheit getastet hatte, stieß er gegen den Rand der Werkbank und suchte die Arbeitsfläche mit den Händen ab.
    Ein Funkgerät mit Stromkabel und Antennendraht, eine Laterne, einige leere Schachteln, eine größere Schachtel, eine Anzahl von Metallgegenständen, die er nicht sofort identifizieren konnte, und eine zweite Laterne. Chaney hielt sich nicht lange mit diesen Gegenständen auf, sondern suchte weiter. Seine tastenden Finger fanden endlich eine Schachtel Zündhölzer. Die Gaskartuschen der beiden Laternen waren noch halbvoll. Chaney zündete beide an und drehte sich erst dann um. Er war kein Feigling, aber seine rechte Hand umklammerte die Pistole in der Jackentasche, während er ins Halbdunkel hineinstarrte.
    Der Plünderer war zurückgekommen, um von den Lagervorräten zu leben.
    Er schien die letzten Winter hier unten verbracht zu haben – oder er hatte seine Freunde eingeladen, seinen Reichtum zu teilen.
    Eine dritte Laterne stand an der Tür auf dem Boden, so daß Chaney sie umgestoßen hätte, wenn er noch einen Schritt weiter nach links gegangen wäre. Daneben lag eine Schachtel Zündhölzer bereit. Unglaublich viele leere Kartons, die früher Lebensmittel enthalten hatten, waren an einer Wand aufgestapelt; davor lag ein Haufen leerer Wasserbüchsen. Chaney fragte sich, warum der Mann die Kartons nicht nach oben geschafft und verbrannt hatte, um sie loszuwerden. Er zählte die Büchsen und Kartons mit wachsender Verwunderung und versuchte zu schätzen, wie viele Jahre zwischen seiner Ankunft und Arthur Saltus’ Eintreffen lagen.
    Dabei fiel ihm ein, daß er jetzt auf die Uhr sehen konnte: 8.56. Er hatte jedoch den Verdacht, daß das ZVF wieder unzuverlässig gewesen war. Ein großer Karton mit Parkas war aufgerissen worden – das hatte schon Saltus berichtet –, und aus den Regalen fehlte Winterkleidung. In dem Stiefelregal war eine große Lücke unübersehbar. Ein Bündel Handschuhe war geöffnet worden; ein Handschuh war heruntergefallen und unbeachtet in der Dunkelheit liegengeblieben.
    Aber trotz

Weitere Kostenlose Bücher